7

4.4K 375 77
                                    

Tage vergingen in den nichts passiert. Die Trauer war nun schon zur Routine geworden, die zu meinem Alltag gehörte. Anscheinend sah man mir das immer mehr an, denn die anderen schauten immer öfter besorgt zu mir. Im Dorm wurde kaum gelacht, meine schlechte Laune übertrug sich auf die anderen.

Dann kam es an den Punkt, an dem es Jisung wohl nicht mehr aus hielt.

Gerade als ich mich abends in mein Bett verkriechen wollte, stieß er mich schmerzvoll an die Wand. Es war niemand anderes im Raum. "Du erzählst mir jetzt alles." Sagte er so leise wie möglich, obwohl mein Aufprall wahrscheinlich alle geweckt haben müsste. Ich rieb mir die Schulter und wich seinem eindringlichen Blick aus. Dabei lächelte ich Schmerz erfüllt und sagte mit gebrochener Stimme: "es ist nichts. Mir geht es gut." Seine Augen weiteten sich und seine Stimme wurde aggressiv. "Komm mal von deinem Scheiß Egotrip runter. Wir haben alle Problem und trotzdem wollen wir alle dir helfen, weil jeder sieht das es dir Momentan nicht gut geht." Er merkte das er zu hart zu mir war und sofort traten Tränen in seine Augen. Er schloss mich in seine Arme und flüsterte: "es tut mir leid. Binnie, wir machen uns alle einfach verdammt sorgen. Ich will doch nur dass du wieder lachen und abends in Ruhe einschlafen kannst." Dies traf mich so hart, dass ich auch anfing zu weinen. "Ihr wisst es?" "Dünne Wände... Ich höre dich jeden Abend weinen und jeden Abend schmerzt mein Herz so dolle das ich Stunden lang wach liege." "Wieso kamst du nicht früher?" "Ich hab's doch probiert, aber du lässt ja niemanden an dich." Er drückte mich leicht von sich und schaute mir tief in die Augen, dabei hielt er meine Hände, denn ich weinte mittlerweile wie ein kleines Kind und schluchzte so laut dass nun bestimmt der ganze Dorm wach war. All die Trauer die ich für mich behalten hatte strömten aus mir raus und ich hatte das Bedürfnis ihn alles zu beichten.

"Erzählst du es mir?" Ich nickte nur und er zog mich aus der Wohnung. Auf dem Weg nahm er noch für uns Jacken mit, damit uns nicht kalt wurde.

Wir setzten uns draußen auf den Bordstein vor dem Haus und schauten auf die geteerte Straße. Jisung war bei mir eingehackt und sein Kopf lag auf meiner Schulter. Ich traute mich nicht anzufangen, ich hatte zu große Angst das er mich danach nicht mehr so sehen würde wie vorher.

"Hat es was mit Felix zu tun?" Sagte er plötzlich und ich zuckte bei dem Namen zusammen. "Wie...?" "war so ein Instinkt." Und wieder war es ruhig. Wahrscheinlich muss ich jetzt etwas sagen, dass läuft doch so oder? Einer sagt was und der andere muss antworten. So entsteht eine Konversation.

"Liebst du ihn?" Wieder setzte mein Herz kurz aus, doch ich war unfähig zu antworten. Es hatte sich ein Kloß in meinem Hals gebildet und ich war wieder kurz davor zu weinen.

"Du sagst dir jeden Morgen dass du dich nicht mehr über ihn sorgen machen musst. Du sagst dir immer wenn du ihn siehst das du ihn nicht mehr brauchst. Du sagst dir jeden Abend das es er dir nichts bedeutet, damit du nicht über ihn Träumst. Aber dein Herz schmerzt trotzdem, immer wenn du seinen Namen hörst. Deine Gedanken drehen sich immer wenn du sein Parfum riechst. Und dein Atem bleibt immer weg wenn sich eure Blicke treffen. Er bedeutet dir doch etwas, nicht wahr?"

"Warum weißt du das so genau?"

"Weil ich das selbe, für jemand anderes fühle." Er setzte sich gerade hin, um mich anzuschauen. "Changbin, ich hab mich in Minho verliebt." Mir stand der Mund offen und ich war nicht fähig etwas zu sagen.

Jisung starrte mich an und wartete auf eine Antwort. Ich könnte mich Ohrfeigen, er hatte mir gerade seine Gefühle gebeichtet, wozu ich nicht fähig war. Und nun reagierte ich genau so wovor ich Angst hatte. Mein Blick senkte sich und ich flüsterte leise: "ja verdammt, ich hab mich in Felix verliebt." Das laut auszusprechen kostete mich so viel willenskraft, doch als ich es endlich laut ausgesprochen hab fühlte ich mich befreit und ein Lächeln schlich sich in mein Gesicht. Jisung fing leise an zu lachen. "Ist das nicht Absurd? Wir stehen beide hoffnungslos auf ein Typen und doch können wir sie nicht vergessen."

"Manchmal können wir nicht über jemand hinweg kommen, und mir müssen weiter leben. Nur ein wenig einsamer."

Jisung legte sein Kopf wieder auf meine Schulter und ich legte mein Arm um seine Schulter, um ihn noch ein wenig mehr an mich zu ziehen. Wir redeten nicht mehr, sonder genossen einfach die kalte Luft und waren noch so lange draußen, bis die ersten Sonnenstrahlen erschienen. Es war der schönste Sonnenaufgang, denn ich seit langem gesehen hatte.

it's okay not to be okay || changlixWhere stories live. Discover now