Kapitel 31

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Aufgrund des ganzen Adrenalin wäre ich fast ausgerutscht, als ich auf die Morgenröte klettere. Auch mein glückliches Grinsen verstecke ich nicht. Eustachius hilft mir die letzten Stufen zu überwinden und umarmt mich zum ersten Mal richtig. Freudentränen schießen mir in die Augen. 

,,Ich dachte ich würde dich nie wieder umarmen können.", flüstert er bestürzt und seine Stimme zittert vor Freude. Ich löse mich etwas von ihm und drücke ihm einen Kuss auf den Haaransatz. In diesem Moment fühle ich mich eher wie eine Schwester als wie eine Freundin. Kurz drücke ich ihn etwas von mir weg, um ihm in die Augen sehen zu können. Schnell wische ich meine Tränen weg, doch es werden nicht weniger. Eustachius ist in den letzten Wochen so erwachsen geworden und es macht mir ein bisschen Angst, wie schnell das gegangen ist. 

,,Ich bin so glücklich.", sage ich ihm ehrlicherweise. Wieder zieht er mich in seine Arme und drückt sein Gesicht in meine Brust. 

,,Es tut mir leid, dass ich so ein Idiot war. Vielleicht war ich ein besserer Drache als ein Junge.", murmelt er leise. 

,,Nein. Du warst ein genauso guter Junge wie davor. Das wusste ich schon. Nur du wusstest es noch nicht.", antworte ich ihm lächelnd. Eustachius blickt kurz über meine Schulter, bevor er wieder in meine Augen sieht. 

,,Ich weiß, aber etwas, das du nicht weißt.", grinst er plötzlich, worauf ich ihn misstrauisch ansehe. Er beugt sich vor, um dann in mein Ohr zu flüstern. ,,Jemand wartet darauf, dich in seine Arme zu schließen." Verwirrt drehe ich mich um, als Eustachius zu Lucy geht, um auch sie zu umarmen. 

Weiter hinten sehe ich eine Gestalt. Ich muss nur einmal hinsehen, um zu erkennen, dass es Edmund ist. Als er merkt, dass ich zu ihm sehe, kommt er bemüht locker zu mir. Zuerst bleibe ich wie angewurzelt stehen, doch als er nur noch wenige Meter entfernt ist, fange ich an zu ihm zu rennen. Als er kurz vor mir ist, falle ich ihm um den Hals, doch er fängt mich mühelos auf. 

Das einzige, das ich fühle ist endlose Freude. Er ist unversehrt. Ich kralle mich an ihm fest und will ihn am Liebsten nicht loslassen. Auch er hält seine kräftigen Arme um mich, als ich ihn umarme. Nach gefühlten Stunden lösen wir uns voneinander und sehen einander bloß in die Augen. Ich fühle mich wie im Film, als er mir eine Strähne hinters Ohr streicht. Eigentlich wäre mir so ein Film oder Buch etwas zu kitschig gewesen, aber was lässt man denn nicht außer Acht, wenn man selbst die Protagonistin ist? 

,,Ich hatte solche Angst dich zu verlieren.", gestehe ich ihm ehrlich und werde etwas rot. Edmund verschränkt jedoch nur unsere Hände miteinander. 

,,Du wirst mich nie wieder los, glaub mir, Evangeline.", antwortet er nur. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, allein wenn er meinen Namen sagt. 

,,Als ich dort unten stand, während du gegen das Monster kämpftest, habe ich mir überlegt was ich alles noch machen möchte, wenn ich überleben würde. Ich musste daran denken, dass ich dir nie gesagt habe, wie wichtig du mir bist.", sage ich und sehe ihm direkt in die Augen in der Hoffnung er würde dasselbe für mich fühlen. 

,,Darf ich dir zeigen, wie wichtig du mir bist?", fragt Edmund jedoch stattdessen, worauf ich verwirrt nicke. Und als er mir immer näher kommt, weiche ich nicht zurück. 

Als er endlich seine Lippen auf meine legt, wäre ich fast umgefallen, hätte er seinen Arm nicht um meine Taille gelegt. Ich fühle wie mein Herz Achterbahnen schlug und mich innerlich zerreißen könnte. Es ist mein erster Kuss, obwohl ich schon siebzehn bin. Doch es ist mir egal. Es ist mein erster mit Edmund und das ist das einzige, das zählt. 

Als er sich von mir löst, verschwinden alle Sorgen, sodass nur noch meine Liebe zu ihm bleibt. Ein schüchternes Lächeln kommt auf meine Lippen, doch Edmund grinst nur. Ich spüre die unverkennbare Gänsehaut auf meiner Haut, doch auch er scheint vollkommen überwältigt zu sein. Unser Kuss war sanft, und voller Liebe. Nicht wild oder leidenschaftlich, sondern alles, was ich brauchte, um mich bei ihm sicher zu fühlen. Am Liebsten hätte ich ihm noch einmal geküsst, aber die Männer fangen an etwas zu rufen.

Während Edmund auf See blickt, kann ich meine Augen nicht von ihm nehmen. Er sieht wieder zu mir, grinsend. 

,,Auf dem Meer sind Boote aufgetaucht. Vermutlich von den Opfern. Wieso siehst du mich so an?", fragt er und wird etwas rot. Ich knuffe ihm in die Seite. Um ehrlich zu sein, will ich ihn gar nicht loslassen. 

,,Ich bin glücklich, wenn ich dich glücklich sehen kann. Das ist alles.", antworte ich ihm nur. Ich wusste, dass ich nach meinem Vater suchen sollte, der hoffentlich auf einem der Boote zu finden ist, doch ich kann meine Augen nicht von Edmund nehmen. Und auch seine liegen auf mir.

,,Du bist wunderschön.", flüstert er, worauf ich rot werde. ,,Du bist nicht nur schön in deinem Aussehen. Du bist wunderschön in deinem Charakter. Du bist schön so wie du bist." Er drückt mich enger an sich, sodass ich meine Arme um seinen Hals legen kann. Ich spüre wie Tränen in meine Augen kommen. Ich bin so gerührt, sodass ich zum weinen anfange. Nie hätte ich geglaubt so etwas von jemandem zu hören. Schon gar nicht von jemandem, den ich liebe. Ich bin einfach so überwältigt von meinen Gefühlen. Edmund küsst meine Tränen weg und lehnt dann seine Stirn an meine. 

,,Nicht weinen. Jemand könnte sich in dein Lächeln verlieben. Und derjenige bin zum Glück ich. Ich bin so froh dich wieder zu haben.", flüstert er. Hätte ich so etwas gelesen, hätte ich das Buch schon wieder weggelegt, aber jetzt wollte ich schon fast mehr davon hören.

,,Ich werde dich nie wieder loslassen, glaub mir. Ich hatte noch nie so große Angst als die, die ich spürte, als ich dich dort oben sah. Mach so etwas nie wieder.", lachte ich erleichtert und lehnte meine Stirn gegen seine Brust. Ich spüre wie er nickt. Am Liebsten wäre ich hier noch ewig lange in seinen Armen geblieben, doch meine Gedanken wandern zu meinem Vater. 

,,Hilfst du mir, meinen Vater zu finden, falls er in einem der Boote ist?", frage ich. Natürlich wusste ich, dass Ed meinen Vater nicht erkennen würde, aber ich brauchte ihn als emotionale Stütze. Alleine würde ich zusammenbrechen. Egal, ob mein Vater hier ist oder nicht.

,,Lass ihn uns finden.", sagt er lächelnd und zieht mich an meiner Hand zu der Reling. 

Lost Souls/Edmund PevensieWhere stories live. Discover now