Riesiger Thronsaal und mickrige Zelle

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Wirklich wieder zurück bin ich erst, als die große Tür hinter uns in das Schloss fällt. Ich zucke zusammen und blicke mich blinzelnd um. Eine riesige Eingangshalle. Bilder an den Seiten. In den Zwischenräumen der dunkelgrauen Steine, kann man die leuchtende Lava erkennen. Zumindest am Boden. Am Ende der großen Halle steht so etwas wie... ein Thron. Auch dieser ist mit diesen Lavafäden durchzogen. Das kann ich selbst auf die Entfernung sehen. Aber sonst ist nichts. Kein Untergebener. Kein Leben. Kein Tod. Nur Zalgo, eine Reihe an komischen Bildern an den Wänden, der Thron und ich. Und hin und wieder ein paar Türen.

Erst jetzt fällt mir etwas ein. Oder mehrere Dinge. Ich habe fünf Gegenstände in den beiden großen Jackentaschen. Mein Autoschlüssel mit Haustürschlüssel für meine Wohnung und das Haus meiner Eltern, meinen Geldbeutel, mein Handy, meine Kopfhörer und... die geladene Waffe. Irgendwie muss ich es schaffen, alles durch zu schmuggeln. Ist die Frage, ob Zalgo mich durchsuchen wird, oder nicht. Ich fürchte schon. Wie verstecke ich die Waffe am besten? Oder wäre der Schlüsselbund besser? Oder das Handy? Aber Empfang werde ich nicht haben, oder doch? Das wäre zu krass, wenn ich wirklich hier Empfang hätte. Das... das wäre... wow.

Während Zalgo weiter die Halle hinunter geht, schweigend und ich mich umsehe, lasse ich gleichzeitig mein Hirn rattern, was denn jetzt am wichtigsten wäre. Kopfhörer kommen ganz hinten hin. Wobei... man diese als Waffe benutzen könnte. Schön um den Hals geschlungen... Aber dafür bräuchte ich einen menschlichen Gegner. Keinen... was genau ist Zalgo eigentlich? Ein Wesen... aber nicht ansatzweise menschlich. Fällt vielleicht einfach in die gleiche Kategorie wie Slenderman. Plötzlich bleibt er stehen. Ich drehe meinen Kopf zu ihm und sehe zu ihm hoch. Was hat er denn jetzt? Seine roten Augen gehen zu mir und mir wird wieder ein wenig kalt.

"Wie sehr willst du sterben." Eine einfache Frage. Eine einfache Frage, die eine einfache Antwort bekommen sollte. Aber... es ist alles andere als einfach. "Wuat.", bringe ich perplex hervor und Zalgo hebt mich vor ihn. "Wie sehr willst du sterben.", wiederholt er und ich lege meinen Kopf schief. In meinem Kopf wiederhole ich wieder nur eines. Wuat. "Es... Ich... ehm..." Zögerlich suche ich nach Worten, die meinen momentanen Zustand beschreiben könnten. "Also... Jetzt gerade? Nein... In Zukunft? Nein... Durch irgendwas, was ich nicht beeinflussen kann? Nein..." Bei jedem 'Nein', schüttle ich leicht meinen Kopf und kann ihn nicht aus meinem Blickfeld lassen.

Ich neige meinen Schädel von rechts nach links. "Generell... wäre ich so rein theoretisch fürs Leben. Also. Wenn du nichts dagegen hast und mich... nun ja... lässt.", bringe ich raus und Zalgo's Augen werden schmal, ehe er nickt. Keine Antwort kommt von ihm. Nichts. Wieder läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken und es schüttelt mich sogar. Dabei schließe ich meine Augen und als ich diese wieder öffne, sind wie wo anders. Keine offene und große Halle mehr. Keine Bilder an den Wänden. Kein Thron. Fackeln an den Seiten. Eng. Ich drehe meinen Kopf und kann Gitterstäbe sehen.

Verwirrt runzle ich die Stirn. "Ich hätte dir deinen Todeswunsch erfüllt, Menschlein. Aber du willst leben. Also wirst du hier leben.", knurrt Zalgo und ich werde wie ein Stück Abfall auf den Boden geworfen. Unter schmerzen rolle ich ein wenig und höre gleichzeitig, wie die Tür in das Schloss fällt. "Du hast keine Fähigkeiten. Niemanden, der dir helfen wird. Ein normaler Käfig wird für ein unscheinbares Mäuschen wie dich ausreichen.", gibt er von sich und ich kann gerade noch so aufsehen, ehe Zalgo wieder verschwindet. Still bleibe ich halb auf dem Boden liegen. Bewege mich erst einmal nicht mehr.

Nur meine Augen inspizieren alles. Im Schein der Fackel wäre normalerweise kaum etwas auszumachen. Doch dank Slendermans Nachtsichtkamera, die er in meine Augen eingebaut hat, kann ich ein wenig mehr sehen. Doch Hoffnung gibt es mir nicht. Die dunkelgrauen Steine sind alt. Etwas dunkles ist auf den Steinen. Sieht aus wie Flüssigkeit und ich gehe anhand der hier vorherrschenden negativen Stimmen davon aus, dass es Blut oder eine andere Körperflüssigkeit ist. Hoffentlich Blut. An den Wänden sind Kratzer zu erkennen. Sie sehen aber aus, währen sie mit verschiedenen kleinen Steinen eingeritzt worden. Denn wer oder was hätte genügend...

Okay. Ich sollte das lassen. Ich habe erst heute von Nin, Unzi und diesen kleinen Drecksviechern gehört, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Und ich habe einen Bechal getroffen. Ich sollte mich also nicht wundern, wenn diese Kratzer vielleicht durch Krallen entstanden sind. Aber wer oder was wurde hier festgehalten? Und wieso? Langsam stehe ich auf und klopfe mir den Dreck weitestgehend von der Kleidung. Die Zelle in der ich gelandet bin... ist nicht groß. Ich schätze, dass ich eineinhalb mal hier rein passe... Also ca zwei auf zwei Meter. Gibt schlimmeres. Und ich muss zugeben, dass es ja einigermaßen sauber gehalten ist.

Für eine Zelle bei einem der mächtigsten Creepypasta ist das hier glaube ich sogar ziemlich human. Den Umständen entsprechend. Zwar gibt es keine Pritsche oder dieses Klischeehafte Stroh, aber auf dem Boden schlafen sollte gehen. Und ich habe wahrscheinlich viel Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Ich trete bis an die Gitterstäbe heran, umfasse sie und sehe an ihnen hoch und runter. Sie sind im Stein eingelassen. Ein einfaches rütteln reicht aus um zu merken, dass sich über die wahrscheinlich lange Zeit nichts gelockert hat, in der sie schon diese Zelle begrenzen. Und die Tür knacken? Ich habe keine Ahnung, wie das im praktischen funktioniert.

Zwei innere Gedanken prallen aufeinander. Der eine, der hier unbedingt raus will. Zurück zu Tim. Zurück zu meinen Eltern. Zu meinen Brüdern. Zu dem nervigen Arbeitsleben! Und der andere der weiß, dass ich hier verloren bin, wenn ich keinen konkreten Plan habe. Wenn ich nicht weiß, WIE ich von hier verschwinden kann. Durch ein Portal oder sonstiges. Und sollte mein Ausbruch bemerkt worden sein und die merken, dass ich weg bin BEVOR ich wirklich aus dieser... ich nenne es einmal Dimension geflohen und in Sicherheit bin, dann bin ich tot. Dann werde ich gejagt. Erbarmungslos. Und wahrscheinlich von Zalgo persönlich hingerichtet. 

The lost friend 2Where stories live. Discover now