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Die Hälfte der Wartezeit war bereits vorüber und ich hatte mich nicht dazu überwinden können, Tizia einzuweihen oder ihr zu erzählen, wo ich an dem Morgen so früh hin gemusst hatte. Sie hatte zwar gefragt, aber auf meine ausweichende Antwort hin nicht weiter nachgestochert. Dafür war ich ihr echt dankbar!

Seitdem hatte ich überlegt, wo ich in Zukunft leben wollte. Ich konnte nicht ewig die Couch in Tizias Studentenwohnung belagern! Eine Weile hatte ich mit dem Gedanken gespielt, zurück nach Mannheim zu fahren und mir dort eine eigene kleine Bleibe zu mieten. Nur nicht wieder zu Marco ziehen! Aber etwas in mir protestierte. Natürlich würde ich ihm noch wenigstens einmal gegenübertreten müssen, um mein restliches Eigentum abzuholen, aber in seiner Heimatstadt fühlte ich mich sicher bald unwohl und fehl am Platz. Also würde ich mich weiter umschauen. Auf meiner Arbeit war ich weiterhin krank gemeldet und sobald es mir besser ging, wollte ich mich in eine andere Außenstelle verlegen lassen, vielleicht sogar mein zukünftiges Zuhause nach meinem Job legen. Das war wohl das Vernünftigste.

Um meine Schwester nicht ausschließlich zu belasten, hatte ich ihr angeboten, die Einkäufe für uns zu übernehmen, damit sie in Ruhe studieren konnte. Für mich war das auch gut so, wenn mich spontane Gelüste überfielen und ich nur ein paar hundert Meter zum Supermarkt laufen musste, um sie zu stillen. Heute war Tizias Liste nur sehr kurz, zwei Tüten Milch, Küchenrolle und ein Netz Kartoffeln, also ging ich am späten Vormittag einfach auf gut Glück los. Doch ich hatte meinen Appetit deutlich unterschätzt und nach spätestens fünf Minuten wünschte ich mir bereits, ich hätte mir wenigstens einen Beutel mitgenommen. Tizias Wünsche konnte ich so tragen, aber als noch ein Glas mit sauren Gurken, Schokolade, Orangensaft und eine Packung extrascharfe Chips dazukamen, wurde es kompliziert. Und ausgerechnet dann entdeckte ich im nächsten Regal ganz oben noch etwas, das meine Aufmerksamkeit erhaschte: Erdnüsse, eine ganze Dose, schon fertig geröstet und gesalzen! An jedem anderen Tag hätte ich ihnen nur einen sehnsüchtigen Blick geschenkt, weil besonders die bearbeitete Variante in solchen Mengen einfach nur fett machte, aber jetzt lief mir das Wasser im Mund zusammen und ich schaffte es nicht, der Verlockung zu widerstehen. Wie lange war es seit der letzten Erdnuss her? Ein halbes Jahr? Ein ganzes schon? Und die paar zusätzlichen Gramm würde man mir aktuell sowieso nicht ansehen. Okay, es war beschlossen, die kamen auch noch mit!

Aber ich war zu klein, um sie zu erreichen. Selbst nachdem ich mich auf die Zehenspitzen stellte und mühselig alle Waren auf einen Arm verlagert hatte, erreichte meine freie Hand nur geradeso den Aufkleber vorne auf der Blechdose und schob sie eher noch weiter nach hinten, als dass ich sie zu mir ziehen konnte. Ich probierte es stur noch zweimal, stoppte dann und überlegte. Ob ich jemanden um Hilfe fragen sollte? Als Mann kam das zwar immer komisch, aber im Notfall musste ich mich halt überwinden. Im Moment war aber niemand anderes auf dem selben Gang und ich zog in Betracht, mich ganz schnell unten auf das unterste Regalbrett zu stellen und hoch zu stemmen, um die Dose zu kriegen. Doch wenn das jemand sah, würde ich ziemlichen Ärger bekommen... Erst recht dann, wenn ich dabei etwas zerstörte, und die Büchsen zu meinen Füßen sahen nicht gerade stabil genug aus, um mein Gewicht auszuhalten... Verdammt. Ein letztes Mal versuchte ich es alleine und erschrak mich etwas, als sich von links ein Arm in mein Sichtfeld schob, meine anvisierte Ware ergriff und herunter hob. Noch weniger hatte ich damit gerechnet, dass der Fremde so aufmerksam war und sie mir direkt überreichte! Oh, das sparte mir die Nachfragen! Ich wollte mich gerade zu ihm umdrehen und mich bei demjenigen bedanken, als ich seine Stimme hörte: "Hey, das bist ja du! Niki wars, richtig? Nur mit 'k' und einem 'i' am Ende."

Überrascht schaute ich Herrn Zimmermann an, der mich anlächelte. O-oh... Was für ein Zufall. Und peinlich auch noch dazu!

"Müssen Sie um diese Zeit nicht arbeiten?", platzte es aus mir heraus, das vorgenommene Dankeschön war völlig vergessen. Aber anstatt mir meine Unhöflichkeit übel zu nehmen, lachte der Doktor nur auf. "Die Praxis hat am Donnerstag geschlossen, dafür arbeite ich auch samstags. Wolltest du die Erdnüsse haben?"

Der Deal (mPreg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt