Kapitel 15 - Wir sind zusammen.

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>> Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.<<

-Johann Wolfgang von Goethe-

Zu meiner Überraschung und dem Ärgernis meiner Mom, war Kyle nicht so abweisend wie sonst.

Zwar redete er nicht von sich aus mit mir und wenn wir redeten dann auch nicht viel, aber erstens beleidigte er mich kaum und zweitens antwortete er mir zumindest knapp, wenn ich ihn ansprach.

Ich hatte das Gefühl, dass er allgemein besser drauf war als sonst.

Als meine Mutter den Nachtisch auf den Tisch stellte, drehte Kyle sich zu seinen Eltern.

„Wir haben doch schon mal über den Schüleraustausch nach Europa gesprochen richtig?" fing er an und klang ungewöhnlich freundlich. Überhaupt nicht so kalt oder abweisend wie sonst.

Sein Dad nickte nur und seine Mom sah ihn erwartungsvoll an.

„In zwei Monaten ist Anmeldefrist und ich würde gerne mitfahren." Erwartungsvoll sah er seine Eltern an, die einen kurzen Blick miteinander wechselten.

Beide zögerten etwas zu sagen, aber schließlich ergriff Jack das Wort.

„Kyle, wir haben über diese Sache schon nachgedacht und wir denken es wäre keine gute Idee wenn du da mitfährst."

Kyle sah überrascht aus und zog die Augenbrauen zusammen. „und warum bitte, wenn ich fragen darf?" seine Stimme klag jetzt gar nicht mehr so zuvorkommend, sondern eher wie immer.

Gespannt beobachtete ich ihn von der Seite. Ich fragte mich warum ausgerechnet er auf diesen Schüleraustausch wollte. 

Seine Mom seufzte „weil wir denken, dass du mehr Verantwortung übernehmen sollst."

„Verantwortung?" er sah irritiert aus „Mom ich bin verantwortungsbewusst genug und alle von meinen Jungs fahren mit."

Ich stieß einen glucksenden Laut aus. Das war sein Argument? 'Alle meine Jungs fahren mit'? Wie alt war er denn? Zwölf? Er drehte sich zu mir und warf mir einen vernichtenden Blick zu, der mich augenblicklich verstummen ließ.

Evelyn schien sich in dieser Situation nicht besonders wohl zu fühlen und warf einen verlegenen Blick zu meiner Mom, die sie anlächelte, aber in ihren Augen konnte ich die Abwertung Kyle gegenüber lesen.

„Kyle, ich finde wir müssen das nicht jetzt besprechen, wir können darüber reden wenn-"

Er schnitt ihr das Wort ab „Nein, ich verstehe nicht wo euer Problem ist. Ich bin alt genug, um selber zu wissen wie viel Verantwortung ich übernehmen kann." Seine Miene war düster.

Jack schaltete sich ein. „Alt genug?" er schnaubte „Du benimmst dich wie ein Kind. Du vernachlässigst die Schule und deine Noten. Du kommst und gehst wann du willst und tust und lässt was du willst. Ich nenne das nicht Verantwortungsbewusstsein!" 

Kyle stand auf und ich schreckte zusammen, als sein Stuhl quietschend über den Boden schliff. Er öffnete den Mund, aber sein Dad bedeutete ihm streng zu schweigen. Noch nie hatte ich Jack so ernst und sauer gesehen. 

Evelyn, meine Mom und sogar Peter sahen betreten zu Boden. Allen war diese Situation äußerst unangenehm.

„Ich bin noch nicht fertig. Du treibst dich nächtelang in irgendwelchen Clubs rum und betrinkst dich und jede Woche kommst du mit einem neuen Mädchen nach Hause." Sein Vater schnaubte nun schon fast vor Wut. „So lange du dich nicht verhältst wie eine reife Person, fährst du nirgendwohin."

Kyle machte einen Schritt in meine Richtung.

„Weil ich also keine feste Freundin habe haltet ihr mich für unreif?" die Spannung zwischen Sohn und Vater war nahezu greifbar. „Wenn es das ist was euch stört. Na schön, ich habe eine feste Freundin."

Evelyn sah auf und betrachtete ihren Sohn verblüfft. Und auch ich sah verwirrt zu Kyle.

„Du hast eine Freundin?" seine Mom sah aus, als könnte sie seinen Worten nicht trauen. „Und- wer ist es?"

Kyle zögerte. Er sah zum Boden und dann zu mir. Ich runzelte die Stirn. Kyle hatte keine Freundin. Das war absurd.

„Freya." Er kam näher an mich ran, stellte sich hinter mich und legte eine Hand auf meine Schulter. 

Ich begriff gar nicht was vor sich ging. Das einzige was ich dachte war, dass er gerade das erste Mal seit wir uns kannten meinen richtigen Namen gesagt hatte und dass er sich erstaunlich gut mit seiner Stimme anhörte.

„Freya und ich sind zusammen. Wir wollten euch noch nichts sagen, weil wir sicher gehen wollten, dass es etwas Ernstes ist." Er drückte meine Schulter „Nicht wahr Fey?"

Ich löste mich aus meiner Starre und sah meine Mom an. Ihr Blick durchbohrte mich, ich hatte das Gefühl von ihr erdolcht zu werden und plötzlich spürte ich etwas Rebellisches in mir aufsteigen. Und aus einem unbestimmten Grund erwiderte ich ihren Blick einfach und begann lächelnd zu nicken.

„Ja. Du hast recht, wir sollten es unseren Eltern nicht länger verheimlichen, jetzt wo wir eh schon beim Thema sind."

Ich stand auf und stellte mich neben Kyle, um die Situation realistischer wirken zu lassen.

Ich hatte keine Ahnung was ich hier tat und erst recht nicht warum, aber etwas in mir freute sich über den empörten Gesichtsausdruck meiner Mutter.

Ich ließ meinen Blick über die Runde schweifen. Jack und Peter sahen einfach nur verwirrt aus, während Evelyn den krassesten Kontrast zu meiner Mom bildete. Sie lächelte und fasste sich ans Herz als wäre ein Traum in Erfüllung gegangen.

Sie seufzte beglückt und sah uns an „Kyle das ist ja wundervoll. Warum hast du uns denn nicht vorher etwas gesagt?"

„Ja" vernahm ich die Stimme meiner Mom, die weniger ergriffen klang „Warum habt ihr nicht früher etwas gesagt?" grimmig ließ sie ihren Blick zwischen Kyle und mir hin und her wandern.

Ich wollte etwas entgegnen, aber Kyle legte seien Arm um meine Taille und zog mich näher an sich heran. Er lächelte meiner Mom zu.

„Es sollte so etwas wie eine Überraschung sein." Seine Tonlage war unverkennlich kühl.

Sie lächelte gekünstelt.

„Die ist euch aber gelungen." Sagte Evelyn glücklich.

„Allerdings" fügte meine Mom bitter hinzu. Ihr Blick machte deutlich, dass sie später noch ein ernsthaftes Gespräch mit mir führen würde. Eines das nicht angenehm verlaufen würde.

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