25.

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Am nächsten Morgen hatte ich nicht nur Kopfschmerzen, sondern fühlte mich auch noch schlimmer als vorher.

Ich schaute neben mich. Noah lag neben mir und hatte mir den Rücken zugewandt. Dann starrte ich an die Decke und dachte über letzte Nacht nach. Wie dumm konnte ich sein?! Ich hatte mich auf ihn eingelassen, ohne weiter nachzudenken! Naja, eigentlich hab ich es nur getan, um Pi zu vergessen. Doch das war ein Fehler. Es fühlte sich alles nur noch furchtbarer an.

Noah ist mit mir zu seiner Wohnung gefahren...zu unserer ehemals gemeinsamen Wohnung. Ich kann mich kaum daran erinnern was passiert ist, bevor wir ins Schlafzimmer gingen. Doch ich konnte mich an alles danach erinnern...

Ich wusste, dass es falsch war. Das wusste ich schon, während er mit den Händen über meinen Körper strich, meinen Hals küsste und über mir lag und mich mit seinen dunklen Augen ansah.
Ich hab doch wirklich gedacht, dass er mir helfen würde über Pi hinwegzukommen.

Doch für Noah war ich nur ein weiterer schneller Fuck zwischendurch. Auch, wenn wir beide eine 3-jährige Beziehung hinter uns hatten, ich bedeutete ihm nichts mehr. Ich fragte mich, wie viele Frauen seit unserer Trennung hier schon in diesem Bett lagen.
Doch auch ich fühlte nichts mehr für Noah. Für mich war die letzte Nacht genauso ohne Bedeutung wie für ihn! Und mein Zeil hatte ich auch nicht erreicht.

Ich stand auf und suchte meine Klamotten zusammen. Ich zog mich an und ging leise zur Tür. Ohne, dass Noah aufwachte, ging ich aus der Wohnung. Ich würde nicht mehr zurückblicken. Das war ein Fehler. Ein Fehler, den ich nur noch vergessen wollte.

Ich lief so durch die Straßen Hamburgs, zurück zu Lilith's Wohnung. Draußen war es kühl, aber angenehm. Die frische Luft linderte meine Kopfschmerzen etwas. Ich sah bestimmt furchtbar aus. Zerzauste Haare, verschmiertes Make-Up? Ich wollte es lieber nicht wissen. Ich sah sogar, wie mich Leute anstarrten. Doch ich ignorierte es. Sollten sie ruhig glotzen!
Ich dachte über so vieles nach.

Noah war meine erste große Liebe und damals dachte ich, mit ihm hätte ich alles. Doch jetzt wurde mir erst bewusst, dass es überhaupt nicht so war. Er war nicht der, für den ihn gehalten habe. Er hat mich ewig betrogen und ich war so blöd und hab mir dafür sogar noch selbst die Schuld gegeben. Er liebte mich nicht so, wie ich dachte er tut es. Er war arrogant, hinterhältig und völlig kaltherzig. Und ein ganz wichtiger Punkt: Er war nicht Pi!

Beim dem Gedanken stockte ich selbst etwas. Aber es war so. Pi war anders. Er liebte mich. Er liebte mich auf eine andere Weise. Er stellte seine eigenen Gefühle in den Hintergrund und gab alles dafür, dass es mir gut ging. Er sagte mir immer wie wunderschön ich aussah, selbst wenn wir beide wussten, dass es nicht so war. Und wie er mich berührte, so als könnte ich wie Glas zerbrechen. Wie er mich oft ansah und dachte, ich würde es nicht merken. Wie er mich nachts im Arm hielt, so als könnte ich verschwinden, wenn er mich nicht festhalten würde. Wie sich dieses freudig schöne Gefühl in meinem Bauch ausbreitete, wenn er nur schon meine Hand hielt...und ich hatte alles kaputt gemacht.

Ich habe wohl die beste Sache in meinem Leben verloren...

Ich liebte ihn. Mehr, als ich es wohl für möglich gehalten hätte. Ich wollte nicht von ihm getrennt sein. Ich habe es versucht. Wirklich. Doch es ging nicht. Ich brauchte ihn. Auch wenn es kitschig klang, aber ohne ihn fühlte es sich so an, als würde mir die Luft zum Atmen genommen werden...

Ich kam bei Lilith zu Hause an. Ich schloss die Tür auf und ging hinein. Das war wohl der Moment, an dem meine Kräfte versagten. Ich ließ mich auf den Boden sinken und schlang die Arme um meine Beine. Ich fing mal wieder an zu weinen.

Ich dachte, ihn zu verlassen wäre besser für alle. Ich dachte, ich könnte diesen ganzen Stress wieder gut machen. Doch wenn wir mal ehrlich sind hat uns diese Trennung mehr Schmerz eingebracht als vorher. Ich wusste, dass ich mich nicht von ihm fern halten könnte. Nicht in seiner Nähe sein zu können würde mich wohl mehr zerstören, als alles andere.
„Wir beide gegen den Rest der Welt.", hat er mal gesagt. Ja, wir würden es zusammen schon schaffen...das dachte ich zumindest.

Ich musste mit ihm reden. Ihm sagen, wie leid mir das alles tat. Und ich musste auch mit Class reden. Er würde es wahrscheinlich nicht akzeptieren, doch inzwischen war es mir egal. Ich brauchte Pi genauso sehr, wie ich Class in meinem Leben brauchte! Ich wünschte mir nur, er würde es verstehen...

Am Abend kam Lilith nach Hause. Sie erzählte mir von ihren Wochenendausflug. Noah ließ ich aus meinen Wochenenderlebnissen raus. Ich wollte nicht mehr über diesen Fehler reden. Er sollte nie wieder angesprochen werden, das hatte ich mir geschworen!

Am Montag blieb ich wieder zu Hause. Heute würden die Jungs wieder nach Hause kommen. Ich war nervös. Ich wusste nicht, wie ich ein erstes Aufeinandertreffen überstehen sollte. Den ganzen Tag dachte ich über alle möglichen Szenarien nach, die passieren könnten, doch eine machte mir mehr Angst, als die Andere.
Gared schrieb mir spät am Abend, dass sie wieder angekommen wären. Mir war klar, dass die Trennung sich wohl schnell herumgesprochen hatte und ich war ihm, oder auch den anderen sehr dankbar, dass sie mich nicht weiter dazu befragten.

Heute war Dienstag. Lilith kam von früh von Arbeit und machte es sich mit mir auf dem Sofa bequem. Auf einmal klingelte es an der Tür. „Pizza!", schrie sie und sprang auf. Ich hingegen sah weiter auf den Bildschirm und versuchte den Sinn dieser Liebeskomödie zu verstehen.
Als Lilith wieder im Türrahmen stand, sah ich zu ihr hinüber. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich komplett verändert. Ihr Lächeln war komplett verschwunden.

„Du hast Besuch."

My NightingaleWhere stories live. Discover now