Der Morgen bricht an

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Der Morgen war angebrochen. Über den hohen Zinnen Hogwarts' ging die Sonne auf. Das Morgenrot erfüllte den schuttüberzogenen Hof. Das Licht drang in die zerstörten Erker bis in die winzigsten Spalten der Schlossmauer und durch das offene Portal in die große Eingangshalle.

Hier drängten sich Hexen und Zauberer allen Alters zusammen, redeten und lachten. Sie verarzteten einander und sprachen tröstende Worte. Und sie weinten um ihre Toten, die in der Mitte der Halle auf dunklen Leinentücher lagen.

Ein alter eingefallener Mann mit einem Besen und grimmiger Miene hatte den Kampf gegen den Schutt aufgenommen. Drei in die Jahre gekommene Zauberer hatten sich in einer Ecke niedergelassen und diskutierten über die geschlagenen Schlachten, der Wirt des Eberkopfes, ein winziger schwarzhaariger Zauberer und ein runder Mann mit einem kräftigen Schnauzer.

Etwas weiter entfernt standen eine hochgewachsene Hexe mit einem smaragdgrünen Umhang und aufgelöstem grauem Haar und ein noch hoch gewachsenerer dunkelhäutiger Zauberer mit ernster Miene. Sie waren leise flüsternd in ein wichtiges Gespräch vertieft.

Minerva McGonagall ließ ihren Blick besorgt über die jungen Hexen und Zauberer schweifen und blieb an einer Gruppe Rotschöpfe hängen, die sich um ein weiteres Totenlager drängten. Sie schüttelte traurig den Kopf und wandte sich dann wieder Kingsley Shacklebolt zu.

Nun erschienen drei weitere Gestalten im offenen Portal, die einander an den Händen hielten: ein rothaariger Junge, ein Mädchen mit buschigem braunem Haar und ein Junge mit einer blitzförmigen Narbe auf der Stirn. Im Saal wandten sich ihnen nunmehr alle Blicke zu. Aufgeregtes Getuschel wurde laut und hier und da erfreute Rufe.

Dies alles hätte sehr seltsam gewirkt, wenn es nicht der Morgen nach der großen Schlacht von Hogwarts gewesen wäre, eine der größten Schlachten in der Zaubereigeschichte. In jener Schlacht wurde der grausame Tom Riddle alias Lord Voldemort endgültig besiegt, unzwar von Niemand anderem, als Harry Potter, der sich nun nervös durch die Haare fuhr, als wollte er die Narbe auf seiner Stirn verbergen. Doch dies schien absolut sinnlos, denn jeder Zauberer und jede Hexe kannte Harry Potter, den Jungen, der überlebt hatte. Und nun wurden auf der ganzen Welt die Gläser erhoben, auf Harry Potter und seine Freunde und ihren Sieg über Lord Voldemort.

Harry Potter sah sich in der Eingangshalle um. Sein Körper war merkwürdig leer. Voldemort war endgültig tot, doch er fühlte sich kaum in der Lage, Freude zu empfinden. Sein Blick war auf die trauernden Weasleys gerichtet und ihm wurde schwer ums Herz. Hermines Hand verkrampfte sich in seiner.

Harrys bester Freund Ron Weasley gab neben ihr ein würgendes Geräusch von sich. Er stolperte von seinen Freunden weg auf seine Familie zu, die sich um Fred Weasleys Totenbett drängte. Ron sank neben George nieder, der sich auf ihn stützte. Mr. Weasley, der danebenstand, tröstete seine Frau. Percy und Bill hockten stumm gegenüber.

Harry und Hermine gingen langsam an den toten Körpern vorbei. Vor Lupin und Tonks blieb Harry stehen. Er sah auf ihre leblosen Körper hinab und spürte so je Trauer in sich aufsteigen, dass ihm Tränen in die Augen stiegen. Er wischte sie nicht weg. Hermine drückte mitfühlend seine Hand. „Sie sind Seite an Seite gestorben", flüsterte sie mit erstickter Stimme.

„Tonks hätte nicht mal hier sein sollen.", sagte Harry tonlos. „Sie sollte bei ihrem Sohn bleiben", Hermine sah ihn an – Tränen standen ihr in den Augen.

„Wahrscheinlich hat sie es nicht ausgehalten, einfach nichts zu tun", vermutete sie.

„Ja, und nun wird Ted Tonks als Waise aufwachsen, genau wie ich", sagte Harry verbittert.

„Oh Harry!" Hermine liefen Tränen über die Wangen. „Er wird nicht allein sein. Er ist bei seiner Großmutter. Und er hat den besten Paten, den er hätte haben können. Du wirst für ihn da sein!" Harry nickte schwerfällig.

Harry Potter and The Breaking DawnWhere stories live. Discover now