𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟛 𝔸𝕡𝕒𝕣𝕥

37 8 3
                                    

Die Betreuerin seufzte ergeben und stand kopfschüttelnd und enttäuscht auf, während ich weiterhin regungslos auf meinem Bett saß, gelähmt wie die Tage davor die Wand gegenüber anstarrte, mich zu nichts aufraffen konnte.

Schon oft hatte die junge Frau versucht mich aus dem Zimmer zu locken, mich zumindest zu den Therapiegesprächen oder zu den Mahlzeiten zu bringen, doch sie scheiterte kläglich seit Wochen daran.

Eigentlich war die dunkelbraun Haarige die netteste hier, wenn man das so sagen konnte.

Sie hatte nie etwas dagegen, wenn du in meinen Armen warst, oder ich mich in dein Zimmer schlich, damit ich deine Nähe weiter auskosten konnte. Genau so wenig verpetzte sie uns, als wir zusammen in meinem Zimmer Unmengen an Schokolade verputzten, obwohl das Essen in den Zimmern verboten war.

Sie gab uns beiden viel, sie gab mir viel, doch ich war egoistisch um ihr etwas zurück zu geben.

Der hartnäckige Schweinehund in mir grinste dreckig, als ich die nächsten Stunden bis zum Abend mich nicht von der Stelle rührte oder etwas anderes tat. Ich vernachlässigte alles und jeden, selbst meine Mutter, die jeden Tag verzweifelt anrief und mich regelrecht unter Schluchzern anbettelte, dass ich doch etwas tun sollte, etwas sagen sollte, doch ich konnte nicht.

Ich konnte nicht. Selbst das Atmen wurde mir zu einer untragbaren Last, welche ich so schnell wie möglich von mir weg haben wollte. 

Die Leere in mir zerfraß mich heimlich und unbemerkt auf, ich merkte es nicht mal wie sie alles Gute verschlag, welches du mir in all dein Monaten liebevoll bereitwillig geben hattest.

Ich fühlte mich zerrissen, unvollständig, kalt.

Die salzigen kleinen Tränen kamen nicht mehr, das Lächeln umschmeichelte meine Lippen nicht mehr, deine Wärme verschwand aus meinem armseligen und inferioren Körper.

Alles verließ mich. Wollte nicht mehr bei mir verweilen. War ich etwa so wertlos und niederträchtig?

So unliebenswürdig, dass selbst du nicht mehr bei mir bleiben wolltest? Dein Versprechen brachst, weil ich so langweilig und verdorben war.

Ich war doch nicht immer so, oder?

Es waren doch diese Männer in meinen Träumen, die mich zu dem machten, was ich nun war, hatte ich nicht recht?

Sie versetzten mich doch jede Nacht in Angst und Schrecken, taten dem kleinen Jungen vor meinen Augen weh.

Doch was soll es schon bringen?

Wenn selbst der Sinn des Lebens dich im Stich ließ, weshalb also sollte ich überhaupt ein Leben ohne Sinn, ohne Ziel noch weiterführen? Warum mich weiter quälen, die trostlose Fratze meines eintönigen Lebens zu ertragen?

Du warst weg, wurdest weg geschickt, ganz weit weg, und ich würde dich niemals wieder sehen, denn du wohntest nun viel zu weit weg, als das ich dich jeden Tag im Arm halten kann, dachte ich mir.

Der betäubende Schmerz nahm zu, mit jedem Herzschlag und drohte mich umzubringen.

Der verstümmelte kleine abgemagerte Junge aus meinem Kopf mit dem grässlichen Blut verschmierten Lächeln auf seinen zerrissenen Lippen und den tief eingestochenen Grüppchen, erschien nun nahezu immer in meinen grausam dunklen Träumen, starrte mich an, lächelte mich an. Und tat nie etwas anderes, obwohl das Blut aus seinen Wunden triefte und seine leblosen Augen mit Tränen in meine starrten, welche das blanke Entsetzen über mich erbrachten.

Ich wusste nicht genau wer er war, wusste nicht was man ihm angetan hatte. Welches Leid er durchmachen musste. Und vielleicht wollte ich es gar nicht wissen, denn die ohrenbetäubenden Schreie in den Nächten ließen mich nicht los.

Die Nächte wurden nun länger, schlimmer. Plötzlich fürchtete ich mich vor der Dunkelheit, die mich umgab und mich anscheinend verschlingen wollte.

Der Zombie in mir kam öfters zum Vorschein, nahm von meinem Körper und meiner geschundenen Seele Besitz, ließ mich nichts mehr fühlen, nicht mehr klar denken.

Ich vergaß den erdrückenden Schmerz in mir, vergaß dich für eine kleine Sekunde.

Und ich fing an vollkommen zu vergessen.

Die Erinnerungen mit dir verschwammen, wurden brüchig.

Deine herzförmigen geschwungenen Lippen wurden schmaler, flacher.

Dein betörender Duft verflog, verlor sein Dasein.

Und deine Wärme verwandelte sich in eine dunkle Leere, die mein Herz für immer und ewig eingenommen hätte, währst du in dieser einen Nacht nicht zu mir gekommen, dich an meine fast leblose Brust gekuschelt und deine weichen vollen Lippen gegen meine geschundenen gelegt.

Das vergessene Gefühl deiner Lippen auf meinen brachte mein Körper zum Kribbeln, zum Toben, erregten ein Stückchen von deiner Wärme wieder zum Leben..

Ich roch deinen Duft, so bezaubernd intensiv.

Fühlte deine weiche glatte Haut an meiner und spürte deine Liebe, spürte dein Herz, welches du mir schenktest.

ℕ𝕖𝕨 𝕕𝕒𝕪 || ℕ𝕒𝕞𝕛𝕚𝕟Where stories live. Discover now