35. Kapitel

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P. o. V. Bella

Es war noch einmal richtig heiß geworden, im September. Dies war zwar keine Seltenheit, trotzdem war ich die Temperatur von fast zwanzig Grad morgens nicht mehr gewöhnt. Ich hatte eine gefühlte Ewigkeit vor meinem Kleiderschrank verbracht und überlegt, was ich anziehen konnte. Es durfte nicht zu lässig sein, immerhin arbeite ich für LEY Inc als Sekretärin, aber ich hatte auch keine Lust mich in den dicken Stofflagen meiner Blusen todzuschwitzen. Natürlich gab es Klimaanlagen, die jedoch glücklicherweise nie zu kühl gestellt waren und außerdem wurde mir beim Arbeiten immer sehr schnell sehr warm, was nicht nur mit Marius zu tun hatte. Am Ende hatte ich einfach ein schlichtes, weißes Sommerkleid mit filigranen, rosafarbenen Blumenranken entschieden, darauf zog ich die selten benutzen rosafarbenen High Heels und einen sommerlichen Rucksack, den mir meine beste Freundin einmal aus Südfrankreich mitgebracht hatte, an.

Keine fünf Minuten später verließ ich meine Wohnung mit einer großen Sonnenbrille, die hoffentlich vor der jetzt schon sehr intensiven Sonneneinstrahlung schützen würde. Ich verfluchte wieder einmal, kein eigenes Auto zu besitzen und in dieser ungeheuren Hitze zu Fuß unterwegs zu sein. Aber was tat man nicht alles, um dem Klimawandel wenigstens etwas entgegenzuwirken. Ich versuchte, nicht an die Hitze und an Schwitzen zu denken, denn wenn ich das tat, floss der Schweiß erst recht. Und gegensätzlich hatte ich bemerkt, dass ich wirklich weniger schwitzte, wenn ich auch nicht die ganze Zeit daran dachte. Und komplett durchnässt wollte ich nun wirklich nicht auf der Arbeit ankommen....

Die U-Bahnfahrt verlief ruhig, zum Glück hatte ich einen Einzelplatz erwischt, doch das konnte die stickige, eklige und stinkende Lage in dem Verkehrsmittel nicht wirklich bessern. Ich zählte jede quälende, einzelne Sekunde und ich atmete so erleichtert aus, als meine Station angekündigt wurde, dass einige Leute sich fragend nach mir umdrehten. Ich tat so, als hätte ich nichts bemerkt und war noch einmal mehr froh, die riesige Sonnenbrille zu tragen. Ich strich mir eine aus dem Dutt gelassene Strähne aus dem Gesicht, nahm draußen in der Station, während ich ausnahmsweise die Rolltreppen hoch nahm, einen Schluck aus der großen Trinkflasche, die ich immer dabei hatte und mein Retter an heißen Tagen war. Ich seufzte, als ich das kühle Wasser geschluckt hatte; wie würde das erst werden, wenn heute Mittag das Thermometer über die dreißg Grad Marke kletterte? Wahrscheinlich war ich ein schwitzendes und rotes Wrack. Da war mir Kälte ja wirklich lieber, obgleich ich auch Besuche im Freibad oder Strand-Kultur-Urlaube sehr genoss.

Das Sonnenlicht spiegelte sich episch in dem riesigen Gebäude und ich kniff trotzdem die Augen zusammen, als die Reflexion des Lichts meine empfindliche Netzhaut traf. Schnellen Schrittes ging ich auf das Hochhaus zu und betrat es. Sofort wurde es etwas angenehmer und ich nahm meine Sonnenbrille ab. Nett, wie immer, grüßte ich die mir sehr unsympathische Empfangsdame und hielt auf den Fahrstuhl zu. Kurz hielt ich drinnen meine Karte vor den Sensor und ich musste nicht einmal mehr einen Knopf drücken, da fuhr der Lift schon genau auf die Etage, in die ich wollte- und musste. Während der doch circa einminütigen Fahrt kontrollierte ich mein Aussehen schnell in dem Spiegel, der sich in der Kabine befand. Soweit alles noch in Ordnung, dachte ich bei mir. Kurz darauf ertönte das leise Ping, welches mir schon so vertraut war, und ich stieg aus, um sofort den besonderen Geruch der Bossetage in der Nase zu haben. Es überlief mich etwas, wie jedes Mal, wenn ich über den Teppich zu seinem Büro schritt. Meine Blicke glitten über meine Umgebung, nach irgendwelchen Veränderungen spähend, doch alles war wie immer. Mein Herz klopfte heftig. Jetzt erst wurde es mir wieder richtig bewusst, wie meine Lage eigentlich aussah. Ich hatte eine Art Affäre mit meinem Vorgesetzten. Wie würde es eigentlich mit uns weitergehen? Wie würde er während der Arbeitszeiten mit mir umgehen? Wahrscheinlich so wie immer, und nur in seiner Freizeit würden wir... Uns treffen. Privat eben. Ich schluckte, hatte bei allem ein seltsames Gefühl; ich wusste noch nicht, wie ich ihm richtig begegnen konnte, jetzt, nach alledem, was gestern passiert war, und wie seltsam jetzt wieder das "Herr Ley" klingen würde. Aber ich würde mich daran gewöhnen müssen, das war mir klar.

Mittlerweile hatte ich die Tür erreicht, durch die ich seit circa einem Monat gehen musste, um in mein Büro zu gelangen. Ich klopfte schüchtern.

"Herein."

Allein wieder seine Stimme zu hören, war nochmal ein erneuter Gänsehautmoment. Du musst dich wirklich mal unter Kontrolle bekommen, am Ende kommst du mal nur, weil er etwas total Belangloses sagt.., meldete sich eine hämische Stimme in meinem Kopf, während ich eintrat. Direkt schloss ich die Tür hinter mir, natürlich mit dem Kopf zu dieser gedreht, um den ersten Blickkontakt mit Marius zu vermeiden. Ich biss mir auf die Lippe. Dann drehte ich mich um und ging auf ihn zu, der, schon lang arbeitend, wie es schien, hinter seinem Sekretär saß. Er blickte auf. "Oh, guten Morgen Bella." Sein Blick ließ mich zur Eissäule erstarren. Allein wie er nur mit etwas wie den Augen so eine Audrucksstärke haben konnte, war mir schleierhaft. Er schien richtig sagen zu wollen: Oh, da ist ja die kleine, süße Prinzessin, die gestern noch so schön geschrien hat. Ich verlor meinen Faden und stotterte bei meiner Begrüßung. "G-guten Morgen, H-herr Ley..." "Und, hatten Sie ein schönes Wochenende?", kam von ihm neckisch grinsend sofort eine Frage. Ich sah ihn perplex an. Meinte er das ernst? Ich suchte fieberhaft nach Worten. "Ähh.. J-ja, ich d-denke schon, Herr Ley, Sir... U-und Sie-" Er unterbrach mich. "Ach, also hat es dir gefallen du kleines, ungehorsames Kätzchen?" Er grinste. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich das gerade ernst gemeint habe.. Aber das mit dem 'Herr Ley, Sir' hört sich echt gut an, das will ich in Zukunft weiter so hören... Ich werde dich aber nicht siezen, das wäre seltsam... Naja, hier, schau, deine Blätter für heute. Schau zu, dass du schnell fertig wirst, ich habe noch etwas wichtiges zu besprechen..." Ich nickte schnell und antwortete: "Ja, natürlich, Herr Ley, das werde ich, ich beeile mich, Sir." Damit verschwand ich so schnell es ging in meinem Büro.

Ich hatte dank der Hitze keinen Hunger und arbeitete sogar die Mittagspause durch, sodass ich früher natürlich als sonst fertig war und alle Ergebnisse speicherte, die zusammengefassten Mails an Marius weiterleitete und seinen Terminkalernder koordinierte. Säuberlich schloss ich alle Tabs, fuhr den PC herunter und erhob mich von meinem Schreibtischstuhl. Ich schulterte den Rucksack nur halb, um nicht eilend zu wirken. Ich verließ mein kleines Büro und fand mich in einem Gespräch von Marius und Herrn Tjarks wieder, was mich unangenehm überraschte. Ich war noch nie, auch nicht ausversehen, in ein Gespräch geplatzt; ich wusste gar nicht, was ich jetzt tun sollte. Die beiden hatten mich natürlich bemerkt, redeten aber geschäftlich weiter und ich versuchte aus Prinzip nicht auf ihren Gesprächsinhalt zu achten. Marius gab mir außerdem mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich genau da stehen bleiben sollte, und auch keine zwei Minuten später schien das Gespräch beendet und die beiden verabschiedeten sich mit einem Handschlag. Herr Tjarks ignorierte mich dann aber ungewöhnlicherweise geflissentlich und verließ den Raum, ohne auch nur ein winziges Abschiedswort an mich gerichtet zu haben. Der Blonde winkte mich zu sich, stand dann auf, als ich nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war.

"Du hast heute nichts mehr vor", begann er sein "Gespräch", wie er es heute morgen genannt hatte und es hörte sich mal wieder an wie eine Feststellung, nicht wie eine Frage, "und da es so heiß ist, dachte ich mir, wir könnten uns eine gute Erfrischung gönnen, oder?" Ich sah ihn etwas verdutzt an, wusste nicht, worauf er hinauswollte. Er grinste nur. "Ich nehme das als Ja. Ich hoffe es macht dir nichts aus, notfalls auch noch bei mir zu übernachten, oder?"






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Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt