06.12.2019: 13:36 Uhr

33 4 1
                                    

Als ich heute die Cafeteria betrat, wusste ich ehrlich gesagt nicht wirklich, was ich machen sollte. Madelyns gestrige Gesten der Aufmerksamkeit waren eine unerwartete Überraschung und ich war mir unschlüssig, wie ich das interpretieren sollte. Mochte sie mich jetzt schon auf freundschaftliche Art und Weise? Wenn ja, dann war sie ziemlich schnell damit vorgegangen. Schneller als ich selbst. Bei mir brauchte es mindestens drei Monate, bis ich alles von mir preisgab und davon überzeugt war, dass mich XY nicht im Stich lässt, sondern wirklich mag.

"Hi..." "Hi." Für eine kurze Weile standen Rae und ich uns stumm gegenüber, bevor die Schwarzhaarige...Moment mal. War sie beim Friseur gewesen? Hatte sie ihren schwarzen Haaren einen bläulichen Schimmer verliehen? Als Rae meine Blicke bemerkte, strich sie mit einem nervösen Lächeln die Haare zurück. "Sieht's gut aus? Ich war mir erst nicht hundertprozentig sicher, ob ich grün oder blau nehmen sollte." Ich legte den Kopf schief und betrachtete sie genauer. Nein, sah eigentlich gut aus. Aber vorerst sprach ich meine Gedanken nicht laut aus, sondern beschloss, sie etwas auf die Folter zu spannen. "Was hat denn die Entscheidung beeinflusst?" Fragte ich, während ich mich mit verschränkten Armen gegen die geflieste Wand lehnte. Ich passte auf, dass ich dabei nicht die Kunstwerke, die die Rollstuhlgruppe gestern dorthin gemalt hatte, berührte und außerhalb des eingezäunten Bereichs, auf dessen Bodenfläche immer noch ein graues, mit bunten Flecken übersätes FIlztuch lag, blieb. 

"Blau ist meine Lieblingsfarbe." Erklärte Rae lächelnd. "Blau steht für mich für Treue, aber auch für Freiheit, da man die Farbe auch im Meer und den Himmel vorfinden kann." "Du weißt schon, dass der Himmel sich im Wasser spiegelt und das Meer dadurch blau aussieht, oder?" Erwiderte ich frech grinsend. "Besserwisser." Grummelte Rae leise, bevor sie beide Arme vor der Brust verschränkte. "Dann eben..." "Schlümpfe?" "Wie bitte?" Schelmisch schmunzelnd wiederholte ich meine Frage: "Haben die Schlümpfe dich zu deiner Haarfarbe inspiriert? Wolltest du Schlumpfine werden?" Rae rollte gespielt genervt mit ihren Augen, während sich ein Lächeln auf ihren Lippen breitmachte. Und wieder die Grübchen zeigte. Warte...verdammt, wieso fand ich das charmant? Ha! Meine Gedanken reimten sich! Mussten wohl die Auswirkungen von diesem Taubenlesezirkel gewesen sein, der im selben Stockwerk, in dem ich auch mein Zimmer hatte, gestern durchgeführt. Wer sich ausgerechnet Faust von Goethe ausgesucht hatte, war eine dieser vielen Fragen, die ich nach dem Nachmittag hatte. Und warum gerade dieses Buch? Die Handlung war schräg wie sonst was. Ich hatte nicht viel von Emilias großer Schwester Doyeon, die gerade das Abitur machte, mitbekommen müssen, um zu wissen, dass ich diese Schullektüre niemals freiwillig in meiner Freizeit lesen würde. 

"Wenn ich ein Schlumpf wäre, dann eher Papa Schlumpf! Und ich habe keine blauen Haare, das ist nur blauer Schimmer!" "Dann nennen wir es halt blau-schwarz. Abgemacht?" Ich hielt Rae mit einem versöhnlichen Lächeln meine Hand hin, die sie gleich nahm und grinste. "Abgemacht." "Wieso eigentlich Papa Schlumpf?" Zu meiner Überraschung legte mir der Tomboy seine Hand auf die Schulter und zog mich zu sich heran. Es bestanden nur wenige Zentimeter Unterschied zwischen unserem früheren und unserem jetzigen Abstand voneinander und doch hatte ich das Gefühl, der Sanitäterin viel näher zu sein, als zuvor. Ihr Gesicht zumindest, die blauen frech aufblitzenden Augen und...hatte sie ein Muttermal? Erst jetzt fiel mir auf, dass sich in der Nähe ihrer rechten Augenbraue eine Ansammlung von Tupfen befanden, die zusammen wie ein Pfotenabdruck einer Katze aussahen. Es fiel mich schwer, nach der Entdeckung nicht gleich zu lächeln. Süß. Ihre dunkelroten Lippen bewegten sich quälend langsam, während Raelyn ihre Antwort gab: "Wegen meinem Beschützerinstinkt. Ich bin nicht umsonst Sanitäter. Griechische Gottheiten sollten das wissen." Als ob die ungewohnte Nähe nicht schon genug war, warf sie mir auch noch ein kurzes, aber deutliches Zwinkern zu, bevor sie sich mit einem "Ich muss mal los, die Pflicht ruft! Bye!" verabschiedet hatte.

Mich ließ Rae komplett sprachlos zurück. Erst nach ein paar Sekunden hatte ich mich wieder aus meiner Starre befreit und ging in Richtung Warteschlange für das Frühstück. Während ich mir Müsli in eine Schüssel füllte, dachte ich nochmal intensiv über das, was jetzt eben geschehen war, nach. Hatte sie...hatte Raelyn gerade wirklich mit mir geflirtet? Oder war das einfach ihre Art? Die letzten paar Momente, die wir miteinander verbracht hatten, von unserem ersten Treffen bis hin zum gemeinsamen Essen in der Cafeteria letzten Abend hin hatte ich gedacht, dass sie einfache zu der Art Mensch gehörte, die andere gerne neckten und herumscherzten. Jetzt war ich mir damit allerdings nicht mehr sicher. 

Sie wusste doch, dass ich eine "Freundin" hatte, oder? Rae hatte bei der Fahrt ins Krankenhaus alle Daten gesammelt, unter anderem diesen bedeutenden Fakt. Okay, nein, Fakt konnte man das nicht nennen, es war einfach nur eine selbst gebastelte Lüge. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, breitete sich Panik in mir aus. Was, wenn Rae bereits gemerkt hatte, dass Madelyn und ich das nur vorspielten? Zeigte sie sich dadurch, dass sie es nicht auffliegen ließ, solidarisch? War sie ein Unterstützer der LGBT Community oder selbst ein Teil davon? So viel wie ich von ihren anzüglichen Bemerkungen verstanden hatte, eher Letzteres. Okayyyy...

Das war eine weitere Situation, bei der ich nicht wusste, wie ich mit ihr umgehen sollte. Ich fühlte mich geschmeichelt, aber ich war desinteressiert an...jemandem freundlichen mit einem charismatischen Lächeln und Grübchen? Der zudem noch ziemlich gut aussah? Alles klar. Das war eine weitere Sache, die ich in den fetten, großzügig befüllten Ordner mit dem Namen "Ich bin mir unsicher, ob..." stopfen konnte. Mittlerweile müsste der ja schon nahe am Platzen sein. Aber eine Sache bereitete mir besonders Kopfschmerzen: Nicht nur Madelyn, sondern offenbar auch  jetzt Rae wussten, woher mein Spitzname kam. Und die Karte, die zum Schokoschneemann dazugehörte, sprach mich mit "griechische Göttin" an, aber es war kein Name des Absenders zu sehen. Jetzt kam die entscheidende Frage: Wer hatte den Schneemann vor meine Zimmertür gestellt? Rae oder Madelyn? Madelyn oder Rae?

-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

A/N: Jetzt will ich mal eure ehrliche Meinung hören: Wen shippt ihr mehr?

Rae und Styx? Oder Madelyn und Styx? Stimmt mal ab und ich entscheide spontan, was passiert ;)

- Alyson_Raventhorn

Chegaste ao fim dos capítulos publicados.

⏰ Última atualização: Mar 26, 2020 ⏰

Adiciona esta história à tua Biblioteca para receberes notificações de novos capítulos!

Dezemberwind (GirlxGirl)Onde as histórias ganham vida. Descobre agora