Kapitel 24

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Kili

Es war schon eine ganze Weile vergangen, als Bilbo mein Gemach verließ. Ich starrte nur gedankenverloren in den Kamin und überlegte, wie es Zylra gehen würde. Ob es ihr gut geht? Ob sie es sicher nach Thal geschafft hat und nun in der Obhut von Bard lebt? Ich hoffte es zumindest. Ich überlegte ob ich mich aus den Sessel zu erheben und ein bisschen durch den Berg zu wandern. Da mir sowieso langweilig war, tat ich es auch. Ich verlies das Gemach und ging in Richtung großes Tor. Auf den Weg dorthin begegnete ich niemanden, was mich sehr freute. Ich war einfach nicht in der Verfassung mit jemanden zu reden. Jetzt noch nicht. Nach einer Weile war ich am Tor angekommen. Ich starrte auf die Steine, welche das große Loch versperrten. Ich atmete traurig aus und stieg die Treppen empor, welche zum Balkon führten. Ich stieg hinauf und starrte in Richtung Thal. Einige Feuer brannte in der verwüsteten Stadt und man konnte ganz leise die Rufe der Menschen hörten. Ich lächelte, da ich wusste, dass Zylra in Thal sein würde. Sie ist eine starke Zwergin und würde überall hingehen. Auch ans Ende der Welt, wenn es sein muss. Mein Blick wanderte in den Nachthimmel. Still sah ich zu den Sternen und suchte nach einigen Sternbildern. Dies erwies sich jedoch als schwer, da ich keine Sternbilder außer den großen Bären und die Waage kannte. Und selbst von den beiden wusste ich nicht wie die Sternenkonstellation aussah. 

Gerade wollte ich wieder zurück in den Berg gehen, da hörte ich schwere Schritte, welche auf mich zukamen. 
,,Da bist du. Ich habe dich schon überall gesucht", hörte ich meinen Bruder mit einen lustigen Unterton zu mir sagen. Ich drehte mich nicht um, sondern blickte noch immer in die kalte Nacht und sprach:,, Was ist den los?" Fili hielt hinter mir an und meinte nur:,, Thorin will dich sehen." Ich drehte mich um und sah in Filis Augen. Sie spiegelten Mitleid, Trauer und Verständnis wieder. Ich nickte bloß und begab mich zu Thorins Gemach. Nun, besser gesagt sein Arbeitszimmer. 

Es dauerte nicht lange, bis ich vor der Türe zu Thorins Arbeitszimmer stand. Nur diese Türe trennte mich in diesen Moment von meinen Onkel. Etwas vorsichtig klopfte ich an und hörte kurz darauf wie jemand hinter der Türe,, Herein", sagte. Vorsichtig öffnete ich die Türe und starrte in den Raum. Thorin saß vor einen großen Tisch, welcher Mitten im Raum platziert war, und kritzelte wie verrückt mit einer Feder auf einen Stück Pergament herum. Zwei Kerzen, welche fast vollständig heruntergebrannt waren, erhellten den Raum und der Tisch war überfüllt mit Pergamentrollen. 

Erst nach wenigen Minuten schien er mich zu bemerken. Thorin hob seinen Kopf und starrte mich an. Ich sah in seine Augen und erkannte, dass sie denen eines Reptils ähnelten. 
,,Setzt dich, wir müssen reden", meinte er nach einer Weile mit einer strengen und kalten Stimme zu mir. Ich tat, wie mir geheißen und ließ mich auf den Stuhl, welcher vor den Tisch stand, nieder. Gerade als ich mich niedergelassen hatte, begann er zu reden:,, Du fragts dich ganz sicher warum ich Zylra so angeschrien habe, oder?", begann er. Ich schwieg. Nur ein Gedanke an sie schmerzte so sehr in meinen Herzen. Thorin schien keine Antwort erwartet zu haben, denn er sprach einfach weiter:,, Dieses Mischblut hatte meinen Arkenstein gestohlen. Sie hatte ihn gestohlen. Vermutlich um ihn diesen Waldlandkobold zu geben. Kili, versteh es endlich. Sie ist eine Verräterin. Ich musste es tun." In seiner Stimme hörte ich Verzweiflung. Wütend schüttelte ich den Kopf und versuchte die Beherrschung nicht zu verlieren. 

Wie konnte er nur? Sie war keine Verräterin! Ehe würde sie sterben, als dass sie Thranduil den Stein gibt! Sie war keine Verräterin. 

Tränen verließen meine Augen und ich stand auf. Meine Hände stützten sich an Thorins Tisch ab und ich sah ihn in seine Augen. Dieser funkelte mich jedoch nur wütend an.
,,Zylra ist keine Verräterin! Wieso denkst das von ihr? Eher würde sie sterben, als dass sie uns an Thranduil verrät!" Thorin erhob sich aus seinen Sessel und blickte mich bedrohlich an.
,,War es nicht verdächtig, dass sie ständig meinte, dass es unnütz sein würde den Stein zu suchen? Als würde sie wissen, dass er nicht mehr in den Hallen ist. Kili, sieh es endlich ein. Zylra hatte dich von Anfang nur benutzt um an den Arkenstein zu kommen. Das war auch der wirkliche Grund, weshalb sie mitkam. Nicht wegen dir, sondern wegen den Stein."
,,Wenn sie für den Elben arbeiten würde, dann hätte sie uns spätestens im Düsterwald verraten. Sie hat niemals für Thranduil gearbeitet, Thorin", versuchte ich seine Argumente zu schwächen. Dieser lächelte nur hämisch und sprach weiter:,, Warum glaubst du, hat Thranduil Zylra mehrmals angeboten im Schloss zu leben, obwohl er Zwerge bekanntlich hasst? Sie steckte mit ihn unter eine Decke und er wollte sie aber nicht in den Kerker des Waldlandreiches sehen. Jedoch war Zylra clever und um unser Vertrauen zu gewinnen, entschied sie sich jedes Mal gegen den Elbenkönig. Es ergibt alles Sinn, Kili. Du kannst es nicht abstreiten." Er hatte recht. Es ergab alles einen Sinn aber Zylra würde uns niemals an Thranduil verraten. Außerdem hatte nicht sie den Stein gefunden, sondern Bilbo. Doch das konnte ich wohl schlecht sagen. Thorin würde in diesen Zustand Bilbo köpfen wenn es sein muss um an den Stein zu kommen. 

Ich sank leicht den Kopf und mir kullerten Tränen die Wangen herunter. Zwar konnte ich ein leises Lachen, welche von Thorins Richtung kam, vernehmen, aber ich versuchte es so gut es ging zu ignorieren. 
,,Du kannst gehen", meinte er schließlich. Ich war froh und verließ so schnell ich konnte das Zimmer. 

Ich lief durch den Berg und suchte einen ruhigen Ort, wo ich einfach meine Gedanken ordnen konnte. Nach einer Weile fand ich einen kleinen Treppenaufstieg. Neugierig wie ich nun mal war, ging ich die Treppen hinauf und kam in einen kleinen Raum an. Dieser beinhaltete viele Bücher und alte Schriften. Völlig erstaunt sah ich mich um und blätterte jedes Buch, dass ich finden konnte durch. Die meisten waren auf Khuzdul geschrieben und so dauerte es ein wenig länger sie zu lesen. In den Bücher standen verschiedene Geschichten um die Zwerge oder die Schlachten, welche sie führten. 

Als ich viele Bücher durchgeblättert hatte, stellte ich das Buch, welches ich gerade durchgesehen hatte, zurück ins Regal, da stach mich ein verhältnismäßig neues Buch ins Auge. Ich nahm es aus dem Regal und schlug es auf. Darin waren alle Erben Durins verzeichnet. Auch Onkel Thorin, Mutter und Onkel Frerin. Ich blätterte durch und las auch ein paar Absätze zu Durins Volk und dessen Aufstieg. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit, entschloss ich mich dazu das Zimmer zu verlassen und zurück zu meinen Gemach zu gehen. Ich legte das Buch zurück und streckte mich kurz. Dann stieg ich die Treppen herunter und ging in Richtung Gemach. Auf den Weh dorthin wurde ich fast von Ori umgerannt.
,,Tut mir leid, Kili", sprach er zu mir. Ich winkte ab und fragte:,, Was ist den los?" Ori sah mich fragend an und meinte:,, Du weißt schon, dass wir uns in der Waffenkammer versammeln sollen?" Ich sah ich nur fragend an. 
,,Warum den?", fragte ich ihn. 
,,Die Elben stehen vor den Tor und Thorin will Thanduil zeigen, dass man sich besser nicht mit Zwerge anlegen sollte", sagte Ori darauf. Ich nickte nur und lief in Richtung Waffenkammer. Auf den Weg dorthin huschten mir viele Gedanken durch den Kopf.

Wird es Krieg geben?
Wir Zylra mitkämpfen?
Werde ich sie wiedersehen?
Werden wir wieder vereint sein?

Als ich in der Waffenkammer ankam, sah ich wie sich die Zwerge schon für den Krieg rüsteten. Ich suchte nur die nächstbeste Rüstung und Pfeil und Bogen. Alles war schnell gefunden und so ging ich kampfbereit in Richtung Tor.

Eine unerwartete GefährtinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt