𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟟 ℍ𝕖𝕝𝕡 𝕒𝕟𝕕 𝕤𝕚𝕝𝕖𝕟𝕔𝕖

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„Vergisst die Befindlichkeitsrunde nicht. Alle in den Aufenthaltszimmer."

Der Betreuer huschte uns alle ins Zimmer, verfrachtete uns auf die Sofas und  zählte alle durch. Du fehltest. Mal wieder.

„Warum sagt nie jemand etwas wenn Jin fehlt, aber bei uns wird es gleich sofort negativ eingetragen. Der soll sich nicht so anstellen, als würde es ihm hier am schlechtesten gehen.

Schließlich sitzen wir alle im selben Boot."

Der Junge, der erst zwei Wochen hier ist, verschränkte die Arme bockig vor seiner Brust. Er lehnte sich nach hinten aufs Sofa, überschlug die Beine übereinander.

Oh, wie sehr ich diesen Jungen doch hasste.

Ja, wir saßen alle im selben Boot, aber es gab diesen Mistkerl nicht das Recht so über jemand anderem zu reden.

Und besser war er selber nicht. Sprach ununterbrochen von seinen Problemen, als ob wir nicht auch Probleme hätten, die uns beschäftigen.

Nein, stattdessen laberte er nur von sich, dachte er wäre der Wichtigste.

Ja natürlich. die Welt drehte auch nur um ihn.

Elendiges Arschloch.

Ich stand auf, spürte wie eine blanke Wut durch meine Adern floss, mich von Innen verbrennen ließ. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, war bereit dafür, diese in sein Gesicht zu schlagen. Und es geschah auch kurz darauf.

Meine Faust traf auf sein Gesicht, und drückte es mit einer Kraft nach hinten, dass selbst der Körper des erledigen Jungens nach hinten geschleudert wurde. Ich hörte ganz plötzlich Schreie, Getümmel, Hände die fest und hektisch an mir zerrten, doch es war mir alles egal. Ich wollte mich auf ihn werfen, ihm weh tun, so behandeln wie er es auch verdiente. Ich fühlte mich gut, während ich meine Gedanken in die Tat umsetzte, wäre mir die Konsequenzen meiner Handlung nicht bewusst, oder habe diese eher in den Hintergrund gezwängt. Ich wollte in dem Moment diesem Arschloch zeigen was er verdiente.

Die Stimmen sagten mir ich solle aufhören, als das rot warme Blut an meiner Hand klebte, und ich wollte es auch, als mir der stechende Geruch nach Eisen in die Nase stieg und ätzend meine Atemwege beschädigte.

Ich wollte es nicht, zwang mich dazu aufzuhören, aber mein Körper hörte nicht auf, ließ sich nicht abschalten und mir wurde bewusst, dass ich ein weiteres Mal versagt hatte. Versagt hatte gegen mich anzukämpfen, mich unter Kontrolle zu haben, nicht diesem Zustand zu verfallen. Ich hatte versagt.

„DU ELENDIGER VERSAGER!"

Ein Schrei entfesselte sich aus meiner staubtrockenen Kehle.

Es sollte aufhören! Alles!

Aber nichts tat sich.

Stattdessen wimmerte der Junge unter mir kläglich weiter, bettelte, dass ich ihn verschonte, aber ich tat es nicht, auch wenn ich es doch selber wollte.

Meine Umgebung bemerkte ich fast nicht mehr. Eine Leere erfüllte mein Inneres und ich wusste nicht wie ich aus diesem Teufelskreis entfliehen sollte, denn Tränen stiegen in meine Augen und flossen leise meine Wangen hinunter.

Hilfe. Ich wollte doch nur Hilfe.

。・:*:・゚★,。・:*:・゚☆



Ruhe war eigentlich eine schöne Sache.  Ich konnte mich entspannen, musste nicht den Lärm der anderen ertragen und konnte mich in eine Welt Namens Traum fallen lassen.

Und eigentlich habe ich die Ruhe auch immer bevorzugt, konnte mich nicht an einen Moment erinnern, an welchem ich es nicht genossen habe, aber jetzt, da hätte ich alles getan, um aus diesem Raum, in welchem nichts ist außer diese Stille, hinaus zu kommen.

Ich drückte gegen die verglaste Tür, stemmte mich mit all der Kraft, die ich in dem Moment aufbringen konnte dagegen, schrie sie an, doch nichts rührte sich, aber ich hatte stattdessen das Gefühl, gleich ein weiteres Mal dem Wahnsinn zu verfallen.

Ich spürte wie mein Herz anfing immer schneller zu schlagen, wie mein Magen ein flaues Gefühl in meinem ganzen Körper ausbreitete.

Es tat so schrecklich weh. Alles und doch nichts. Ich wollte nicht mehr. Wusste dass mein Leben nur noch an einem Faden gekrallt war, welches nicht mehr lange all die Last tragen kann.

Ich kauerte mich auf den Boden, meine Hände an die kalte Glasscheibe gedrückt.

Ich wollte hier doch nur raus.

Bitte holt mich aus dieser gottverdammten Hölle raus. Dicke Tränen überfluteten meine Augen. Es brannte so schrecklich.

Ich zitterte am ganzen Körper, fühlte wie der Wahnsinn langsam wieder ans Licht kam, nur noch auf den richtigen Augenblick wartete, um endlich mit aller Kraft zuzuschlagen.

Meine Fäuste taten weh, während ich weiterhin auf das Glas einschlug, welches mich von der Außenwelt völlig isolierte.

Das Schluchzen halte schrecklich laut von den Wänden.

Aufhören bitte.

Und fast hätte ich dieses schüchterne vorsichtige klopfen überhört, hätte ich nicht diese wunderschöne Hand in meinem Augenwinkel entdeckt.

Du knietest vor der Scheibe, dein Gesicht so tränenverschmiert wie meins es wohl sein musste, drücktest du deine Hand gegen meine, ignoriertes, dass eine dicke Scheibe uns von einander trennte. Ich hörte dein Schluchzen. Schrecklich leise und dumpf. Ich wollte zu dir. Mich in deine Arme verkriechen, mich verstecken vor all dem welches mir so sehr weh tat. Aber ich konnte nicht und die Erkenntnis brachte mich schier zum verzweifeln. Ich schlug gegen das Glas, schrie mir meine Kehle wund, weinte wie tausend Wasserfälle, doch nichts half.

Warum hilft mir denn niemand?

Warum?

Du schüttelst deinen Kopf, weitere Tränen tropften aus deinen Augen, manche fielen direkt auf den staubigen Boden unter uns, andere schlichen sanft deine rötlichen Wangen hinunter und nur wenige trafen auf deine wunderschönen zärtlichen Lippen, zerflossen auf diesen.

Wie sehr ich mir doch nur wünschte eins dieser Tränen zu sein. Deine Hand legte sich wieder auf meine, welche unbewusst an einer anderen Stelle ruhte, drücktest stark dagegen, hofftest dass zumindest deine Wärme durch die Scheibe zu spüren war, aber ich spürte mehr als nur deine göttliche Wärme und ich war mir sicher, dass ich nichts anderes brauche als deine Liebe zu mir, die wie eine kühlende Salbe mein Inneres heilte. Ich drückte mich mehr gegen die Scheibe, legte meine Stirn dagegen, in der Hoffnung, dass du genau das selbe tuen würdest, und schließlich war ich deinem Gesicht so nah, dass ich selbst eine kleine kaum noch sichtbare Narbe an deiner süßen Wange erkennen konnte.

ℕ𝕖𝕨 𝕕𝕒𝕪 || ℕ𝕒𝕞𝕛𝕚𝕟Where stories live. Discover now