Zurück im Fuchsbau

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„Harry", sagte Mrs. Weasley unsicher, „Arthur und ich haben uns gefragt, wo du nun unterkommen wirst. Die Todesser, nun ja..."

„- Sie haben das Haus am Grimmauldplatz fast vollständig zerstört", erklärte Mr. Weasley. „Kingsley und ich waren dort, aber ... das Gemäuer ist kaum noch zu retten"

Harry fühlte sich merkwürdig leer. Das Haus am Grimmauldplatz war das Einzige, was ihm noch von seinem Paten Sirius geblieben war. Bevor er mit Ron und Hermine auf die Jagd nach Horkruxen gegangen war, war es mehr denn je sein Zuhause gewesen. Und nun war es zerstört.

„Und darum haben wir uns gefragt, ob du nicht bei uns wohnen möchtest", beendete Mr Weasley.

Mrs. Weasley sah Harry besorgt an. „Du musst natürlich nicht, Harry, mein Junge. Wir dachten bloß, da du doch sowieso schon jeden Sommer -"

„Nein. Nein, Mrs. Weasley, das kann ich nicht. Sie haben durch mich schon so viel Ärger gehabt. Ich will Ihnen nicht noch mehr Umstände bereiten. Ich suche mir etwas anderes", sagte Harry sofort. Den Weasleys zusätzliche Umstände zu bereiten, war das Letzte, was er wollte.

Als der Abend fortrückte, leerte sich der Saal, bis nur noch die Weasleys, die Longbottoms, Hagrid und ein paar Siebtklässler da waren, die aber irgendwann von Professor McGonagall hinaus gescheucht wurden. Mrs. Longbottom, Mr. Weasley, Hagrid und George hatten bereits zwei Feuerwhisky-Flaschen geleert, als Hagrid sich leicht wankend erhob und sich verabschiedete. Dabei drückte er Harry so fest, dass er ihm fast die Rippen brach.

George, der am meisten getrunken hatte, hielt sich nur noch mit einer Hand an Mrs. Longbottom fest, um nicht von der Bank zu rutschen.

„Wird Ssseit, dass wir auch mal verschwinden, Molly-Liebling, oder?", nuschelte Mr. Weasley verschlafen.

„Bei Merlin, Arthur!", rief Mrs. Weasley, „Deine Kinder werden sich noch ein Vorbild an dir nehmen" Sie sah besorgt zu George hinüber, der mittlerweile mit dem Kopf auf der Bank lag.

„Nun, langsam sollten wir uns wohl wirklich aufmachen!" Mrs. Weasley weckte die schlafende Ginny und half ihrem Mann, aufzustehen.

„Vorsicht, Molly,-Liebling", kicherte Mr. Weasley.

Mrs. Longbottom kam unerwartet flink auf die Beine. „Neville, lass uns gehen! Deine Verwandten werden es kaum erwarten, von deinem kühnen Kampfgeschick zu hören, den du heute bewiesen hast", sagte sie zu ihrem Enkel. Neville wurde rot.

Harry hatte bis zuletzt Ginny beim Schlafen beobachtet und streckte sich nun ausgiebig.

„Harry?"Ron schaute Harry erwartungsvoll an. „Was willst du jetzt tun?"

„Ähm", sagte Harry. Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. „Wahrscheinlich nehm' ich mir irgendwo ein Zimmer, vielleicht im Tropfenden Kessel oder so".

„Hey", sagte Ron, „Sonst komm' doch mit zu uns. Wenigstens für ein paar Tage. Bis sich alles wieder beruhigt hat" Er sah Harry hoffnungsvoll an.

Harry war hin- und hergerissen. Er sah zu Mrs. Weasley hinüber, die ihn aufmunternd ansah.

„Okay. Danke, Ron", sagte Harry dankbar.

„Kein Ding, man. Wir sind doch eh schon 'ne Familie, oder?"', witzelte er und klopfte Harry auf die Schulter. Dann half er Harry George hochzuhieven und ihn hinter den Weasleys her in Richtung Ausgang zu schleifen.

Professor McGonagall kam ihnen entgegen gewuselt, um sie zu verabschieden. „Arthur, Molly, ich hoffe, Sie kommen gut nach Hause!"

„Dankesssön, Minerva", nuschelte Mr. Weasley. „Wollen Sie nich noch auf ein Glas mitkomm'n?"

„ARTHUR!", rief Mrs. Weasley außer sich. „Minerva möchte sicher AUCH ins Bett. Es ist bald Mitternacht!"

„Verssseihung, Molly. Ich dachte nur -"

„- Schon in Ordnung, Molly. Passen Sie auf sich auf", sagte McGonagall erschöpft. „Wir wissen nicht, ob sich nicht doch noch ein paar Todesser in der Nähe befinden"

„Danke, Minerva. Wir passen auf, keine Sorge"

Zusammen mit der Weasley-Familie, den Longbottoms und Fleur verließ Harry die Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei. Als sie an der Grenze des Geländes angekommen waren, sah Harry ein letztes Mal zu den hohen Türmen empor. Die Schlacht von Hogwarts hatte dem Schloss arg zugesetzt. Harry war das Herz schwer, die Schule zu verlassen. Für sechs Jahre war sie sein Zuhause gewesen.

„Kommst du?", fragte Ron. Harry nickte und folgte seinem besten Freund Ron über die Grenze des Hogwarts-Geländes.

Hier verabschiedeten sie sich von Neville und seiner Großmutter. Percy, Fleur und Bill disapparierten zuerst. Dann Mr. und Mrs. Weasley zusammen mit Ginny, die ihre Apparierprüfung noch nicht abgelegt hatte und zuletzt Harry, Ron und George.

Sie landeten auf einem kleinen Hügel, ein Stück entfernt vom Fuchsbau. Zusammen kletterten sie den Hang hinab und erreichten den kleinen Hof. Harry erkannte die vertraute Garage, in dem Mr. Weasley seinem Hobby nachging, an Muggelsachen herum zu basteln.

Percy und George gingen sofort schlafen, ebenso wie Ginny, die Mrs. Weasley unter lautem Protest zum Zu-Bett-Gehen zwang. Bill und Fleur schliefen in Bills und Charlies altem Zimmer. Harry bestand darauf, auf der Couch zu schlafen, wurde von Mrs. Weasley aber vollkommen überhört und so übernachtete er bei Ron im Zimmer unter dem Dach.

Am nächste Morgen wurde Harry früh wach. Die Sonne ging gerade auf. Ron schnarchte leise in sein Kissen. Harry lag eine Weile wach und dachte über die Geschehnisse am vergangenen Tag nach. Voldemort war nun seit 24 Stunden tot und morgen würde die Sonne aufgehen, ohne dass in den Nachrichten weitere Todesopfer auftauchen würden. Harry fühlte sich zum ersten Mal seit Monaten Zuhause. Ihm war es unangenehm, zu wissen, dass er nun doch bei den Weasleys untergekommen war, nach allem, was in den letzten Monaten passiert war.

Fast fühlte Harry sich schuldig an Freds Tod. Bei dem Gedanken an Fred wurde Harry wütend. Es war nicht fair, was ihm passiert war. Genauso wenig, wie es nicht fair war, dass Lupin und Tonks gestorben waren oder Mad Eye oder Colin und Dennis Creevey oder Dumbledore oder Snape. Sogar für Snape empfand Harry Trauer.

Ron schnarchte laut auf und drehte sich auf die andere Seite. In dem Moment klopfte es leise an der Tür. Harry hörte Mrs Weasleys Stimme: „Ron? Harry, mein Junge, seid ihr schon auf? Das Frühstück ist fertig!"

Ron grunzte, ohne aufzuwachen. Harry bewegte sich nicht, bis er Mrs Weasley die Treppe wieder hinunterstiefeln hörte. Er verspürte keine große Lust, zusammen mit den Anderen am Esstisch zu sitzen und in ihre gebrochenen Gesichter zu sehen. Vielleicht sollte er noch heute gehen und sich eine vorübergehende Bleibe suchen. Harry starrte auf das riesige Chudley Cannons-Plakat über Rons Bett. Eine Weile sah er den Spielern zu, wie sie in das Bild hinein und wieder hinausflogen und sich gegenseitig den Quaffel zuwarfen, bis er wieder schläfrig wurde und ihm die Augen zufielen.

Plötzlich wurde Harry durch ein wütendes Pochen gegen die Zimmertür aufgeschreckt.


Harry Potter and The Breaking DawnWhere stories live. Discover now