Verwandelt - Das was wir sind

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"You're always there. You're the best friend we've ever had.
You're our brother, Cas. I want you to know that."
Dean zu Castiel 11x23


Der Morgen war schon alt und reichte dem Vormittag seine Hand. Die Sonne stand sicher schon weit über dem Horizont. Gerade biss der Engel in einen Toast mit Bio-Honig von einem Imker aus der Region. Wegen der Bienen, sagte er. Ja, Castiel aß, zumindest nachdem sie Sex gehabt hatten. Das schien seine Gnade für kurze Zeit außer Gefecht zu setzen und machte ihn noch menschlicher als er sowieso schon war. Manchmal war Cas menschlicher als ein Mensch es je sein könnte, fand Dean.
Castiel blickte auf als er bemerkte, dass Dean ihn ansah. Dieser räusperte sich verlegen und schaute weg. „Dean", lenkte der Egel den Blick des Menschen wieder auf sich. Seine Augen sagten, es war okay, dass er ihn ansah. Und das würde es für immer sein.
Wie blind waren sie doch all die Jahre gewesen.

Was waren sie? Freunde? Freunde mit gewissen Vorzügen? Feste Freunde? Ein Paar? Eine Familie? Cas war schon immer eine Kategorie für sich gewesen. Er hatte in keine von Deans bisherigen Schemata gepasst. Der Winchester hätte nie ehrlich behaupten können, sie wären lediglich Freunde gewesen. Nicht so wie der Engel jeden schlafenden Nerv in seinem Körper alarmierte. Nicht so wie das Blut durch seine Adern rauschte, weil sein Herz sich nicht zähmen ließ. Nicht so wie er ersticken würde, wenn Cas zu jemand anderem gehören würde. Dean hätte nie sagen können, sie wären lediglich Freunde gewesen. Denn letztendlich meinte "lediglich" "nur", und Castiel war nie nur irgendetwas für ihn gewesen. Nicht nur irgendein Engel, nicht nur irgendein nützlicher Kampfgefährte, nicht nur irgendein Freund. Also war er einfach Cas. Und Cas war nie nur irgendetwas, er war alles.

Selbst bei diesen schnellen Zwischendurchnummern in Bars oder billigen Motels war Dean einsam gewesen. Wie sehr fiel ihm erst jetzt auf, wo der Engel diese Leere mit seiner Präsenz füllte, ihn zu einem Ganzen machte. Den mühevoll errungenen 'persönlichen Freiraum' hatte er zu Castiel längst aufgegeben, physisch und psychisch. All seine persönlichen Grenzen riss er nieder um seiner Nähe willen, so schmerzhaft es auch sein mochte. Seine Mauern waren eingestürzt, niedergerissen. Er sollte sich schutzlos fühlen, aber an ihre Stelle war Castiel getreten, ein Engel des Herrn und sein bester Freund.

Sie waren nicht mehr dieselben, die sie vorher gewesen waren. Sogar Castiels Stimme war nicht mehr dieselbe. Eine Stimme, die Dean schon so oft gehört hatte, war jetzt eine ganz andere. Sie war ein Griff um sein Herz, ein Sturm in seinen Arterien, ein heißer Schauer, der durch seinen Körper jagte, und ein flüchtiges Ziehen in seinen Lenden. Alles hatte sich verändert. Das, was gewesen war, war nicht länger. Ihre Glut, ihre Hitze, ihr Feuer hatte nichts als einen Haufen Asche hinterlassen, aus der nun etwas Neues erstand.
Das Brandmal des Engels auf Deans Haut. Die Narben des Jägers in Castiels Fleisch. Sie beide waren gezeichnet und sie versteckten es nicht, das Zeichen des anderen, sondern trugen es offen und mit Stolz, auf dass ein jeder sehen konnte zu wem sie gehörten.

Alles hatte sich verändert. Als die Dame hinter der Rezeption Castiel gebeten hatte, doch auch noch die Spalte mit seinem Nachnamen auszufüllen, hatte Dean gesehen, dass der Engel nicht gewusst hatte, was er tun sollte. Also hatte er ihm das Formular abgenommen und hatte selbst geschrieben: Winchester. Castiel Winchester, das klang gut. Ein Lächeln hatte sich auf Deans Lippen geschlichen, das er den ganzen Tag über nicht losgeworden war.

Castiels Worte klangen noch nach: „Dein Volk ist mein Volk. Dein Weg ist auch mein Weg. Dein Schicksal ist auch mein Schicksal. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Wo du stirbst, da sterbe ich auch." Nicht einmal der Tod würde den Menschen und den Engel scheiden. Ich kann dir nicht versprechen, dich aufzufangen, wenn du fällst, aber ich werde dir immer nach unten folgen.
„Cas... haben wir gerade... geheiratet?", hatte er selbst daraufhin ein wenig schmunzelnd gefragt.
„Das beschreibt es nicht mal annähernd", war die Antwort gewesen.

Cursed or not (Destiel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt