12. Ich tue alles, was du willst

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Endlich war es vorbei und sie hatten den Rest des Tages Freizeit. Die anderen verließen die Schwimmhalle. Nur Yoongi schwamm auf dem Rücken liegend auf der Wasseroberfläche und starrte an die geflieste Decke. Es war wieder still um ihn herum. 

Er genoss diese Momente, in denen er einfach nur eine Weile leise sein konnte und niemandem zuhören oder etwas erzählen musste. Er war noch nie ein Mann vieler Worte gewesen, weshalb ihn viele für kalt und abweisend hielten. Yoongi war introvertiert. Dabei würde er noch nicht mal sagen, dass er wirklich schüchtern sei, nein, es lag ihm einfach nicht Unterhaltungen zu führen. Mit Jimin war es da allerdings anders. Mit ihm hatte er schon schlaflose Nächte verbracht und bis es hell wurde geredet. 

Jimin.. da war er also wieder in seinem Kopf. Yoongi tauchte unter und ließ sich frei im Wasser treiben. Dann tauchte er vor bis zum Beckenrand und kletterte mit einem Schwung aus dem Wasser. Er beschloss noch kurz die Sauna zu besuchen, um noch ein klein wenig die Einsamkeit genießen und seinen Gedanken in Ruhe nachhängen zu können. 

Er zog seinen Bademantel an und betrat die Sauna. Als er die Tür schloss und sich einen Platz aussuchen wollte, zuckte er zusammen. Jimin saß allein in der Sauna und blickte ihn überrascht an. 

„Oh, ich... e-es tut mir leid, ich dachte hier sei niemand... ich meine ich bin dir nicht gefolgt oder so.. ich wollte auch hier rein und dann warst du zufällig da und ich... also...", stammelte Yoongi und Jimin unterbrach ihn: „Ist schon gut. Es ist alles gut.." Yoongi nickte unbeholfen und setzte sich in ausreichendem Abstand zu dem Blonden hin. 

Sofort fuhr sein Blick wieder vorsichtig in Jimins Richtung. Jimin trug ebenfalls einen weißen Bademantel, der einen gewagten Blick auf seine Brust freigab. Er hatte seinen Kopf hinten an der Wand angelehnt und die Augen geschlossen. Auf seiner Stirn glitzerten Schweißperlen und Yoongi konnte sehen, wie eine einzelne an seiner Schläfe herabrollte, weiter über seine Wange, an seinem Hals entlang und dann in seinem Ausschnitt verschwand. 

Yoongi schluckte hart, ließ den Kopf ebenfalls nach hinten gegen die Wand fallen und schloss die Augen: „Oh Gott...", entfuhr es ihm leise und er biss sich auf die Unterlippe. Jimin räusperte sich und Yoongi blickte in seine Richtung. Ihre Blicke trafen sich. 

Der Jüngere leckte sich nervös über die Lippen und öffnete den Mund. Er sagte nichts und Yoongi kam es so vor, als suche er nach Worten. „Wie geht's dir?", fragte Yoongi. Etwas besseres fiel ihm nicht ein aber es war eine Frage, dessen Antwort ihn wirklich interessierte. Jimin sah ihn leicht verschreckt an, als sei es absolut undenkbar, dass Yoongi ihn ansprach. „Ganz okay...", antwortete er dann und blickte scheu auf den kleinen Saunaofen in der Mitte. 

Seine Wangen waren gerötet, was allerdings der Hitze im Raum zuzuschreiben war. Jimins Haut war mit Schweiß bedeckt und es sah aus, als würde er leuchten. Yoongis Augen wanderten über Jimins Körper. In Gedanken berührte er seine feuchte Haut und küsste ihm die Schweißperlen von der Stirn. Schnell verscheuchte er den Gedanken. Er würde diese Gelegenheit nutzen, um mit Jimin endlich über den Vorfall zu reden, ihm klar zu machen, dass es nicht mehr vorkäme und von ihrer Freundschaft zu retten, was noch zu retten war. 

„Jimin, ich wollte..." „Ist schon gut!", unterbrach Jimin ihn. Seine Stimme klang leicht gereizt und Yoongi verletzte sein Tonfall irgendwie. „Ich wollte nur sagen, dass es mir leid tut", beendete er seinen Satz dennoch und wartete auf eine Reaktion. Jimin sah ihn nicht an, sondern fuhr sich mit der Hand über sein schweißnasses Gesicht. Yoongi wartete eine zeitlang ab, doch Jimin starrte immer noch geradeaus auf die dampfenden Steine. 

„Ich wünsche mir nur... dass alles wieder so ist, wie vorher..", fügte Yoongi hinzu und blickte Jimin erwartungsvoll an. Jimin regte sich ein wenig und presste die Lippen aufeinander. Er legte seine Arme um sich selbst, als müsse er sich vor irgendetwas beschützen, dann seufzte er leise. „Jimin, bitte sag doch irgendwas", sagte Yoongi sanft. Diese Ungewissheit machte ihn einfach wahnsinnig. Er hätte in diesem Moment auch Frieden schließen können, hätte Jimin gesagt, dass er ihn nie mehr wiedersehen wolle. 

„Ehm.. Yoongi...", sagte Jimin leise und Yoongi merkte, dass seine Stimme zitterte. Mit offenem Mund starrte er ihn an. Jimin blickte ihm in die Augen, die glasig wirkten. Gerade als Yoongi sich fragte, ob er wohl weinen würde, atmete Jimin hörbar aus und Tränen liefen über seine Wangen. 

Yoongi wusste nicht wie ihm geschah, doch ohne zu zögern oder darüber nachzudenken was er tat, ging er auf Jimin zu und kniete sich neben ihn. Instinktiv nahm er Jimins Hand in seine und hielt sie nah an sein Kinn. „Ich wollte dir nicht weh tun..", sagte Yoongi und kämpfte nun selbst mit den Tränen. Jimin biss sich auf die Unterlippe und versuchte verbissen, die Tränen, die ohnehin schon seine Wangen bedeckten zurückzuhalten. 

Er sah ihn an und Yoongi fühlte sich einfach nur furchtbar. Er würde alles dafür tun, dass Jimin wieder glücklich war. Er ertrug es einfach nicht, Jimin, der sonst immer so fröhlich war, traurig zu sehen. Yoongi spielte mit dem Gedanken ihn in die Arme zu schließen, doch er hielt sich zurück. Stattdessen hielt er Jimins Hand in seiner und mit der anderen wischte er vorsichtig eine einzelne Träne auf seiner Wange weg. 

Jimin schloss die Augen bei seiner Berührung und schluchzte leise. Dann zog er die Augenbrauen zusammen und weinte noch mehr. Yoongi war seinem Gesicht ganz nah. Würde Jimin die Augen öffnen, könnte Yoongi Gefahr laufen, sich in ihnen zu verlieren. Und das tat er auch. Jimin öffnete seine Augen und sie sahen sich an. 

Yoongis Hand ruhte immer noch an Jimins Wange und sein Blick wanderte zu seinen Lippen. Diese wundervollen weichen Lippen, die absolut verboten für ihn waren. Yoongi atmete tief ein und sein Gesicht näherte sich langsam Jimins. Dieser wich allerdings nicht zurück, sondern beobachtete ihn einfach nur. Yoongi strich über seine nasse Wange und schloss die Augen. „Es tut mit so leid... ich kann nichts dagegen tun, Jimin. Ich...", Yoongi stockte, ließ seine Hand sinken und anschließend seinen Kopf. „Was meinst du, du kannst nichts dagegen tun?", wollte Jimin wissen. 

Yoongi kniff fest die Augen zusammen und blickte nicht auf. Er konnte ihm nicht mehr weiter in die Augen sehen. Er hielt immer noch seine Hand. Er hoffte Jimin würde sie nicht loslassen, denn das war alles, was ihm in diesem Moment Kraft und Halt gab. Yoongi wusste, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, um Jimin zu sagen, wie er für ihn empfand. Er musste diesen Augenblick nutzen, um diesen Krieg, den er innerlich seit Monaten mit sich selber führte, zu beenden und endlich Frieden zu finden. 

„Jimin, ich muss dir etwas sagen. Etwas, was ich schon viel zu lange mit mir herumtrage", Yoongi hielt inne und sah Jimin in die Augen, der ihn gebannt ansah, „aber ich muss es dir sagen, denn diese Gefühle sind so stark, dass ich den Kampf gegen sie nicht gewinnen kann. Ich kapituliere..", er schnaufte kurz bevor er fortfuhr, „Jimin, ich habe Gefühle für dich entwickelt. Gefühle, die weit über Freundschaft oder Familie hinausgehen. Was ich dir sagen will ist, dass... ich mich in dich verliebt habe und ich weiß, dass das nicht sein dürfte. Aber es fing vor einem Jahr an und es ist einfach passiert. Sag mir einfach nur, was ich tun soll, damit alles wieder so ist wie vorher. Ich tue alles was du willst...", hauchte Yoongi und schloss die Augen. Eine Zeit lang herrschte Stille, die Yoongi nutzte, um seine Gefühle und Gedanken zu ordnen, die sich in ein komplettes Chaos verwandelt hatten.

„Ich glaube nicht, dass alles jemals wieder so sein wird, wie es vorher war...", hörte er Jimin sagen und er erschrak innerlich so sehr, dass er für einen kurzen Moment dachte, jemand würde ihm den Boden unter den Füßen wegziehen. Damit hatte er um ehrlich zu sein nicht gerechnet. Für einen kurzen Moment hielt er den Atem an. 

„Warum nicht..?", sagte er dann leise und mit tränenerstickter Stimme. Jimin blickte zur Seite. "Yoongi, bitte... ich kann nicht... ich...", dann stand er auf und verließ die Sauna. Yoongi saß auf dem Boden und starrte auf den leeren Platz vor ihm. Alles war viel schlimmer, als er geahnt hatte. Was er getan hatte, war noch nicht mal mehr zu entschuldigen. 

Das war also das Ende ihrer Freundschaft. Von einem heftigen Schmerz überwältigt, fasste Yoongi sich an die Brust und ließ seinen Tränen freien Lauf. Er umschlang seine Beine und zog diese an seinen Oberkörper. In dieser Position verharrte er und gab sich vollkommen seinem Schmerz hin. 


I know - you know --- YoonminМесто, где живут истории. Откройте их для себя