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Als ich mich auf den Weg zum Studio machte wurde ich immer nervöser. Mein Magen verkrampfte sich und ich hatte das Gefühl, ich könnte umkippen. Ich hatte keine Angst, es war mehr ein Gefühl von freudiger Aufregung.
Ich hörte die ganze Zeit über Musik durch meine Kopfhörer, was half um mich etwas zu beruhigen.

Als ich ankam ging ich hinein und suchte erst einmal irgendjemanden, der mir jetzt weiterhelfen konnte. Schließlich hatte ich ja keine Ahnung, wo ich hinsollte oder an wen ich mich am besten wenden konnte. Also ging ich einfach in Richtung des Empfangs. Dort saß Fabio, der junge Mann, den ich schon bei meinem ersten Besuch hier kennengelernt hatte. Sofort strahlte er, als er mich sah. „Hallo Frau Helmecke! Schön Sie wiederzusehen!", sagte er. „Bitte nenn mich ruhig Ally.", sagte ich sanft und lächelte. „Okay, herzlich Willkommen Ally! Ich bin Fabio.", sagte er und streckte mir seine Hand entgegen, die ich annahm und schüttelte.
Er war genau wieder so bunt angezogen, wie an dem Tag, an dem ich ihn das erste Mal gesehen habe. Heute trug er ein grün-weiß gestreiftes Hemd, eine gelbe Krawatte und eine dunkelblaue Hose. Wenn ich bereits etwas über ihn gelernt hat, dann dass er auf bunte Klamotten stand. Aber ich musste ja sagen, mir gefiel sein Stil. Es hatte etwas einzigartiges.

„Okay, also der Boss ist noch nicht da. Er sollte aber nachher gleich kommen. In der Zwischenzeit kann ich dich hier mal etwas herumführen.". Ich nickte und folgte ihm. Erst einmal zeigte er mir die beiden Büroräume für die restlichen Angestellten.
„Also, hier werden Buchhaltung und das ganze Zeug gemacht. Hauptsächlich nur der Papierkram.".

„Hier ist das Büro von Mr. Harper, aber das kennst du ja schließlich schon.", lachte er. Dann öffnete er die Tür nebenan. „Und das hier ist dein Reich. Dein Büro."
Warte! Büro?
„Was?", fragte ich ungläubig. Fabio lachte als er in mein überraschtes Gesicht blickte. „Ja, hier hast du deine eigenen vier Wände, um deine Arbeiten zu verrichten, die für dich so anstehen."
Ich schaute mir das Zimmer an. Es war nicht gerade sehr groß, aber es hatte ein Fenster und einen großen Schreibtisch.
„Das hier ist dein Laptop und dein Arbeitshandy.", er deutete auf den Schreibtisch. Wieder fiel mir fast die Kinnlade runter. „Immer noch überrascht?"
„Naja...ich hätte das hier auf jeden Fall nicht erwartet wenn ich ehrlich bin.", gab ich zu.
„Ist okay. Du gewöhnst dich da schon dran. Auf dem Handy sind schon alle wichtigen Nummern eingespeichert. Und auf dem Laptop musst du dann die Termine planen und die Emails checken. Das kann ich dir ja später nochmal alles genauer zeigen.", sagte er. „Das wäre wirklich super.", lachte ich.

„Gut. Gehen wir mal zum Herzstück des Ladens hier.", klatschte er in die Hände und ging aus dem Zimmer, dicht gefolgt von mir.
„Und was machst du hier eigentlich so richtig?", fragte ich. „Ich bin die sogenannte Empfangsdame.", bei diesem Ausdruck musste ich etwas schmunzeln. „Ich nehme neue Kunden oder Besucher in Empfang. Also nichts besonderes.", wank er ab.
„Ich finde das schon interessant. Hast du schon ein paar bekannte Persönlichkeiten getroffen, die hier so herkommen?".
„Schon. Models, bekannte Fotografen und Freunde von Mr. Harper und wenn du den Postboten als bekannte Persönlichkeit bezeichnen willst, dann den auch.", lachte Fabio.

Ich mochte ihn. Er war mir wirklich sofort sympathisch und ich hatte das Gefühl, dass ich mich sogar mit ihm anfreunden könnte. Und so wie es aussah, ging es ihm mit mir vielleicht auch so. Zumindest machte er nicht den Eindruck, dass er mich blöd finden würde oder so.

Wir gingen in einen großen Raum, der schon fast einer kleinen Halle glich, so groß war er. Es war also John Harpers Arbeitsplatz. Hier machte er also alle seine Photoshoots, zumindest die, die in Berlin stattfanden.
Ich sah mehrere Beleuchtungen in verschiedenen Größen, einen weißen Hintergrund und ein Stative und einen Schreibtisch.
„Den Gang hinter sind noch ein paar Räume, die als Umkleiden genutzt werden. Dazu kommt noch ein Raum, in der ‚Requisiten' gelagert werden und noch ein anderer mit verschiedenen Klamotten. Und hier ist die Maske.". Er öffnete einen Vorhang, in dem sich ein kleinerer Raum befand. Eine komplette Wand bestand aus einer riesigen Spiegelfront, die wie im Theater mit viel Licht beleuchtet wurden. Auf dem Tischen und in den Regalen gegenüber der Spiegel war alles mögliche an Make Up zu sehen. Ich glaube so viel verschiedene Kosmetikprodukte auf einmal hatte ich noch nie gesehen.

Wir gingen wieder nach oben und kurze Zeit später kam Mr. Harper. Er begrüßte mich und ich folgte ihm in sein Büro. „Schön, dass Sie da sind. Darf ich Sie Alyssa nennen?", fragte er. Ich nickte. Ich war nicht gerade ein Fan von diesem ‚Herr X/Frau X' Ding und fand es schöner wenn man mich mit meinem Vornamen oder meinem Spitznamen ansprach. Auch wenn mich alle Ally nannten wusste ich nicht so richtig, ob ich ihm nicht anbieten sollte, mich auch so zu nennen. Ich entschied mich erstmal dagegen und gab mich mit Alyssa zufrieden. Immerhin war er ja mein Chef.

Er erklärte mir kurz meine Aufgaben. Ich sollte erst einmal nur mitlaufen und mir ein Bild von allem machen. Zum Glück, ich dachte ich wurde gleich ins kalte Wasser geworfen. Fabio sollte mich etwas einarbeiten bezüglich den Anrufen, Terminvereinbarungen und die Leute, mit denen ich zu tun haben werde. Darüber war ich auch ganz froh.

„Also im Grunde kommen sie immer mit mir mit und gehen mir was die Planung angeht zur Hand. Zur Zeit verrichte ich alle Arbeiten in Berlin, doch es kann auch sein, dass wir in andere Städte reisen, wenn nicht sogar ins Ausland.", sagte er.
Ich konnte es nicht fassen! Das war echt der Hammer!

Als er fertig mit allem war, sagte er: „Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.".
Ich stand auf und gab ihm die Hand.
„Ich mich auch. Danke vielmals, dass sie mir diese Chance hier geben."
Er nickte lächelnd und wurde vom Klingeln seines Handys unterbrochen.

Ich verließ das Büro und suchte Fabio, der wie erwartet am Empfang saß. Sofort fing er an mich in die Welt eines Assistenten einzuweisen. Ich versuchte ihm bei allem zu folgen und mir alles sofort zu merken, doch das war mehr als ich dachte, also bot er mir an, mir einiges nochmal zu erklären.

Und schließlich ging auch mein erster Arbeitstag vorbei. Ich verabschiedete mich erst bei Mr. Harper, dann bei Fabio und machte mich auf den Weg nach Hause. Davor ging ich mir noch etwas zu Essen holen. Zurück in der WG ging ich duschen und zog mich danach in mein Zimmer zurück. Ich hatte ein paar Nachrichten von mehreren Leuten auf meinem Handy, die fragten, wie der erste Tag im neuen Job lief. Ich schrieb den meisten nur eine Nachricht. Zu guter Letzt beschloss ich Pi anzurufen, der sofort abnahm.

„Hey Star-Fotograf! Und? Wie war dein erste Tag?", fragte er. „Ich bin nur seine Assistentin, nichts mit Star-Fotograf!", lachte ich. „Egal, für mich bist du's schon.", sagte er. Ich lächelte. Bei sowas vermisste ich ihn besonders. Und das, obwohl ich gerade mal einen Tag hier war.
„Danke. Und der erste Tag war super!", und schon ging es los. Ich erzählte ihn jedes kleine Detail von meinen Erlebnissen des heutigen Tages. Mein Büro, das Studio, Mr. Harper, Fabio und von meinen zukünftigen Aufgaben. Er hörte nicht schlecht, als ich ihm nach und nach alles erzählte.
Irgendwann wurde ich müde und wir beendeten das Telefonat, was tatsächlich fast 2 Stunden ging.

Als ich aufgelegt hatte, legte ich das Handy beiseite, drehte mich um, kuschelte mich in mein Bett und schlief schließlich völlig erschöpft, aber gleichzeitig aufgeregt auf den morgigen Tag, ein.

My NightingaleWhere stories live. Discover now