Nine • 💋💄• Loser

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Jisoo
Möchtest du heute vorbeikommen? Eine kleine Pause von dem Lernstress tut dir sicherlich gut ;3

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Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen schlüpfte ich in meine Schuhe und schnappte mir eine Jacke, bevor ich das Haus verließ. Ich trug bequeme Klamotten, da ich bis eben noch gelernt hatte, doch Jisoos Einladung wollte ich nicht ausschlagen. Deswegen machte ich mich nun auf den Weg zu ihr, voller Vorfreude und Euphorie.

Das würde das erste Mal sein, dass ich sie richtig besuchte. Ohne jegliche Hintergedanken. Einfach bloß als Freundin.

Aus diesem Grund war ich äußerst gut gelaunt und nicht einmal die dichten Wolken an dem sonst so strahlend blauen Himmel konnten mir mein Lächeln nehmen. Insgeheim freute ich mich sogar auf den Regen, den ihre dunkle Farbe ankündigte. Immerhin liebte ich den Regen sehr. Er hatte etwas beruhigendes, mystisches an sich. Und einen wirklich angenehmen Geruch, wenn ich das noch hinzufügen durfte.

Doch scheinbar war das Schicksal heute noch nicht auf meiner Seite. Während ich die Straße entlang lief, auf direktem Wege zu Jisoo, kam mir nämlich niemand Geringeres als Youngmin entgegen, Arm in Arm mit seiner neuen Freundin. Mein Herz sackte mir in die Hose, als ich die beiden erblickte und meine Augen weiteten sich kaum merklich. Die schwarze Wolke, die noch immer meinen Brustkorb inne wohnte, begann, sich um mein Herz zu schlingen und es förmlich zu verschlucken, mit in die unentweichliche Tiefe zu zerren. Ein wohl bekannter Schmerz tauchte in mir auf und mit jedem Herzschlag wurde er stärker, bohrte sich tiefer in mein unschuldiges Herz.

Youngmin entdeckte mich ebenfalls und ein Grinsen erschien auf seinen Lippen. Es war neutral, ich konnte dadurch nicht erahnen, ob er sich über meinen Anblick freute oder mich auslachen wollte. Jedoch genügte ein Blick auf seine Freundin, die mich gehässig angrinste, Arroganz schimmerte in ihren Augen. Sie machte sich über mich lustig, fand Gefallen daran, mich verletzt und zerstört zu sehen. Es störte sie kein bisschen, dass sie mein Leben zerstört hatte. Stattdessen war sie sogar stolz darauf.

Wie gern ich ihr doch eine reinwürgen würde.

"Chaeyoung! Welch' eine Überraschung, dass wir ausgerechnet dich hier treffen!", rief Youngmin, sobald sie nahe genug waren und sein falsches Lächeln wurde breiter. Obwohl, war es ein falsches Lächeln? Oder freute er sich tatsächlich darüber, mich wiederzusehen? Ich wusste es nicht, ich wusste nicht, was ich denken, was ich fühlen sollte. Ich war überfordert, ich fühlte mich ihnen gegenüber plötzlich so unglaublich klein und so... schwach.

Ich fühlte mich erbärmlich.

"Hey... ja, das ist wirklich... erstaunlich", erwiderte ich und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen. Als wären sie wie Magneten angezogen worden, richteten meine Augen sich auf die verschränkten Hände der beiden und Eifersucht keimte in mir auf. Ich war ein sehr besitzergreifender Mensch und konnte es überhaupt nicht abhaben, die Person, die ich liebte, mit jemand anderem zu sehen. Selbst jetzt noch, nachdem beinahe ein ganzer Monat vergangen war, schmerzte mich dieser Anblick und das Wissen darüber, dass er mich durch sie ersetzt hatte, zerschnitt mein Herz. Ich begann mir Vorwürfe zu machen, fragte mich, was ich falsch gemacht hatte. War ich denn tatsächlich so ein schlechter Partner? Langweilte ich andere? Reichten meine Mühen etwa nicht aus?

War ich wirklich nicht gut genug?

"Wie geht es dir? Hast du inzwischen jemand Neuen kennengelernt?", fragte mein Ex mich, ohne dabei ein einziges Mal seine Miene zu verziehen. Seine warme Stimme glich süßem Honig und ich fühlte mich für einen kurzen Moment geborgen. Die Gefühle, die ich für ihn empfand, kehrten zurück und erwärmten mein Innerstes, denn leider waren sie noch nicht ganz verschwunden. Nun allerdings wurden sie mit dem Hammer des Verrats zerschlagen und ich konnte nichts dagegen unternehmen. Er wirkte noch immer so unschuldig, lieb und wundervoll... genau wie damals... Kaum zu glauben, dass ausgerechnet er mich betrogen hatte.

Das passte nicht zu ihm, zu seinem Charakter. Also musste es an mir liegen. Ich war nun einmal einfach ein Versager.

"Na ja, ich...", fing ich unbeholfen an, fragte mich, ob ich ihm wirklich von Jisoo erzählen sollte. Doch wie würde er darauf reagieren? Sie würden mich gewiss auslachen oder heruntermachen...
Vielleicht wäre es besser, einfach zu lügen und zu behaupten, ich hätte einen hübschen Jungen kennengelernt. Aber dann würde mich das schlechte Gewissen plagen und ich würde das Gefühl haben, Jisoo verraten zu haben. Zwar waren wir nur Freunde, jedoch fühlte ich mich zu ihr auf eine besondere Art und Weise verbunden. Würde ich das nicht durch eine Lüge zerstören?

"Oder trauerst du immer noch eurer öden Beziehung nach?", meinte auf einmal Youngmins Freundin hämisch grinsend. Aufgrund meines geschockten sowie leicht ertappten Gesichtsausdruck lachte sie einen Augenblick später los und klammerte sich mehr an den brünetten Jungen, mit der Absicht, mich noch eifersüchtiger zu machen. Mit Erfolg. Sie durchschaute mich, sie erkannte den Neid in meinen Augen und sie konnte die brodelnde Wut in mir spüren, die ich zu unterdrücken versuchte. Sie wusste genau, wie ich empfand und was ich dachte, und sie nutzte es aus, um mich fertigzumachen.

Doch so gern ich auch etwas dagegen unternehmen würde, ich war ihr machtlos unterlegen. Sie hatte schließlich recht. Mit allem, was sie sagte.

"Nein... ich habe niemanden kennengelernt", brachte ich letztendlich gerade so heraus, ohne dass meine Stimme zu sehr zitterte oder gänzlich brach. Ich atmete einmal tief durch, versuchte innerlich ruhig zu bleiben, allerdings überforderten mich all die Emotionen, die sich in mir anstauten. Ich spürte, dass meine Augen zu brennen begannen und Tränen aufsteigen wollten, weshalb ich mich hastig verabschiedete und an den beiden vorbei ging.

Meine gute Laune war mit einem Schlag verschwunden und ich fragte mich, ob es nicht besser wäre, wenn ich nachhause zurückgehen würde. In dem Moment, in dem ich Jisoo in die Augen schauen würde, würden die Tränen herausbrechen, das wusste ich. Ich würde heulend zusammenbrechen und sie mit diesen dämlichen Problemen, mit diesem dämlichen Herzschmerz überschütten. Sicherlich würde sie daraufhin genervt von mir sein und den Kontakt abbrechen wollen, weil ich ihr zu anstrengend war. Wie immer... es würde doch immer dasselbe sein.

Ich war eben ein Versager. Ein Loser. Ein Nichtsnutz.

Aber ich hatte Jisoo versprochen, dass ich vorbeikommen würde. Und meine Versprechen hielt ich immer. Auch wenn es dieses Mal für mich bedeutete, dass ich mich wirklich zusammenreißen musste.
Immerhin wollte ich Jisoo nicht direkt wieder verlieren...

Kiss and Make-Up ★ ChaesooWhere stories live. Discover now