05.

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Einen Monat später

Ich saß gerade auf meinem Fahrrad um nachhause zu fahren nach einem langen Tag in der Uni. Ich fahre aus Prinzip immer mit Fahrrad zur Uni, weil es sich meiner Meinung nach nicht lohnt für ein paar Kilometer das Auto zu nehmen. Gerade als ich in der Garage mein Fahrrad abstellte, merkte ich wie mein Handy in meiner Tasche vibrierte und eine unbekannte Nummer rief mich an.

„Hey, ich bin's, Leon.", hörte ich nur und seufzte. „Ich dachte, du könntest mir vielleicht beim Kartons auspacken helfen."

„Oh, ich bin gerade nachhause gekommen. Wann denn?", antwortete ich.

„Ist in einer Stunde in Ordnung? Ich schick' dir die Adresse.", meinte er und ich sagte zu. Ich meine, theoretisch war ja alles geregelt. Also wieso sollte ich ihm nicht helfen können?

Nachdem ich etwas gegessen hatte und mit Anna's Hund gegangen bin, setzte ich mich wieder auf mein Fahrrad und fuhr zu der Adresse. Dafür, dass ich seit anderthalb Jahren in München wohnte, kannte ich mich ziemlich gut aus.

Ich kam nach einer Viertelstunde vor einem luxuriös aussehendem Wohnungskomplex an und stellte mein Fahrrad ab, bevor ich nach seinem Namen am Klingelschild suchte. Ich klingelte und die Tür ging auch direkt auf.

Im Treppenhaus hörte ich Gelächter und Gerede während ich die Treppen hochging. Vor einem der Wohnungstüren stand dann auch Leon und wartete auf mich.

„Hey.", sagte ich und überlegte wie ich ihn begrüßen soll. Die Entscheidung wurde mir aber abgenommen, als er mich einfach umarmte.

„Bin ich die einzige?", lachte ich, denn ich hatte irgendwie noch andere Helfer erwartet.

„Das wichtigste ist ja schon gemacht. Ich brauchte nur jemand der mit mir die Möbel aufbaut und mir beim Einrichten hilft.", erwiderte er und lächelte kurz, bevor wir die Wohnung betraten.

„Du wohnst hier alleine? Das ist größer als unsere WG!", kicherte ich, als wir im Wohnzimmer ankamen, in dem mindestens fünfzehn Kartons standen.

„Ich weiß nicht, Marie wollte sich noch überlegen, ob sie herziehen möchte oder nicht.", antwortete er und zuckte mit den Schultern.

Ich nickte, bevor wir anfingen die ersten drei Kartons zu öffnen, in denen nur die Teile eines Schranks drin waren, den wir dann aufbauten.

Ich war gerade dabei einige Schrauben in das Holz zu drehen, als Leon aufsprang und laut fluchte. Ich musste mir kurz das lachen verkneifen, bevor ich seinen Finger gesehen habe.

„Oh.", starrte ich seinen blutigen Finger an, bevor ich aufstand. „Zeig mal."

Er kam auf mich zu und ich nahm seine Hand um mir den Finger anzusehen. Anna erzählt immer von ihrem Studium, und da kommen manchmal Geschichten raus, die man nicht wissen möchte, aber auch hilfreiche Dinge, deswegen hatte ich etwas Ahnung.

„Warte, ich geh kurz meine Tasche holen.", erklärte ich und schnappte mir meine Tasche aus dem Flur, da er natürlich noch nichts ausgepackt hatte. Ich hab immer Desinfektion und Pflaster in meiner Tasche, denn man weiß nie wann man mal ein Pflaster braucht.

Ich nahm seine Hand wieder und ich merkte nur, wie er mit seinen Augen genau meinen Bewegungen folgte. Ich zog ihn ins Bad, und versuchte es so sanft wie möglich abzuwaschen, bevor ich mit dem Desinfektionsmittel auf den Finger zielte und er kurz zusammenzuckte. Ich hatte nur noch Pflaster mit irgendwelchen Kindermustern drauf, also musste er sich damit zufrieden geben. „Sieht doch super aus."

„Oh ja, ich wollte schon immer ein Pflaster mit nem Elefanten drauf, dankeschön.", grinste er mich an. Und immer wenn ich in seine Augen sah kam dieses Gefühl in mir hoch. Dieses bekannte Kribbeln, das quer durch den Bauch geht.

„Vielleicht sollte ich das mit den Nägeln machen.", kicherte ich, als wir uns wieder dem Schrank zuwandten.

Doch bevor wir anfangen konnten hörte man es nur an der Tür klopfen.

„Ich geh kurz, ist bestimmt noch ein Karton oder sowas.", meinte er und stand auf, doch anstatt mit einem Karton, kam er mit einem Mädchen wieder, dass mich nur musterte. Ich konnte mir natürlich schon denken, dass es Marie ist.

„Hey.", versuchte ich mich nett vorzustellen und stand auf um ihr die Hand zu geben. Doch anstatt sie zu nehmen, tat sie so als hätte sie es nicht gesehen. Naja, vielleicht hatte sie es nicht gesehen, dachte ich jedenfalls und versuchte höflich zu bleiben. „Ich bin Carlotta."

„Ahja.", erwiderte sie. „Ich bin Marie, Leons Freundin. Ich kann ihm jetzt helfen, also kannst du wieder gehen."

Leon stand nur neben ihr, ohne ein Wort zu sagen. Ich kam mir wirklich dumm vor. Dumm genug um zu glauben, er würde ein gutes Wort für mich einlegen. Ich lächelte kurz um so zu tun, als würde es mir nichts ausmachen und nahm meine Tasche, bevor ich im Flur an Leon vorbeizischte, während er mich nur verdutzt ansah. Ich begab mich zu meinem Fahrrad und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren, bevor ich losfuhr.

SOMEBODY ELSE - LEON GORETZKAWhere stories live. Discover now