18.

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Ich bemerkte es erst, als er mir beim Frühstück mit dunklen Augenringen gegenüber am Tisch saß. Er wirkte unglaublich müde und brauchte zwei unendlich langsame Anläufe, bis er seine Kaffeetasse sicher bis zu seinem Mund führen konnte. Ich beobachtete ihn dabei mitleidig. Der Ärmste musste gleich zur Arbeit und dort vor Professionalität nur so strahlen... ganze zehn Stunden lang. Er hatte meinen Blick bemerkt und versuchte sich an einem Lächeln. "Ist schon gut, ich hänge andauernd mal durch. Nach ein paar Kaffees sieht das schon wieder anders aus!"

"Schlecht geschlafen?", riet ich ins Blaue.

"Alptraum", kam zur Antwort. Erstaunt zog ich die Augenbrauen hoch. "Habe ich gar nicht bemerkt..."

"Wenn du mal davon aufwachen solltest, dann weck mich bitte auch, ja? Mach dir keinen Kopf um die Uhrzeit oder ob ich am nächsten Morgen arbeiten muss, aber der Alptraum ist deutlich lästiger, als aufgerüttelt zu werden!", erklärte Luke mir gähnend. Ich horchte auf: "Der Alptraum? Immer der selbe meinst du...?"

Luke nippte an seinem Kaffee, dieses Mal deutlich koordinierter, und stimmte mir zu. "Magst du mir sagen, was für eine Art Alptraum das ist?"

"Ein andernmal, ich muss mich jetzt für die Arbeit bereit machen! Dankeschön trotzdem, Niki!" Wir küssten uns flüchtig über den Tisch hinweg und eine viertel Stunde später nochmal ein wenig ausgiebiger, nachdem Luke sich die Schuhe angezogen hatte. Eine seiner Hände hatte er mit meiner verwoben, die andere streichelte sacht meine Hüfte und den Übergang zum Babybauch. Und es fühlte sich seltsam gut und richtig an, dass er das tat...! "Bis später, Niki!", verabschiedete er sich und überließ es mir, die Haustür zu schließen, während er ins Auto stieg und anfuhr.


Als er gegen Abend wieder zurück kam, war die Frage nach dem Alptraum schon wieder vergessen. Luke hatte einen weiteren Termin für das Treffen mit einer Familie ausmachen können und dementsprechend war das nun das Hauptthema beim Essen. Ich hatte einen Auflauf gemacht und dafür ganz frisch Gemüse eingekauft, das Ergebnis war ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht mir gegenüber. Trotzdem aß ich beinahe das doppelte seiner Portion. Etwas peinlich...

"Wahrscheinlich werden dich Marie und Tom nicht so vom Hocker reißen wie Kathrin und Hagen, aber ich kenne Marie mindestens genauso lange wie die beiden anderen und Tom ist auch ein netter Kerl. Nur manchmal meint er es etwas... zu nett. Heißt, er kann manchmal ein wenig derb sein, aber nicht bösartig!" Luke lachte verlegen und kratzte sich am Nacken. Ich nickte, aber spürte bereits, wie sich die Sorgenfalte auf meiner Stirn bildete. Etwas derb war in Verbindung mit einem Baby oder Kleinkind vielleicht keine gute Sache. Ich sah es vor meinem geistigen Auge, wie er das Bündelchen im Spiel hoch warf, sich aber vor lauter Übermut verschätzte und-. Nein, lieber nicht weiter denken! Ganz im Gegenteil, Verantwortung konnte solchen Menschen ja auch dabei helfen, verantwortungsvoller zu werden! Bären wurden zu sorgenden Vätern, leichtsinnige oder schusselige Frauen zu den perfekten Müttern. Ich sollte diese eine Bemerkung nicht überbewerten oder den beiden von Anfang an die Chance nehmen, doch die Eltern werden zu können! Das wäre sonst nicht fair von mir.

"Wie viele andere kennst du denn noch, die du fragen würdest wegen dem Baby?", wollte ich beiläufig wissen und sah Luke kurz nachdenken. "Noch drei andere. Die eine ist allerdings allein erziehend und ich weiß nicht, ob du Stefan und Nicole mögen wirst. Sie ist jemand, den man vermutlich gemeinhin als Mannsweib bezeichnet, aber auch nicht bösartig!"

Unwillentlich zuckte ich zusammen. Es war kein gutes Zeichen, wenn Luke so lästerte. Auch er schien das bemerkt zu haben und bekam rote Wangen. "A-also, es wäre wohl am besten, wenn du dir selbst die Meinung bildest. Sorry", nuschelte er kleinlaut.

"Schon gut, ich werde versuchen, nicht allzu viele Vorurteile zu haben!"

Danach schweifte unser Gespräch ab. Luke erzählte mir von seinem Arbeitstag, ich beklagte mich bei ihm über Rückenschmerzen, die dieses Mal selbst nach einem entspannenden Bad nicht verschwunden waren, dann tastete Luke vorsichtig nach meiner freien Hand. "Ich würde dich übermorgen bitten, frühs mit mir auf Arbeit zu kommen. Es ist nichts schlimmes, nur zwei Vorsorgeuntersuchungen und vielleicht nochmal ein Ultraschall, das können wir in unter einer Stunde erledigen!"

"Äh, klar", stammelte ich, "Du kannst das auch?"

Luke lächelte: "Hab beide Ausbildungen, aber für gewöhnlich haben die meisten Frauen schon einen anderen Facharzt. Also mach ich es eher nebenbei, für Bekannte oder Patienten von überforderten Kollegen. Was natürlich nicht heißt, ich wäre nicht professionell!" Ich musste kichern, als er den letzten Satz nachschob und rasch tat, als würde er sich genieren, und gab ihm einen Kuss. "Habe ich nie behauptet! Alles klar, kann ich machen!"

"Willst du mittlerweile eigentlich wissen, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird? Das ist zwar erst in ungefähr fünf Wochen sicher möglich, aber... naja... Ärzte sehen da für gewöhnlich schon früher gewisse Tendenzen-"

Ich schüttelte rasch den Kopf. "Interessiert mich nicht, will ich nicht wissen. Wenn du es für dich behalten kannst, wäre ich dir sehr dankbar."

"Okay, ich versuche es!", meinte Luke mit einem leisen Seufzer, "Dann würde ich trotzdem ein wenig Blut und Fruchtwasser von dir nehmen und untersuchen wollen. Und es müsste auch soweit sein, dass auf dem Ultraschall der Herzschlag sichtbar ist! Den Geburtstermin kann ich auch ausrechnen!"

Das interessierte mich schon mehr. Der Termin eher als der Herzschlag, aber beides hatte seinen gewissen Reiz. Ultraschallbilder kannte ich ja schon von meiner Schwester, unsere Eltern hatten sie gut verwahrt und uns immer wieder mal zum passenden Anlass gezeigt. Aber auf Bildern konnte man kein pumpendes, kleines Herz festhalten. Vielleicht war das auch ganz spektakulär! Also gut, jetzt hatte er mich doch geködert! "Gerne, können wir machen. Also übermorgen dann."

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Relativ kurz, aber dafür ein wenig früher online als ursprünglich vorgesehen :)

Und nochmal Entschuldigung, dass ich Schussel vor einer halben Woche schon wieder versehentlich auf den 'Veröffentlichen' Button gekommen war, ich bin einfach unverbesserlich *seufz*

Der Deal (mPreg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt