Kapitel 71

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Taehyung

Es war alles vorbei.

Ich hatte erneut alles zerstört. Wieder einmal hatte er wegen mir geweint und wieder einmal hatte ich ihn verletzt. Alles in mir war zerbrochen.

Wieso musste ich das nur tun? Wieso hatte ich nicht auf ihn gehört, ihn geweckt und um seine Hilfe gebeten? Wieso musste ich ihn nur von mir stoßen? Wieso war ich nur so?

Wieso konnte ich nicht einmal glücklich sein?

Wütend über mich selbst trat ich gegen einen Mülleimer und stieß ihn so von dem Boden. Mit einem scheppernden Geräusch krachte er die Straße hinunter, direkt gegen ein Auto, welches auch ein Geräusch machte. Es schlug Alarm.

Schluchzend fuhr ich mir durch die Haare und biss mir fest auf die Lippe, bis ich das Blut schmecken konnte. Ich war zu nichts zu gebrauchen. Ich hätte mich schon früher, schon viel früher umbringen sollen. Damit wäre alles so viel einfacher gewesen...

Entschlossen, da ich nun wusste was ich tun sollte, lief ich einen bestimmten Weg entlang. Es wäre besser so. Für mich, für Jungkook, für Namjoon, für Yeontan...und für Jimin.

Ich hätte niemals in sein Leben treten sollen. Ich hätte mich nicht öffnen sollen und hätte ihm niemals sagen sollen, dass er mir wichtig war. Gott, ich wollte gerade wirklich einfach nur sterben.

Diese Welt machte es mir unmöglich, überhaupt zu überleben.

Bald kam ich bei dem Platz an, zu dem ich wollte und erleichtert atmete ich durch, da niemand hier war. Ich ließ mich auf die Wiese fallen und holte die weiße Packung aus meiner Tasche und griff gleichzeitig nach meinem Handy.

Es war eine bestimmte Nummer, die ich anrufen musste. Jungkook. Niemals könnte ich einfach gehen, ohne ihm überhaupt Bescheid gegeben zu haben. Das wäre nicht richtig von mir.

,,Hallo? Taehyung? Wo bist du?", hörte ich sofort die besorgte Stimme von Jungkook und schwach lächelte ich.

,,Bitte, sei einfach still und hör mir zu", bat ich mit flehender Stimme und wartete ab, aber er sprach nicht weiter. Darum war er auch mein bester Freund. Er kannte mich besser als alle anderen. ,,Es tut mir alles so leid, Jungkook. Ich weiß, dass ich kein guter Mensch bin und ich wollte stark für dich sein. Wirklich.

Aber ich kann es nicht. Ich habe zu viel Scheiße gebaut und dieser Schmerz sitzt zu tief in mir, als dass ich überhaupt weiterleben könnte. Ich bin einfach nicht stark genug, okay? Ich bin es nicht."

,,Taehyung...! Bitte, ich weiß, was du tun willst, aber-"

Doch sofort unterbrach ich ihn. Leise Schluchzer verließen meine Kehle, Tränen flossen über meine Wangen und ich atmete tief durch, um weitersprechen zu können. ,,Kein Aber! Ich kann mein Versprechen euch gegenüber nicht mehr halten. Gott, ich bin so ein schwacher Mensch. Ich habe wieder Jimin verletzt, Jungkook. Ich habe die Person verletzt, die mir nur helfen wollte und die ich angefangen habe zu lieben.

Warum sollte ich dann also noch leben?

Ich bin mir sicher, dass er mich hasst. Oh ja, und wie er das tut und das ist auch viel besser so. So wird er schneller über meine Tod hinweg kommen. Und falls nicht...dann bitte, kümmere dich um ihn. Pass auf ihn auf und sei für ihn da."

Meine Schluchzer wurden immer mehr. So viel, dass ich selbst nicht mehr reden konnte. Mein Herz brach und stach so unaufhörlich. Es tat so weh. Jeder Atemzug gab mir immer mehr das Gefühl, als würde ich ersticken. Langsam richtete ich mich auf, ignorierte die Stimme von Jungkook und griff nach dem Päckchen.

Ohne wirklich darauf zu achten, was das eigentlich war, schmiss ich mir alles in den Körper. Jede einzelne Pille, die darin lag.

Sofort spürte ich, wie mein Körper sich verkrampfte, dagegen ankämpfen wollte und wie er es alles wieder erbrechen wollte. Doch das ließ ich nicht zu. Tapfer schluckte ich alles herunter, ignoriere den ekelhaften Geschmack und ließ mich wieder nach hinten auf die Wiese fallen, um in den langsam verblassenden Nachthimmel schauen zu können.

,,Jungkook..." Meine Stimme klang ungewöhnlich fest, was gar nicht zu meiner Verfassung passte, aber es half wenigstens, dass Jungkook verstummte. ,,Ich liege unter unserem Nachthimmel und schaue gerade nach oben. Irgendwann wirst du das auch tun. Du wirst hinauf schauen und wissen, dass ich dort oben bin und auf dich aufpasse. Ich liebe dich so sehr, mein Kleiner. Und ich wünschte, dass ich dir ein viel besser Freund gewesen wäre...

Sag Jimin bitte, dass es mir leid tut und dass ich ihn liebe, ja?"

Ich wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern schluckte einmal schwer und atmete dann tief durch.

,,Auf Wiedersehen, Kookie."

Und damit legte ich auf und schaltete mein Handy komplett aus. Das war's. Heute würde alles enden. Ab heute würde es allen anderen wieder besser gehen, sie würden glücklicher werden.

Meine Augenlider fühlten sich auf einmal so schwer an und langsam schlossen sich meine Augen, während ich zum letzten Mal die frische Luft einatmete.

Mein Körper wurde immer leichter und ich spürte, dass ich nach und nach das Bewusstsein verlor. Doch meine Gedanken galten weder Jungkook, noch Namjoon, noch Mingyu.

Mein letzter Gedanke galt völlig Jimin. Ich sah ihn vor meinem geistigen Auge. Er lachte, war glücklich und ohne Sorge. Er war nicht mehr kaputt und ich zerstörte ihn auch nicht mehr. Das war es, was ich wollte. Und wenn es hieße, dass ich dafür sterben musste, dann war es halt so. Hauptsache, Jimin ging es gut.

Ich liebe dich, Jimin...

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N-No, I-I don't cry, you do! ;-;
~Cookie

Don't Leave Me ★ VminWhere stories live. Discover now