Kapitel 1

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Wie schwer kann es denn bitte sein, für eine Uni-Absolventin einen Job zu finden? Meine Antwort: schwer. Ich hasse einfach manchmal mein Leben. Zum einen dieser schreckliche Name Jane Austen Johnson, ich meine wieso tut eine Mutter sowas seiner Tochter an. Zum anderen ist die heutige Gesellschaft so darauf bezogen, wie jemand aussieht und was für Marken man trägt. Nur weil ich blond bin, heißt dass ja nicht, dass ich diese typischen Klischees gegenüber Blonden erfülle.

Auch heute war die Jobsuche wieder nicht erfolgreich und so langsam sagt mir mein inneres Ich, dass ich vielleicht doch zu meinen Eltern zurück gehen sollte. Doch ich bin nicht der Mensch, welcher sich in eine Rolle zwängen lässt und bei, meiner Meinung nach, unnötigen Veranstaltungen einfach nur dasitzt und schön lächelt. Ja, Jane Austen Johnson war schon immer ein Rebell, angefangen in der Schule bis hin zum Kurs an der Universität, wo der Professor froh war, wenn ich mal nicht da war. Genau aus diesem Grund haben mich meine Eltern nie verstanden und deswegen auch den Kontakt sehr stark eingeschränkt. Das Einzige, was ich von Ihnen mal höre oder sehe ist, wenn sie mir ein kleines Taschengeld überweisen. Und wer jetzt denkt: Sie bekommt doch genug Geld von Mami und Papi, da brauch sie doch keinen Job. Der täuscht sich gewaltig. Diese Summe reicht, um meine Miete zu zahlen und irgendwie etwas essen zu können. Mehr ist nicht drin. Doch genug von dieser mieserablen Familienbeziehung und zurück mit den Gedanken ins richtige, momentane Leben. Denn nur das Hier und Jetzt ist wirklich wichtig.

Auf dem Heimweg von einem kleinen Zeitungsverlag, merke ich, dass ich so in Gedanken versunken war, dass ich doch glatt meine Station verpasst habe und nun den Weg zurück laufen kann. In solchen Momenten verfluche ich einfach alles. Egal, frische Luft kann nicht schaden und solange es nicht in Eimern zu regnen beginnt, ist alles gut. 

Mich umschauend laufe ich in eine kleine Gasse, welche als gute Abkürzung sehr hilfreich ist und ich mittlerweile in und auswendig kenne. In diesem Moment beim Einbiegen sehe ich ein großes schwarzes Auto und mehrere Männer in dunkler Kleidung. Die Personen stehen in einem Halbkreis und vor ihnen steht scheinbar ein weiterer Mann, der jedoch älter aussieht. Etwas schwarzes blitzt auf und wenige Sekunden später sinkt der eingekreiste Mann in sich zusammen, gegen die Mauer. Scheiße, was ist da los?  Mein inneres Ich schreit mich an, dass ich sofort verschwinden soll und einfach nichts wie weg hier. Doch ich höre nicht auf die innere Stimme, sondern bleibe stillschweigend an der Ecke stehen und warte einige Minuten. Nachdem nichts mehr zuhören ist, schaue ich vorsichtig um die Ecke und sehe, dass nur noch der Zusammengesunkene da ist. Die anderen sind mit dem schwarzen Auto abgehauen. 

Langsam bewege ich mich in dessen Richtung. Immer mit einem Blick in der Umgebung schweifend. Nicht, dass ich plötzlich von denen überrascht werde und als nächstes so ende. Beim Mann angekommen, hocke ich mich vor diesen und versuche einen Puls zu tasten, welcher nur noch sehr schwer vorhanden ist. Beim näheren Betrachten fällt mir auf, dass aus seinem Bauch sehr viel Blut fließt und er seine Hände nur noch leicht raufgedrückt hält. Aus einem Reflex heraus drücke ich auch rauf, um so stärkeren Druck auf die Schusswunde auszuüben. 

Der Mann, welchen ich auf Anfang beziehungswiese Mitte  50 schätze, schaut mich mit seinen grauen Augen an und flüstert etwas. "Sie müssen ruhig bleiben." sage ich möglichst ruhig zu ihm. Mit dem Hintergedanken, dass er gerade im sterben liegt, bei so viel Blut kann nicht mal mehr ein Arzt helfen. "FBI...Agent...Korrupt für...Terroristen...keinem Vetrauen" bringt er stotternd raus und das war auch das Letzte. Ich taste vorsichtig nach seinem Puls, doch es ist keiner vorhanden. Folglich nehme ich meine Hände von der Wunde und wische sie an meiner schwarzen Strickjacke ab. Scheiße in was bin ich hier reingeraten?  Die Jacke ist mir in diesem Moment vollkommen egal, denn vor wenigen Sekunden wurde vor meinen Augen erschossen und ist in meinem Beisein gestorben. 

Fluchend nehme ich mein Handy heraus und wähle 911. Nach kurzem Klingeln  wird auch schon abgenommen. "911, wie kann ich ihnen helfen?" fragt eine freundliche Dame. Mist, was sage ich jetzt? schießt es mir durch den Kopf. "Hallo? Sind sie noch dran?" ertönt wieder die Stimme. Ich entscheide mich zu antworten. "Hallo, emm, hier wurde gerade jemand erschossen." bringe ich stotternd vor. Vielleicht war es doch keine gute Idee anzurufen. Die Dame reißt mich aus meinen Gedanken: "Madam wo genau befinden sie sich und gibt es noch weitere Opfer?" Panisch schaue ich mich um. "Nein hier ist keiner weiter. Das ist Ecke Thirststreet Richtung Bahnhof." Ich stoße meinen angehaltenen Atem aus und höre gespannt was nun gesagt wird. "Gut Madam, ich habe Leute zu ihnen geschickt. Bleiben Sie bitte vor Ort, die Kollegen treffen gleich ein." Von weitem höre ich schon Sirenen. "Emm, danke" sage ich nur noch und lege auf. Wenn die Polizisten mich mit blutigen Händen erwischen, dann stehe ich sofort im Verdacht. Also fasse ich den wahrscheinlich dümmsten Endschluss, ich verschwinde. 

Beim Wegrennen fällt mir wieder ein, was der Mann gesagt hatte. "Das FBI ist korrupt? Scheiße, in was für einen Mist bin ich hier nur reingerutscht?" spreche ich leise zu mir. Angekommen an der Straße fahren mehrere Polizeiwagen an mir vorbei, doch keiner von denen beachtet mich. Ich ziehe die Strickjacke aus und stopfe sie schnell in meinen Rucksack. Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, wie ich sie loswerde, denn sauber werde ich die nie wieder bekommen. Schade, es war eines meiner Lieblingsteile aber nun gut, es geht nicht anderes. Immer wieder spukt das bleiche Gesicht des Mannes und seine Worte in meinem Kopf herum. Ich ertappe mich dabei, wie ich daran denke, dass ich vielleicht zurück gehen sollte. Aber es geht nicht, weil ich einfach so schon verdächtig wäre und dann durch das Verschwinden sowieso. Immer wieder umherschauend schaue ich mich um, damit ich mir sicher bin, dass ich nicht verfolgt werde oder die Polizei hinter mir her ist. In meinem Kopf ist soviel los, dass ich garnicht klar denken kann, wie dieses Geschehen nun weitergeht. Innerlich sage ich mir immer wieder, dass ich nicht mehr daran denken darf und sonst noch durchdrehe.

Zuhause angekommen renne ich sofort ins Bad und wasche meine Hände, damit das restliche Blut endlich verschwindet. Schweren Herzens schmeiße ich meine Jacke in die Badewanne und zünde diese kurz darauf an. Die Asche spüle ich dann so gut es geht im Abfluss herunter. Dieser ganze verfluchte Tag macht sich in meinen Knochen mittlerweile bemerkbar. Deswegen ziehe ich mich schnell um und schmeiße mich dann aufs Bett, in der Hoffnung Ruhe zu finden und schlafen zu können. Ich bekomme schon nicht mehr mit, dass ein schwarzer Transporter auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht und mich beziehungsweise meine Wohnungen beobachtet.

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