Kätzchen

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"ICH SCHWÖRE BEI ALLEM DAS MIR HEILIG IST! MACHST DU DAS, BRING ICH DICH UM!", brüllt Jeff mehr als nur angefressen herum und starrt mich aus blutunterlaufenen und roten Augen an. Ich grinse. "Viel Spaß dabei.", erwidere ich gelassen und mache das, wovor er mich gewarnt hat. Ich... kaufe die Hotels für die Schlossalee und die Parkstraße. BEN sitzt neben mir und hält sich eine Hand vor den Mund. Krümmt sich nach vorn und versucht unter allen Umständen, nicht los zu lachen. Sally sitzt mit ihrem Teddy vor dem Spielbrett und versteht die Welt nicht mehr. Und ich grinse breit.

Slenderman liegt auf der Couch, nachdem er von irgendwo her gekommen ist und seufzt in unser aller Gedanken. Ich hätte Monopoly verbannen sollen. Da regt man sich so leicht auf. Jeff dreht blitzschnell seinen Oberkörper um. "Wage es ja nicht, alter Mann!", knurrt er und widmet sich wieder uns. Wir sitzen vor der Couch auf dem Boden. Das Spielbrett mit dem Geld auf dem Couchtisch. Und jeder von uns vieren an einer Seite des Tisches. Wir warten alle gespannt auf den Wurf der Würfel von Jeff. Denn er steht vor meinen Hotels. BEN und ich sehen uns an und ich schüttle leicht den Kopf. Die Würfel soll er nicht manipulieren.

Mit einem klackern fallen die Würfel und ich presse meine Lippen aufeinander. So fest es geht. Beiße mir auf die Innenseite meiner Wangen, damit ich nicht los pruste. Jeff holt tief Luft und sieht mich an. "Alex... ich BRING DICH UM!", brüllt er und will sich auf mich stürzen, während ich wahrscheinlich eher am Lachen sterben würde, als an Jeff. Mitten im Sprung wird der schwarzhaarige zurück gehalten. Das Geld, das Spielbrett, die Figuren und der Tisch sind aber schon halb auf mich gefallen. Aber kein Problem. Das ist ja leicht, das Zeug.

"Das glaube ich kaum, Woods.", knurrt eine bekannte Stimme und ich sehe auf. Und sofort breitet sich ein grinsen auf meinem Gesicht aus. "Tim! Du bist wieder da!", rufe ich fröhlich, stelle den Tisch wieder hin, stehe auf und falle dem braunhaarigen um den Hals. Er lässt Jeff los und legt seine Arme um mich. Es tut gut, ihn wieder bei mir zu haben. In der Nacht hat er wirklich gefehlt. Ich lasse ihn wieder los und bekomme einen kurzen Kuss, nach dem ich mich zugegebenermaßen ebenfalls gesehnt habe. "Na? Hast du mich vermisst?", fragt er und ich nicke.

Auch er lässt mich los. "Drohst du ihr noch einmal, fange ich mit den Drohungen an, klar?", brummt er in Richtung Jeff, doch ich winke ab. "Ach komm. Das war nicht ernst gemeint. Wenn Jeff was ernst meint, hat er nen anderen Blick drauf. Alles gut.", beruhige ich ihn und trotzdem sieht er warnend zu Jeff, ehe er sich meine Hand schnappt und mich hinter sich her die Treppe hoch zieht. Stumm bringt er mich in sein Zimmer, macht die Tür hinter sich zu, nimmt mich hoch, legt mich auf das Bett legt sich neben mich und presst sich schon fast an mich.

Etwas perplex sehe ich ihn an, ehe ich schmunzle, mich zu ihm drehe und ihm eine Strähne aus seinem Gesicht streiche. "Na? Hast du mich vermisst?", wiederhole ich flüsternd seine Worte und auch er nickt, ehe seinen Kopf an meinen legt. Langsam fahre ich mit meinen Fingern unterhalb seiner Jacke über seinen Rücken, nachdem ich sein Gesicht wieder in Ruhe gelassen habe. Ohne Muster. Und ohne Zeitdruck. "Meine Eltern meinten, dass sie dich schon vermissen.", flüstere ich und beginne ihm leise und ohne Hast das zu erzählen, was in der Zeit passiert ist, als er nicht da war.

Nach einer weile, ich bin noch nicht ganz fertig, spüre ich die gleichmäßige und tiefe Atmung. Höre leise Schnarchgeräusche. Aber ich kann nicht liegen bleiben. Ich muss aufs Klo. Also winde ich mich vorsichtig aus seinen Armen heraus und gehe bei ihm einfach aufs Klo. Die Spülung ist meiner Meinung nach viel zu laut. Der Wasserhahn auch. Aber trotzdem benutze ich beides und als ich aus dem Bad gehe sehe ich, dass Tim wieder wach ist. "Tut mir leid. Hab ich dich geweckt?", frage ich und er antwortet nichts. Seufzend scheuche ich ihn vom Kopfende ein wenig weg.

Brummend macht er das und ich lege mich auf den Rücken. Tim legt sich sofort auf mich, sein Kopf auf meinen Brüsten. Seine Arme links und rechts herunter hängend. Während ich ihm durch seine Haare fahre und seinen Nacken ein wenig kraule, ist er schon wieder eingeschlafen. Lächelnd sehe ich auf ihn. Diesmal ist ER wie ein Kätzchen. Wenn ich daran denke, dass der Kerl hier eigentlich nur auf mich aufpassen sollte... Ich hole mein Handy raus und mache ein paar Fotos für meinen eigenen kleinen Fotorordner. Nur mit Bildern von Tim. Schlafend. Essend. In allen Emotionslagen. Aber meistens auf mir drauf liegend. Und ich bin die glücklichste Person, die es gibt.

"Wehe du schickst die Bilder irgendwann mal an jemanden.", brummt Tim plötzlich und ich zucke zusammen. "H-Hast du nicht geschlafen?", frage ich überrascht und er dreht seinen Kopf so, dass er in mein Gesicht sehen kann. "Als ob ich jetzt im Moment schlafen könnte. Erstens bringt mir das liegen hier nur wieder die größte Latte der Welt ein und zweitens bin ich endlich mal wieder seit einer Woche entspannt.", erwidert er und ich merke, wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Das Handy nimmt er aus meiner Hand und legt es weg.

Richtet sich ein wenig auf und sieht von oben zu mir herab. "Und ich bin dafür, dass du etwas gegen meinen Zustand unternimmst. Wenn du ihn mir schon so dermaßen an den Hals hetzt.", meint er und schmunzelt leicht. "Ach..." Ich fange ebenfalls an, zu schmunzeln. "Jetzt bin ich wieder Schuld an allem." Tim's Hand streicht an meinem Kinn entlang. "Zumindest was den Drang zum Vögeln angeht. Ja. Da bist du die einzige Schuldige, die ich je in meinem Leben haben will.", raunt er mir zu und versiegelt meinen Mund mit seinem. Sollte ich nicht...? Ach egal. Die anderen werden schon ohne mich zurecht kommen. Jetzt wartet etwas wichtigeres.

The lost friend 2Where stories live. Discover now