09.

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„Wie immer.", seufzte ich und schaute auf die Uhr meines Handy, als Leon und ich schon seit zehn Minuten auf meine Eltern und meinen Bruder Jakob warteten. Er grinste nur.

Genau in dem Moment kamen sie auf uns zu gelaufen und begrüßten uns.

„Ach, Leon auch mit?", fragte mein Vater und ich nickte, als Leon gerade die Haare von meinem Bruder verwuschelte.

„Hey!", rief er und Leon lachte nur.

„Also, wohin geht's zuerst?", lächelte meine Mutter und stellte ihren Rucksack enger. Sie sah wirklich aus wie ein hundertprozentiger Touri.

Ich hatte nicht vor zu den richtigen Sehenswürdigkeiten zu gehen, sondern eher zu den Plätzen, wo ich mich auch aufhalte. Leon wollte auch noch irgendwohin, aber er wollte es mir nicht sagen. Also gingen wir zuerst in meinen Lieblingspark, weil es dort auch öfter mal irgendwelche Konzerte gibt. Als wir ankamen, war auch ein kleines Konzert, welches wir uns kurz anhörten, bevor wir weitergingen in mein Lieblingscafé. Es war ein kleines Café, wo kaum Leute hinkommen, es aber trotzdem wirklich gut ist. Sowas wie ein „Geheimtipp". Wir bestellten uns alle etwas zu trinken und setzten uns nach draußen, wo die Sonne genau auf uns schien.

„Leon?", drängelte mein Bruder sich neben ihn und starrte ihn an. „Du kennst doch alle aus der Nationalmannschaft, oder?"

„So ziemlich, wieso?", antwortete er, grinste, und schaute zu meinem Bruder runter.

Er flüsterte ihm etwas ins Ohr und Leon zwinkerte ihm nur zu. „Klar kann ich das machen."

„Jetzt bin ich aber neugierig.", meinte mein Vater und schmunzelte. „Worum ging's?"

„Streng geheim.", zwinkerte Leon nochmal und ich rollte nur mit den Augen. Jakob lächelte fröhlich als Leon ihm den Daumen hoch zeigte.

„Leon ist doch so cool, Carlotta! Wieso bist du eigentlich nicht mit ihm—", fing Jakob an, doch meine Mutter räusperte so laut, dass er aufhörte zu sprechen. Ich blickte kurz zu Leon rüber, der sich das Lachen verkneifen musste und seufzte sarkastisch.

Doch bevor peinliche Stille ausbrechen konnte, kam der Kellner und brachte uns unsere Getränke. Mein Vater fing an Leon über Fußball auszufragen und mein Bruder brachte sich ordentlich mit ein, während meine Mutter und ich nur danebensaßen.

Nachdem wir den ganzen Tag damit verbracht haben, durch die Stadt zu trödeln und meine Familie gegen Abend nachhause gefahren war, setzten Leon und ich uns noch ans Flussufer.

„Was hat Jakob dir vorhin zugeflüstert?", fragte ich, da ich mich gerade daran erinnert hatte und irgendwie neugierig war.

„Ach, er ist in ein Mädchen aus seiner Klasse verliebt und sie guckt gerne Fußball, deswegen soll ich versuchen so viele Unterschriften von meinen Teamkollegen auf einem Trikot wie möglich zu bekommen, damit er es ihr schenken kann.", erklärte Leon und ich nickte.

„Wusste ich's doch.", schmunzelte ich. „Er hat gestern die ganze Zeit so sein Handy angelächelt, er hat bestimmt mit ihr geschrieben."

„Tja.", lächelte er. „Carlotta?"

„Hm?"

Ich schaute zu ihm rüber und lehnte mich gegen einen Baum, während er langsam näher an mich ranrückte, bis wir direkt nebeneinander saßen. Mein Herz fing an zu rasen und ich zuckte kurz zusammen, als er seinen Arm um mich legte. Ich war mir nicht sicher, wie ich reagieren sollte. Klar wollte ich es so. Aber wollte ich es so, während er eigentlich mit jemand anderem zusammen ist? Wollte ich die zweite Wahl sein?

„Leon...", murmelte ich und sein Blick schweifte zu mir. Als ich in seine Augen blickte, musste ich mich wirklich zusammenreißen um nicht nachzugeben. „Willst du nicht erst mit Marie reden?"

Er seufzte. „Hör zu, ich hab dir gestern nicht die ganze Wahrheit erzählt. Es ging nicht nur darum, dass ich ihre Anrufe nicht beantwortet habe.", er stoppte kurz, aber mir wurde direkt bewusst, was er mir sagen wollte.

„Also hast du sie betrogen?", grummelte ich und schob seinen Arm zurück zu ihm. „Und du lässt sie als die Verrückte dastehen?"

„Es tut mir leid, ich weiß es war ein Fehler. Und ich weiß auch, dass es nichts entschuldigt, aber ich war betrunken.", er flüsterte fast, wahrscheinlich weil er sich so geschämt hat. Er wusste genau, wie schlecht ich mit solchen Dingen umgehen kann. Es gab da eine Geschichte zwischen meinen Eltern, die sie fast zur Scheidung gebracht hat, und ich habe alles miterlebt. Seitdem hab ich wirklich null Toleranz für sowas.

„Warst du nicht derjenige, der mir gesagt hat, dass man ehrlicher ist, wenn man betrunken ist, Leon?", ich sah in ohne wirklichen Gesichtsausdruck an, während man in seinen Augen die Enttäuschung über sich selbst sehen konnte. Er rieb sich über die Stirn und biss sich auf die Lippe. „Ich hab das wirklich von jedem erwartet, Leon, aber nicht von dir. Ich bin nicht mal wütend, aber ich dachte echt du würdest sowas nicht abziehen."

„Carlotta, bitte. Denk von mir was du möchtest, aber ich will mich wenigstens rechtfertigen. Ich weiß, dass das idiotisch war und dass du mich jetzt wahrscheinlich für komplett daneben hältst, aber du musst auch verstehen, dass es nie gut mit Marie lief. Ich war einfach deprimiert und auch wütend, was das alles nicht entschuldigt, aber wenn deine Freundin dauernd irgendwas an dir zu bemängeln hat, fühlt man sich eben nicht so prickelnd.", erwiderte er und ich schüttelte nur den Kopf.

„Ich muss da wirklich drüber nachdenken, Leon. Ich mag dich wirklich, aber weder hab ich Ahnung wie ich reagieren soll, noch weiß ich was du jetzt von mir hören möchtest."

SOMEBODY ELSE - LEON GORETZKAWhere stories live. Discover now