12.

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Aber natürlich hatte ich kein Glück und Marcos Wagen stand in unserer alten Einfahrt, als wir vor dem Haus parkten. Ob er uns durch die Fenster schon gesehen hatte? Unwillkürlich senkte ich meinen Blick, als wir ausstiegen, und beeilte mich automatisch mehr als sonst, um die Haustür zu erreichen. Luke folgte mir da schon ein klein wenig gemächlicher, während er das Wohnhaus musterte. "Nicht schlecht!", murmelte er für sich. Ich begann auf meinen Beinen hin und her zu wippen, bis er endlich wieder nahe bei mir war, dann drehte ich den Schlüssel im Schloss und ließ uns herein.

Vielleicht war Marco ja doch außer Haus. Spaziergänge waren zwar nicht so seins, aber wer wusste denn schon, was er sonst alleine tat, und außerdem versuchte ich mich an alle Hoffnungen zu klammern, die ich mir ausmalen konnte. Ohne Erfolg. Sobald ich den Flur betreten hatte, erschien mein Exfreund im Türrahmen zum Wohnzimmer. "Niki? Hey Schatz, ich hab dich vermisst! Schön dass du wieder da bist!"

Er wollte näher kommen und mich umarmen, also machte ich schnell ein paar Schritte rückwärts: "Wir sind nur hier, um meine restlichen Sachen zu holen. Danach bin ich wieder weg!"

Sofort sah Marco bestürzt aus, Luke hatte er noch gar nicht bemerkt, obwohl er nur einen Meter von ihm entfernt stand. "J-ja, aber... Warte mal, wer ist wir?"

Er folgte meinem Blick und sein Ausdruck verkehrte sich ins Gegenteil, als er meine Begleitung endlich doch entdeckte. Seine Lippen pressten sich so stark aufeinander, dass sie blass und dünn wie zwei Striche wurden, aber seine Augen strahlten nichts von dieser Härte aus. Eher Resignierung, als sei er im Wettstreit geschlagen worden und müsse sich nun mit dem ungeliebten zweiten Platz zufrieden geben. Luke versuchte, die Situation zu entspannen: "Hallo, mein Name ist Luke!" Seine ausgestreckte Hand wurde aber gekonnt ignoriert. "Wer ist das?", fragte Marco mich kalt. Ich hatte ihn nie als besonders eifersüchtigen Menschen erlebt, aber hier war es eindeutig. Er fürchtete, bereits ersetzt worden zu sein, und beinahe hätte ich zur Rache alles über den Haufen geworfen und Luke als meinen festen Freund ausgegeben. Doch ich wollte ja besser sein als mein Ex und außerdem meine neue Bekanntschaft nicht so egoistisch in die Ecke drängen. "Er hilft mir beim Tragen!", antwortete ich also, "Schwangere sollen nicht schwer schleppen!"

Jetzt begannen auch noch, Marcos Unterkiefer zu arbeiten. "Ah. Du behältst es also", brachte er hervor und schenkte meinem Bauch einen abschätzenden Blick. Ich verschränkte meine Arme. "Ja, vielleicht tue ich das. Wenn wir jetzt meine Sachen holen dürfen?"

Marco schnaubte, ging mit schweren Schritten ins Wohnzimmer zurück und zog die Tür hinter sich zu. Luke's noch immer ausgestreckten Arm ignorierte er dabei ein zweites Mal gekonnt. Der zuckte aber nur mit den Schultern: "Packen wir es an, oder?"

Wir hatten ein paar große Tüten mitgebracht, in die ich vor allem meine Klamotten stopfen wollte, außerdem einen Karton für meinen Kram von der Arbeit, Ordner und solche Sachen. Dann fehlten noch ein paar Kleinigkeiten aus dem Bad und wir sollten fertig sein!

Luke schaffte gerade die letzte Ladung zum Auto und ich streifte vorsichtshalber nochmal durch die Räume, kontrollierte Schubladen und Schränke, suchte jeden Winkel ab und stoppte, als ich Stimmen aus dem Nachbarraum hörte. Das war mal unser Schlafzimmer gewesen. Sie gaben sich Mühe, ihr Gespräch gedämpft zu halten, als wollen sie nicht belauscht werden, was für mich erst Recht ein Grund zum Lauschen war! Langsam und leise schlich ich in den Flur und bis zur angelehnten Tür, ab der ich endlich verstehen konnte, was sie da besprachen.

"-solltest, dann wirst du es noch mit mir zu tun kriegen!", drohte Marco gerade an.

"Wie gesagt, wir kennen uns erst seit ein paar Tagen. Und ich bin nicht sein neuer Freund, ich bin sein Arzt und heute sein Helfer beim Tragen", versuchte Luke daraufhin mit ruhiger Tonlage klar zu stellen. Durch den Spalt sah ich ihn unschuldig mit den Schultern zucken. Die beiden Männer waren beinahe gleichgroß, höchstens eine Handbreite trennte den Brünetten von seinem blonden Kontrahenten. Marco fauchte frustriert: "Stell dich nicht so dumm! Ich seh doch, wie du dich um ihn verhältst! Du denkst vielleicht, dass du ihn für dich haben kannst, aber denk daran, Niki ist immer noch meiner! Früher oder später wird er zu mir zurückkommen, also lass deine Finger von ihm, verstanden?!"

Ich hatte genug gehört. Mit einem deutlichen Räuspern trat ich ein und hatte sofort zwei erschrockene Blicke auf mir kleben. "N-niki!"

"Was fällt dir ein, Marco?!", feuerte ich los, "Er hat gesagt, dass wir nicht zusammen sind, also lass ihn in Ruhe!" Marco zuckte zusammen: "Aber-!"

"Und gehören tu ich dir schon gar nicht! Ich bin kein beschissenes Haustier, das man besitzen kann! Komm Luke, wir gehen. Ich hab alles!"


"Niki? Wegen Marco eben-"

"Ich will es nicht hören." Der ganze Besuch bei ihm war mir so unfassbar peinlich. Er hatte sich mehr als nur unmöglich aufgeführt und ich fürchtete Lukes Gedanken dazu. 'War er schon immer so?', 'Wie hast du es nur mit ihm ausgehalten?', 'Ist das dein Geschmack für Partner?', vielleicht noch sowas wie 'Das Kind kann dann ja nur genauso schlimm werden!'. Ich hätte einfach auf morgen warten sollen, wenn Marco sicher auf Arbeit war, so schwer war das Gepäck nun auch nicht gewesen und mit Mühe und Not hätte es auch in mein Auto reingepasst... Luke hüstelte leise: "Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass ich das wirklich mutig von dir fand."

O... oh! "Du hast ihm deine Meinung gesagt, obwohl er so wütend war in diesem Moment." Er warf mir ein Lächeln zu und ich atmete erleichtert aus. Wieder hatte er es geschafft, mich positiv zu überraschen, nachdem ich ihm in meinen Gedanken so viele negative Kommentare in den Mund gelegt hatte. Das war unfair von mir gewesen, wie so vieles ihm gegenüber. Er gab sich wirklich Mühe und bekämpfte meine bedrückte Stimmung mit seiner ständigen guten Laune. Ich sollte ihm wirklich eine Chance geben und endlich aufhören, ständig das schlechteste von ihm zu erwarten!

"Luke?", fragte ich ihn. Er zeigte mir, dass er zuhörte. "Können wir einen Teil meiner Kleidung bei dir abladen?"

Seine Augen weiteten sich merklich, als er verstand, was ich damit andeutete. Er keuchte: "Heißt das, du willst bei mir wohnen...?"

"Noch nicht jetzt, aber vielleicht in zwei oder drei Wochen. Bis dahin können wir uns ja noch ein paar Mal treffen und etwas unternehmen!", bot ich an und legte meine Hand sacht auf der meines Nachbarn ab, die leicht zitterte vor Überwältigung. "Dankeschön, Niki", schniefte er leise und heftig nickend, "Dein Vertrauen bedeutet mir unglaublich viel!"

Zufrieden begann ich, unsere Finger miteinander zu verweben, bis Luke die Führung für mich übernahm und wie auf der Hinfahrt schon das Gefühl von Sicherheit und Halt in mir herauf beschwor. Noch liebte ich ihn nicht genug, um ihn meinen Partner nennen zu können, aber wir waren auf dem richtigen Weg! Bis ich mich entschied, zu ihm zu ziehen, würde es hoffentlich stärker sein...!

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