Kapitel 18 - Rettung im Regen

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>>'Man kann nicht allen helfen',
sagt der Engherzige und hilft keinem.<<

-Marie von Ebner-Eschenbach-

Meine Mutter war noch wach als ich nach Hause kam, das wusste ich weil das Licht im Schlafzimmer noch brannte. Ich nahm an, dass sie auf mich gewartete hatte, denn das Licht war aus, als ich vom Badezimmer noch einmal an ihrem Zimmer vorbeiging.

Vermutlich war sie sauer auf mich und wollte deswegen nicht mit mir reden, aber ich wusste, dass ihre Standpauke spätestens morgen folgen würde.

Und genau dieses Wissen war der Grund dafür, dass ich an einem Samstag schon um sieben Uhr aufstand. Ich hinterließ Mom und Peter eine Nachricht, dass ich erst abends wieder nach Hause käme, verriet aber nicht wo ich hinging. Ich wusste ja selber nicht wo ich überhaupt hinwollte. Das Einzige dessen ich mir sicher war, war dass ich meiner Mutter und auch Kyle so lange wie möglich aus dem Weg gehen wollte.

Ich bedauerte mittlerweile, dass ich Kyle mein Herz ausgeschüttet hatte. Auch wenn er gestern verständnisvoll und überraschend einfühlsam gewesen war, befürchtete ich, dass es nicht lange dabei bleiben würde. Spätestens Montag in der Schule wäre wieder alles wie immer und er würde mich damit aufziehen, vielleicht würde er es sogar seinen Freunden erzählen. Ich wusste es nicht und 

genau das war es was mich so unsicher machte.

Nachdem ich eine Weile einfach nur durch die Gegend gelaufen war, begann es irgendwann zu regnen. Zuerst waren es nur ein paar Tropen, aber innerhalb weniger Minuten hatte sich ein Unwetter zusammen gebraut. 

Ich war so weit gegangen, dass ich mittlerweile die Orientierung verloren hatte und eine Ahnung mehr hatte, wo ich war.

Ich hielt nach etwas Ausschau wo ich mich unterstellen konnte um Schutz vorm Regen zu bekommen, aber fand nichts. Ich befand mich in irgendeiner kleinen Siedlung, in einem Stadtteil in dem ich bisher noch nie gewesen war und erst jetzt ging mir auf, dass es vielleicht doch nicht so eine gute Idee gewesen war, einfach auf gut Glück loszulaufen.

Gerade als ich mein Handy aus meiner Tasche zog, um jemanden anzurufen oder nachzuschauen wo ich war, hörte ich eine Stimme die durch den Regen zu mir durchdrang. Suchend drehte ich mich nach dem Urheber um, entdeckte ihn aber erst nach genauerem Hinsehen. Eine breite Gestalt lief auf mich zu, einen Regenschirm in der Hand. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte sie zu erkennen.

Ich hörte meinen Namen und machte ein paar Schritte auf die Person zu und erst als ich direkt vor ihm stand erkannte ich Carter.

„Carter!" rief ich überrascht seinen Namen und versuchte dabei den regen zu übertönen. „Was machst du denn hier?"

Er deutete mit dem Daumen hinter sich.

„Ich wohne dort drüben." Antwortete „Hab dich hier lang laufen sehen im Regen. Magst du mit rein kommen?" er hielt den Regenschirm über meinen Kopf, um mich zu schützen, dabei war ich ohnehin schon vollkommen durchnässt.

Ich nickte Carter zur Antwort nur zu und er legte einen Arm um meine Schultern und drückte mich etwas näher an ihn, dann ich noch mehr vor dem Regen geschützt war. Seine Körperwärme, die mich durch seine geöffnete Jacke erreichte, ließ mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. 

Wir mussten nur wenige Schritte laufen, bis wir an sein Haus kamen. Die Tür war nur angelehnt, als wäre er nur kurz raus gelaufen, um mich zu holen, und wir schlüpften schnell ins warme Innere.

Als Carter die Tür hinter mir schloss und den nassen Regenschirm aufgespannt davor legte zum Trocknen, sah ich verlegen auf meine Füße. Mein Haare und meine Kleidung tropften auf den Fußboden und es bildete sich bereits eine kleine Pfütze unter mir.

Carter sah mich an.

„Warte einen Moment hier, ich gehe dir trockene Sachen holen." Sagte er und verschwand eine Treppe nach oben.

Ein wenig unschlüssig und unbehaglich blieb ich zurück und sah mich um. Ich konnte nicht viel sehen, weil ich nur im Eingangsbereich stand. Er war recht klein, kleiner als der bei uns zuhause, aber sah sehr einladend aus.

Auf der Wand welche der Garderobe gegenüber lag, vor der ich stand, hingen ein paar Bilder an der Wand. Ich wäre gerne etwas näher an sie ran getreten, um sie zu betrachten, aber ich wollte nicht noch mehr nass machen, deshalb blieb ich stehen wo ich war und kniff die Augen zusammen, um von hier aus etwas zu sehen.

Ich erkannte jedoch nicht viel.
Als ich hörte wie Carter die Treppe wieder runter kam, drehte ich meinen Kopf zu ihm.
Er hatte einen Pulli, eine frische Hose und Socken über dem Arm und lächelte mich Warm an. Ich erwiderte es verlegen.

„Du kannst dich im Bad umziehen." Er deutete auf eine Tür direkt neben der Treppe und ich machte einen Schritt in diese Richtung, wobei ich einen nassen Schuhabdruck auf dem Boden hinterließ. Entschuldigend sah ich zu Carter der nur eine abwehrende Bewegung mit der Hand machte.

„Ist schon okay, du kannst deine Schuhe ausziehen, dann stopfe ich etwas Zeitung rein, damit sie schneller trocknen und den Rest deiner Sachen kannst du im Badezimmer auf die Heizung legen." Er lächelte nachsichtig.

Gehorsam zog ich meine Schuhe aus und ging ins Bad.

Als ich mich von meinen nassen Sachen befreit hatte trocknete ich mich mit einem Handtuch ab, dass ebenfalls bei den Sachen lag, die Carter mir gebracht hatte. 

Als ich in die Jogginghose und den Pulli geschlüpft war, fühlte ich mich gleich viel besser. Langsam hörte ich auf zu zittern und die Gänsehaut auf meinem ganzen Körper zog sich zurück. Carters Sachen waren mir viel zu groß und ich musste die Hose mehrmals umschlagen, um nicht darüber zu stolpern.

Als ich zum Schluss einen prüfenden Blick in den Spiegel warf, war ich zwar froh keine Wimperntusche benutzt zu haben, aber meine Haare waren dennoch ein totales Chaos. Indem ich mit meinen Finger hindurchkämmte versuchte ich sie ein wenig zu entwirren, was jedoch ein eher hoffnungsloses Unterfangen war. Schließlich gab ich es auf und band sie mir zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammen.

Nachdem ich die nasse Kleidung über die Heizung gehängt hatte verließ ich schließlich das Badezimmer.


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hihi, ich finde Carter ja irgendwie süß *-*

Ps: sorry dass ich momentan so unregelmäßig Updates, habe einfach jetzt so viele Klausuren und bin ziemlich verpeilt....

faking itWo Geschichten leben. Entdecke jetzt