Die Frage

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Ich sehe den jungen Mann mit der Wollmütze, dessen Name ich immer noch nicht kenne, an. Unwissend und zugleich sehr wohl wissend was er mir damit zu sagen versucht. Tief in mir drin, da weiß ich es. Da weiß ich, dass er recht hat. Irgendwo. Bestimmt weiß ich das. Weiß ich das?

„Du hättest dich selbst so im Flur liegen sehen müssen. Klapperdürr, leichenblass, dunkelblaue Augenringe und blaue Lippen. Wuschelig abstehendes fades Haar und die Klamotten viel zu groß. Ohne Atmung". Ich bin mir nicht sicher, ob ich es mir einbilde, aber seine Stimme zittert leicht. Scheint brüchig. Brüchig und ernsthaft besorgt.

„Du hast mich gefunden?" frage ich leise und blicke ihn mit geweiteten Augen an. „Ich wollte zu dir. Ich wollte dich besuchen kommen", erzählt er weiter. „Oskar, du warst tot! Oder zumindest so kurz davor tot zu sein!". Seine Stimme wird lauter. Hysterischer.

Ich weiß immer noch nicht was ich dazu sagen soll. Es ist als wäre die Nachricht, dass ich beinahe gestorben wäre, noch nicht bei mir angekommen. Als hätte ich sie noch nicht realisiert.

Ich schlucke betroffen. „Du meinst", setze ich an und er nickt nur und lässt sich auf die Bettkante sinken. Ich rücke ein wenig, um noch mehr Platz zu machen.

„Oskar?" fragt er nach einer Weile des Schweigens und des einander Ansehens. „Ja?" antworte ich leise. Es gleicht mehr einem Hauchen, wie das eines sachten Windstoßes. „Kann ich dich mal was fragen?". Etwas überrascht, dass gerade er Rat bei mir sucht, bringe ich ein Nicken zustande.

„Musst du sterben?".

Dass er derjenige sein sollte, der alles änderte, ist mir zu dem Zeitpunkt nicht bewusst.

In 2 Monaten bist du tot!Where stories live. Discover now