𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟞 𝕎𝕠𝕠𝕕𝕖𝕟 𝕗𝕚𝕘𝕦𝕣𝕖

46 8 1
                                    

Als hätten meine Augen in Blut gebadet, schauten sie mein Spiegelbild an.

Ich sollte mein Gesicht waschen, ansonsten würde ich morgen unangenehme Kopfschmerzen bekommen, sagte der Betreuer zu mir.

Ich könnte drüber lachen, wenn ich es doch nicht verlernt hätte, wenn ich mich doch an einen Moment erinnern könnte, an welchem ich gelacht hatte.

Was war denn schon angenehm in meinem Leben?

Tränen bedeckten weiterhin meine Wangen und Augen, als würden diese kleinen salzigen Tröpfchen mein Gesicht lieben, klebten sie daran fest, wollten sich nicht lösen.

Ach, wie sehr ich mich doch von diesen Bildern lösen würde.

Ich starrte in die roten Augen, von denen ich eigentlich ein dunkles Kastanienbraun erwartet hätte, doch stattdessen sahen mir helle Karamellbraune Augen in meine verletzte Seele und ließen mich erschaudern.

Ein schniefen erreichte meine Ohren, welches jedoch nicht meins war. Nur kurz danach ertönte ein Schluchzen, welches mein Herz schmerzen ließ.

Du brachst fast in dich zusammen, während du versuchtest deine dicken Tränen aus deinem engelsgleichen Gesicht zu streichen.

Und die Zeit schien still zu stehen, als du dich in meine Arme warfst, als ich mich zu dir drehte.

Und es fühlte sich um Welten besser an, als in meiner Vorstellung, während du dich wie ein Ertrinkender an meinem Körper drücktest, deine Arme meine Brust umschlangen und deine Hände sich verzweifelt in meinen Rücken krallten.

Dein Geruch stieg in meiner Nase, so intensiv wie nie davor, dass ich ohne Kontrolle mein Gesicht an deine Halsbeuge legte, um deinen betörenden Duft tief zu inhalieren.

Und wenn es nach mir gehen würde, dann konnten wir für den Rest unseres Lebens so zusammen geschlungen sein, denn ich hatte in dem Moment das wertvollste in meinem Armen, was mich am Leben erhielt.

Denn ich hatte dich in meinen Armen.

。・:*:・゚★,。・:*:・゚☆

„Stell dir vor, diese Holzfiguren währen Familie und Freunde von dir. Und diese Figur bist du."

Damit zeigte sie mit ihrem Finger auf eine weise Figur, auf dem Holztisch vor uns.

„Ich möchte gern, dass du jetzt diese Figuren so aufstellst, wie du sie auch in Realität empfindest. Hast du mit ihnen eine enge Beziehung, verstehst du dich gut mit ihnen, wie stehen sie zu dir?

Achte auch drauf, ob die Gesichter dich anschauen, in die entgegengesetzte Richtung gucken und ob sie alle eine Art Kreise um dich schließen oder eher verteilt sind."

Sie ließ mir lange Zeit. Von den insgesamt Dutzend Figuren nahm ich letzten Endes nur fünf raus.

Ein trauriger Anblick, wenn man mich fragte.

Auch die Therapeutin wirkte leicht verwundert.

„Wen verkörpern sie?"

Ihr Blick glitt neugierig von den kleinen Holzfiguren in meine Augen.

„Das sind meine Mutter, meine jüngere Schwester und meine Großeltern." Antwortete ich ihr wahrheitsgemäß.

„Und erklärst du mir auch, weshalb du sie so hingestellt hast?"

Sie deutete auf die vier Figuren, welche ich hinter mir positioniert hatte und mich anschauten. Jedoch ich nicht sie.

„Meine Mutter und meine Oma sind immer für mich da, beide haben auf mich sehr aufgepasst, mehr als normale Mütter es eigentlich tun und vor allem

Meine Mutter gab sich auch immer Mühe, beide Elternteile gerecht zu werden, damit es mir und meiner Schwester auch nie an etwas mangelte. Meine Schwester war immer an meiner Seite und merkte immer, wenn es mir nicht gut ging. Sie schaffte es anders als die anderen mich immer aufzumuntern und mich abzulenken. Und mein Opa..."

Ich fummelte etwas an der Tischkante, versuchte meine Gefühle dem alten Mann gegenüber mit Worten zu beschreiben.

„Er war einfach immer da. Ich könnte mein Leben ohne ihn nicht vorstellen. Er gehört einfach dazu." sagte ich schulterzuckend die Wahrheit.

Aber es stimmte auch. Ich konnte mich nicht an meinem Vater erinnern. Zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern, weshalb er nicht mehr bei uns war. Stattdessen sah ich als einziges männliches Familienmitglied den alten Mann, welcher fast schon die Rolle meines Vaters besetzt hatte.

„Aber wenn sie dir doch so nahe stehen, weshalb stehen sie so weit entfernt von dir? Und wieso guckst du sie nicht an?"

Eisblau traf auf Kastanienbraun.

Sie wartete geduldig ab, aber ich wusste nicht, was sie mit meinen Antworten anstellen würde.

„Ich gab ihnen nie das was sie verdienten. Ich war nicht der Sohn auf den jede Mutter stolz wäre. Oder der große Bruder, auf welches die kleine Schwester eigentlich hochblicken sollte. Als das alles angefangen hat, da wurden sie mir irgendwie egal. Sie waren mir einfach egal geworden, obwohl ich es nie verstand. Sie hatten mir nie schlimmes getan, und haben alles für mich getan, aber anstatt irgendeine Art von Dankbarkeit zu zeigen, habe ich nichts gesagt. Nicht mal gelächelt oder so, als hätte ich vergessen wie es ging."

Verträumt schaute ich durch die Gegend. Spürte wie mein Gehirn wieder diesem Rausch zu verfallen drohte.

Wörter die ich nicht beherrschen konnte flossen über meine spröden Lippen.

Ich hatte Angst. Blanke Angst ergriff mich, denn ich wusste, dass ich nun schutzlos ausgeliefert war.

„Aber wer ist die fünfte Person, ganz dicht vor dir?"

Als hätte er eine Ohrfeige erhalten, zuckte der Junge auf dem Stuhl etwas zusammen, und hörte abrupt mit dem wippen auf.

Der Rausch nahm weiterhin von ihm Besitz, ich sah es in seinem verklärten Augen, doch seine Gedanken waren klar und deutlich .

„Derjenige, dem ich es zu verdanken habe, dass ich überhaupt noch lebe."

ℕ𝕖𝕨 𝕕𝕒𝕪 || ℕ𝕒𝕞𝕛𝕚𝕟Where stories live. Discover now