Kapitel 2: Hillriver

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Die Holzplanken des langen Stegs, über den man Hillriver erreichen konnte, knarrten unter den schweren Schritten seiner Stiefel. Inzwischen war es Nachmittag geworden. Sein Weg nach Hillriver war problemlos verlaufen.

Hillriver war ein Dorf, dass die Menschen aus der Vorkriegszeit auf Stegen errichtet hatten. Die einzelnen Häuser waren über diese verbunden und boten den früheren Bewohnern dieser Gegend sicherlich eine reiche Ausbeute an Meerestieren und eine außergewöhnliche Lebensweise. In diesen Tagen nutzen die Bewohner des Dorfes die Stege vor allem zur Verteidigung.

Es waren die langen Läufe von zehn Jagdgewehren, die hinter Barrikaden auf dem Steg hervorschauten und Schatten willkommen hießen.

„Sieh einer an!", das runde Gesicht des Dorfältesten Wilhelm lugte zwischen den Barrikaden hervor. Der dickbäuchige Mann trat lachend auf Schatten zu, während dieser die Holzplanken unter Wilhelms Füßen beäugte und sich um deren Stabilität sorgte.

„Schatten, willkommen!" Wilhelm war ein alter, aber freundlicher Mann. Früher hat er Schatten und seinen Wächterbrüdern oft Geschichten von vor dem Krieger erzählt. Es gab nicht viele, die so weit zurückdenken konnten, wie Wilhelm.

„Wir haben Schüsse gehört", sagte Wilhelm und seine Gesichtszüge verdüsterten sich, „was ist passiert?" 

Schatten berichtete von den Vorfällen der vergangenen Nacht, Wilhelm und die anderen Bewohner waren schockiert.

„Hol Mond", sagte Wilhelm leise zu seiner Frau, die ihren ebenfalls rundlichen Körper in Bewegung setzte.

„Was wollten sie bei dir?", fragte Wilhelm.

Schatten erklärte, dass sie nichts gestohlen hatten, außer Zaira.

„Du denkst also, sie wollen dich in eine Falle locken?", fragte der Dicke.

„Vielleicht, vielleicht auch nicht", beantwortete Mond, der gerade hinzugetreten war, die Frage für ihn, „wer weiß schon, was sie mit ihr wollen. Mit ihr und mit Rukof."

Fragend blickte Schatten zu seinem Wächterbruder. Mond hatte eine weniger agile Körperform als Schatten, er war ein Nahkämpfer. Stark und ausdauernd. So hatte jeder seiner Stärken. Wie es fast immer der Fall war, trug er auch heute seine blaue Weste, in deren Taschen viel Platz für allerlei Nützliches war. Schatten hingegen reiste lieber mit leichtem Gepäck.

Mond erklärte: „Rukof haben sie auch. Es war im Wald, wir haben gejagt und plötzlich hat ihn etwas in die Tiefe gerissen. Ich habe noch Krieger der Redrocks gesehen, habe ihre Spur aber verloren."

„Wann ist das passiert?", fragte Schatten.

„Gestern, kurz vor den Schüssen", lautete die Antwort.

„Wir brauchen ein Boot", sagte Schatten und erklärte, dass die größte Aussicht auf Erfolg in einer Reise nach Neverforth besteht.

„Das denke ich auch, wir sollten keine Zeit mehr verlieren", pflichtete Mond ihm bei.

Wilhelm nickte: „Nun gut, wie ihr meint. Was braucht ihr noch?"

„Genügend Proviant für zwei Wochen und Waffen", antwortete Mond. 

Die Unterstützung durch die Freilebenden war für Wächter selbstverständlich. Wieder nickte Wilhelm, drehte sich um und ging voran. Gemeinsam schritten sie über die Stege, die unter dem Gewicht der vielen Leute, und vor allem unter dem Wilhelms, stark schwankten. Sie erreichten ein recht großes Haus, das wohl ein Lagerraum war.

„Nehmt euch, was ihr brauchen könnt. Wir halten hier die Stellung, solange ihr weg seid", der dicke Mann sprach beinahe schon militärisch. Schatten musste deswegen grinsen. Nachdem sie das Lagerhaus betreten hatten, wurde sein Grinsen noch breiter. Er sah sich einer Auswahl an Waffen gegenüber und stellte sich bei jeder Einzelnen die verschiedensten Möglichkeiten zur Hinrichtung seiner Feinde vor. Er war zufrieden.

Mond, der schon seit vielen Jahren für den Nahkampf eine große Spaltaxt bevorzugte, kombinierte seine Wahl noch mit einer kleinen Pistole, für kritische Momente. Während er begann, einen Rucksack mit Konservendosen zu beladen, begutachtete Schatten weiterhin die Waffen. Schatten entdeckte ein Katana, dass ihm für brenzlige Nahkampfsituationen gut gefallen würde. Kombiniert mit dem Messer und seinem Scharfschützengewehr, fühlte er sich gut vorbereitet.

Derartig bewaffnet, verließen sie das Gebäude und gingen auf das östliche Ende Hillrivers zu, wo Boote an Tauen festgeschnürt waren

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Derartig bewaffnet, verließen sie das Gebäude und gingen auf das östliche Ende Hillrivers zu, wo Boote an Tauen festgeschnürt waren.

Eine junge Frau trat hinzu und hielt Mond am Arm fest: „Du verlässt uns?", fragte sie.

„Ja, ich habe keine andere Wahl", er legte seine beiden Hände auf ihre Arme und blickte sie an, „Cori, ich verspreche dir, ich werde bald wieder da sein."

Sie nickte, mit Tränen in den Augen.

Schatten, der im Boot wartete, schnaubte verächtlich aus. Partnerschaften und Liebesbeziehungen waren für Wächter strengstens untersagt. „Gefühle vergiften den Verstand", hatte Schattens Ausbilder immer gesagt. Ein Wächter sollte sein Leben ganz der Sicherheit der Freilebenden widmen.

Mond stieg ins Boot und blickte zu seiner Partnerin hoch, bevor die Taue gelöst wurden und Schatten sie vom Steg abstieß.

Zairas SchattenWhere stories live. Discover now