Verdient - Was auch immer nötig ist

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"I will not let you die. I won't let any of you die.
And I won't let you sacrifice yourselves.
You mean too much to me. To everything."
Castiel 12x09


Das dunkle Holz schien wie eine unüberwindbare Barriere, etwas das trennte und gleichzeitig schützte. Die Ziffer 11 prangte unter dem Zeichen der Männer der Schriften. Seine Hand schwebte über dem Messingknauf, einem Richterhammer gleich, der sich gewiss war fallen zu müssen. Wenn er durch diese Tür ging, würde sich alles ändern. Unangenehm schwer lag sein Herz in seinem Brustkorb. Zu wenig für Angst, zu viel für bloße Anspannung. Castiel atmete tief durch und betrat das Zimmer.

Der Anblick, der sich ihm bot, versetzte ihm einen Stich irgendwo zwischen Kehle und Magen. Der Mensch saß auf der Bettkante und barg sein Gesicht in seinen Händen. Er war müde, so müde. Und es war keine Müdigkeit, die sich mit Schlaf kurieren ließ. Das Leben hatte ihn erschöpft. Sie hatten immer gewusst, dass das Jagen einen hohen Preis haben würde, aber vielleicht war der Preis diesmal zu hoch. Das Band zwischen ihnen flackerte unstet, als würde es sich auf sein baldiges Ende vorbereiten. Wie ein verlöschendes Licht dessen Kräfte schwanden.

Castiel wünschte, er könnte die Last von ihm nehmen oder zumindest seine eigene Stärke auf ihn übertragen. Die Wunden auf Deans Seele waren tiefer als jemals zuvor. Wenn es einen Weg gab ihn zu heilen, würde er ihn gehen. Mit allen Konsequenzen. Was auch immer nötig ist.
„Hallo, Dean."

Dieser stand auf und wich vor ihm zurück. Er hätte es wissen müssen. Er hätte sich denken können, dass Cas ihn nicht in Ruhe lassen würde. Es überraschte ihn nicht. Auf jede potenzielle Selbstmordmission war der Engel ihm gefolgt. Aber nicht heute. Heute würde er ihm nicht folgen können. „Geh weg, ich habe mich nicht im Griff."

Die Ablehnung tat weh, trotz allem. Castiel war stehen geblieben. Er sah seinen inneren Kampf und verstand. Vielleicht war er der Einzige, der Dean jemals wahrlich gesehen hatte. Die Erkenntnis machte ihn traurig. Du glaubst nicht, dass du es wert bist gerettet zu werden. Wo er doch sonst soziale Sprache und Zwischenmenschliches nicht deuten konnte, hatte er Dean schon bei ihrer ersten Begegnung sofort durchschaut, als könnte er in seine Seele sehen. Und das hatte dem Jäger Angst gemacht. Auch jetzt hatte Dean Angst, aber nicht vor dem Engel, sondern vor sich selbst.

Wieder dieses Fieber. Dean spürte, wie es langsam aufstieg und sich in ihm unaufhaltsam ausbreitete, sich in seine Adern fraß. Seine Nerven zum Zerreißen gespannt. Seine Geduld hing am seidenen Faden. Es passierte schon wieder... Es passierte schon wieder... Es passierte schon wieder... Nein! Es durfte nie wieder geschehen! Es würde nie wieder geschehen, dafür würde er sorgen. Auch wenn es um seine Selbstbeherrschung immer schlechter stand.

Aber nicht nur deswegen wünschte er, Castiel wäre nicht hier. Er ertrug seine Anwesenheit nicht, er hatte sie nicht verdient. Er verdiente ihre Sorge nicht. Er hatte es nicht einmal verdient, dass man ihn ansah. Nicht mit diesem Blick in den Augen. Aber wie sollte der Engel das auch verstehen? „Du weißt nicht wie das ist..."

Dean wollte wegsehen, doch der Engel fing seinen Blick auf. „Wie es ist einem Menschen weh zu tun, während man keine Kontrolle über sich hat? Einem Menschen, den man eigentlich beschützen sollte? Wenn die Schuld so schwer wiegt, dass man in einem Wald Bienen züchten oder sich in einem Bunker einschließen möchte?"

Betroffen wandte Dean sich ab. Das hier, das war Cas. Castiel, der nach den Seelen des Fegefeuers nicht mehr er selbst gewesen war. Castiel, der unter Naomis Kontrolle gestanden hatte. Castiel, der von Rowena mit einem Fluch belegt worden war. Castiel, der den Bunker nie wieder hatte verlassen wollte, weil er sich für gefährlich gehalten hatte.

Cursed or not (Destiel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt