72|Familie

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Sie hatte mit ihm geschlafen und war ihm egal.
Asya hatte sich wohl alles nur eingebildet. Es war alles nur vorgespielt und sie hatte es zugelassen.

~

„Scheiße!", fluchte Asya so leise wie es nur ging und starrte auf den Schwangerschaftstest in ihrer Hand. Die Übelkeit nahm zu, ihre Periode blieb schon wieder aus und jetzt saß sie auf dem Deckel der Toilette und starrte auf das positive Ergebnis. „Scheiße.." Was sollte sie nur tun? Verzweifelt blickte sie weiterhin auf die zwei Striche und atmete tief durch.

„Abla!", rief ihr Bruder durch die Badezimmertür und klopfte so dolle, dass sie aufschreckte,„Ich muss ganz dringend Pipi! Mach bitte auf!" Asya stand auf und steckte den Test in den Ärmel ihres Cardigans. Sie öffnete die Tür und eilte an ihrem Bruder vorbei, in ihr Zimmer um ihre Tasche zu holen und anschließend aus dem Haus.
(Große Schwester!)

Im dritten Monat.
Sie war tatsächlich schwanger und es war zu spät. Sie konnte auch nicht abtreiben. Bis jetzt hatte sie ihre Tränen zurückgehalten, doch das fiel ihr immer schwerer je näher sie der Wohnung kam.
Fluchend kickte sie einen Stein aus dem Weg und blinzelte hektisch um die Tränen zurückzuhalten.

Das Lachen ihrer Geschwister war durch die dünne Haustür zu hören und sie verharrte für einen kurzen Moment.
Ihre Familie hatte nicht das Geld für ein weiteres Baby. Sie hatte den Vater ihres Kindes seit Monaten nicht mehr zu Gesicht bekommen und war noch mitten in ihrem Studium. Sie war nicht bereit für ein Baby.
Die Haustür wurde aufgerissen und ihre Mutter stand mit einer Mülltüte vor ihr.

„Asya?", brachte diese verwirrt hervor und ein Anflug von Wut überkam sie, denn ihre Tochter hatte sich aus dem Haus geschlichen,„Wo warst du bitte?" Asya ging mit gesenktem Kopf ins Haus hinein und wollte in ihr Zimmer, doch ihre Mutter zog sie am Arm zurück und die Anspannung war hoch.
Sie wurde wieder von ihrem Freund versetzt und das konnte ihre Mutter überhaupt nicht leiden. Es machte sie wütend und all das ließ sie nun an Asya aus.

„Wo warst du?", schrie sie sie an. Asyas Tränen waren nicht mehr aufzuhalten. Sie fing an zu weinen und ihre Mutter legte keinen Arm um sie, tröstete sie nicht. Sie wartete darauf, dass Asya ihr nun verriet wo sie war, denn mehr wollte sie nicht. „Ich.. Ich bin schwanger." Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Sie war sich nicht sicher, ob ihre Mutter das hörte, doch sie traute sich nicht aufzusehen.
Ihr Weinen verstummte und sie wartete auf eine Reaktion von ihr.
Diese ließ nicht lange auf sich warten und die Handfläche ihrer Mutter landete auf ihrer Wange. Asya stolperte zurück und hielt sich die Wange.

„Du Schlampe!", schrie sie ihre Tochter an und griff in ihre Haare, dass Asya schmerzvoll aufschrie,„Was denkst du dir dabei? Habe ich dich so erzogen, dass du dich von irgendwelchen Typen schwängern lässt?" Asya weinte immer mehr, versuchte die Hand ihrer Mutter aus ihren Haaren zu bekommen, doch sie ließ nicht locker, zog mehr an ihnen. „Es tut mir leid! Bitte es tut mir so leid!" Zornig zog sie Asya an den Haaren hinter sich her und riss die Haustür auf. Asya sah nur wage was geschah, denn all die Tränen blendeten ihre Sicht. „Verschwinde! Ich will dich nie wieder mehr hier sehen du billige Schlampe! Du bist nicht mehr meine Tochter!" Sie warf Asya achtlos auf die Straße, dass düse auf die Knie fiel. Sie sah verheult zu ihrer Mutter, die auf sie spuckte. „Dein Vater wäre so enttäuscht von dir!" Ohne ein weiteres Wort verschwand sie und Asya zog die Knie etwas mehr an. Ihre Mutter kam zurück mit einer offenen Tasche, Asyas Kleidung darin. „Hau ab!" Mit diesen letzten Worten knallte sie die Tür zu und nun saß Asya dort.
Obdachlos, allein gelassen und schwanger.

Ihr fiel kein anderer Ort an, außer dieser. Sie kam immer hierher, wenn etwas nicht stimmte. Ezgi würde sie verstehen, dachte sie. Gleichzeitig fühlte es sich an, als würde sie in die Hände des Teufels zurückkehren. Tief atmete sie durch und die erhoffte Person öffnete nicht die Tür. Stattdessen stand er dort. Mit einem Grinsen im Gesicht, welches sofort verblasste, als er sie sah. Ihre Augen rot und trübe. Die Reisetasche um ihre Schulter gehangen und auf den Boden starrend stand sie da.
Er dachte sich nichts dabei. Verdammt er war sich sogar sicher, dass sie nie wieder mehr aufkreuzen würde. Doch jetzt war sie hier, vor ihm.

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