I know - you know --- Yoonmin

6. Hast du Jimin geküsst?

Er lief durch die Hotellobby, hinaus in Richtung des Pools. Dort angekommen, setzte er sich auf eine der Liegen und starrte in das bläuliche Wasser. Dadurch, dass das Wasser beleuchtet war, zauberte es wabernde Wellen in die Umgebung und auf Yoongi. Er rieb sich mit beiden Händen durchs Gesicht und seufzte laut. Plötzlich hörte er vorsichtige Schritte hinter sich. 

„Ich dachte du willst nicht mit mir reden? Wieso verfolgst du mich dann?", fragte er, ohne sich umzudrehen. „Ich bin nicht Jimin", hörte er Taes tiefe Stimme. Erschrocken drehte er sich um. Wie konnte er auch nur annehmen, dass Jimin ihm hinterherlaufen würde. 

„Oh...", war alles, was er herausbrachte. Tae setzte sich neben ihn und sah ebenfalls ins Wasser. „Jimin ist kurz nach dir gegangen. Allerdings auf euer Zimmer", erzählte Tae. Yoongi nickte nur. „Was ist los?", fragte Tae. „Nichts, was soll schon sein?", sagte Yoongi nicht gerade sehr überzeugend. 

„Ach komm schon! Meinst du etwa ich hätte nicht gemerkt, dass etwas nicht stimmt? Ihr habt heute den ganzen Tag kein einziges Wort miteinander gesprochen und jeglichen Blickkontakt vermieden. Euch nur gegenseitig beobachtet, wenn der andere mal nicht hingesehen hat." „Jimin hat mich angesehen?", hakte Yoongi leise nach und wandte seinen Kopf leicht in Taes Richtung. „Klar, und das nicht nur einmal. - Also!?", fragte Tae weiter. 

Yoongi knetete nervös seine Hände. „Ich habe etwas getan, etwas, dass Jimin nicht wollte...", versuchte er so neutral wie möglich zu erklären. „Dann entschuldige dich", erwiderte Tae. „Ich glaube nicht, dass es damit so einfach getan ist", sagte Yoongi und schnaufte. „Es wäre auf jeden Fall schon mal ein Anfang", versuchte Tae ihm zu helfen. Yoongi seufzte laut und ließ seine Stirn auf seine Hände sinken. „Ich glaube nicht, dass er mir das jemals verzeihen wird." 

Yoongi war kein Mann, der nah am Wasser gebaut war, oder seine Gefühle offen zur Schau stellte aber in diesem Moment, hatte er Mühe, gegen seine Tränen anzukämpfen. Er biss sich auf die Zunge. „Ach komm schon, so schlimm kann es doch nicht sein. Hast du ihn geküsst oder was?", versuchte Tae die Stimmung aufzulockern, doch Yoongi zuckte innerlich zusammen. 

Ja genau, dachte er sich, und dann bin ich einfach wie ein wildes Tier über ihn hergefallen. Habe ihn auf das Bett gedrückt, mich zwischen seine Beine gedrängt und mich an ihm gerieben, bis er gekommen ist. Und ich fühle mich dreckig und schlecht und ich werde dafür in die Hölle kommen, dass dies für mich das erotischste sexuelle Erlebnis war, dass ich jemals erlebt habe. Ich komme mir fast vor, wie ein Vergewaltiger. Yoongi raufte sich die Haare. Zu spät merkte Yoongi, dass er, auch wenn diese nicht ernst gemeint war, auf Taes Bemerkung gar nicht reagiert hatte. 

„Yoongi?", sagte Tae und legte seine Hand auf Yoongis Rücken. „Hast du Jimin geküsst?" Entrüstet hob er den Kopf und sah Tae mit großen Augen an. Wie kam er nur darauf? Yoongi öffnete und schloss den Mund mehrmals und suchte nach Worten. 

„Was?!", war alles was er herausbrachte. „Ich sehe doch, wie du ihn ansiehst", meinte Tae nur. Yoongi war fassungslos. War es etwa so offensichtlich gewesen? Die ganze Zeit über? "Die anderen sehen es nicht. Sie vermuten auch nichts. Aber ich kenne dich sehr gut, Yoongi. Wir standen uns immer sehr nah und ich sehe es.", fuhr er fort, als hätte er in dem Moment Yoongis Gedanken gelesen. 

Plötzlich spürte Yoongi, wie eine einzelne Träne über seine heiße Wange lief und eine kühle Spur hinterließ. Er wischte sie nicht weg, sondern blickte immer noch Tae an. Sein Freund sah ihn nicht verurteilend an, sondern warm und verständnisvoll, während seine Hand auf Yoongis Schulter ruhte. 

Plötzlich konnte Yoongi nicht mehr an sich halten. Er schluchzte laut und legte sofort seine Hand auf seinen Mund um weitere Schluchzer zu unterdrücken. „Ist schon gut", flüsterte Tae beruhigend und knetete seine Schulter. 

„Oh Gott...", schluchzte Yoongi. „Es... es tut mir leid...", fügte er hinzu, wischte sich seine Tränen mit dem Ärmel weg und versuchte sich wieder zu fangen. „Was tut dir leid? Dass du dich in Jimin verliebt hast? Daran kannst du doch gar nichts ändern", sagte Tae und lächelte ihn ermutigend an. 

„Ich habe schon seit einem Jahr Gefühle für Jimin", sagte Yoongi und wäre fast wieder in Tränen ausgebrochen. Tae sah ihn verwundert an. „Seit einem Jahr? Und du sagst nichts? Mir ist es erst vor ein paar Wochen aufgefallen, wie du ihn ansiehst." 

Yoongi wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht und zog die Nase hoch. „Was sollte ich denn schon sagen? Meine Gefühle haben mich selbst verwirrt. Ich habe anfangs versucht sie zu unterdrücken, vor ihnen wegzulaufen und ihnen keine Beachtung zu schenken. Aber es geht nicht mehr. Ich kann nicht mehr davor weglaufen. Ich bin machtlos gegen sie, denn sie sind einfach zu stark. Ich liebe ihn, Tae", Yoongi schaute seinen Freund an und seine Augen füllten sich erneut mit Tränen. 

„Vielleicht solltest du mit ihm sprechen", meinte Tae, doch Yoongi schüttelte langsam den Kopf. „Ich wüsste gar nicht, wie ich es ihm sagen soll. Ich meine, in meinen Gedanken bin ich diesen Moment schon so oft durchgegangen. In meinen Gedanken habe ich ihm schon tausendmal meine Liebe gestanden. Aber ich glaube nicht, dass er es hören will. Oder sonst irgendjemand." 

„Wie kannst du dir da so sicher sein?", fragte Tae. „Ich bin mir sicher, glaub mir. Er liebt mich sicher nicht", erwiderte Yoongi und zog mehrmals die Nase hoch, „ich glaube sogar, dass er mich seit letzter Nacht hasst", fügte er hinzu. 

„Was auch immer passiert ist, ich denke ihr solltet wenigstens darüber reden. Zumindest eure Freundschaft sollte daran nicht zerbrechen. Außerdem wird es unvermeidlich sein, dass ihr euch aus dem Weg geht. Ihr seid schließlich ebenfalls BTS." Tae hatte Recht. Irgendwann wären sie gezwungen, miteinander zu reden. Jimin konnte ihn nicht auf ewig ignorieren. 

„Rede mit ihm. Er ist auf eurem Zimmer", sagte Tae und sie standen gemeinsam auf. Tae ging zurück zu den anderen, während Yoongi sich auf den Weg zu seinem Zimmer machte.