Kapitel 2

52 7 3
                                    

Die Traumwelt wollte mich diese Nacht nicht wirklich willkommen heißen und so war es kein Wunder, dass ich am nächsten Morgen aussah wie ein Zombie. Die ganze Nacht über habe ich immer wieder den fremden Mann vor mir gesehen und dessen Worte gelauscht. Sollte ich mich vielleicht ans FBI wenden? Immerhin hat er davon gesprochen, aber wenn es wahr ist, was der Typ gesagt hat, dann bringt das FBI auch nichts. schreit meine innere Stimme verzweifelt. Planlos was ich nun machen soll, gehe ich ins Bad und mache mich fertig. Anschließend schnappe ich mir eine Schüssel und esse schnell Müsli. 

Es wird mal wieder Zeit, dass ich bei meinem Lieblingscafe vorbei schaue, immerhin war ich seit Ewigkeiten nicht mehr da. Ich beschließe den Weg per Fuß zu gehen, da das Wetter laut meiner App heute gut sein soll. Ich meine, wer mag nicht Sonnenschein und 23 Grad. Vorsichtshalber nehme ich mir eine Jacke mit, denn das Wetter hier in New York kann auch mal schnell umschwenken. Als mir einfällt, dass ich meine Strickjacke gestern verbrannt habe, kommt wieder das unwohle Gefühl vor. Schnell schnappe ich mir meine Jeansjacke und packe in meinen Rucksack sicherheitshalber noch eine kurze Hose und ein Top ein, denn manchmal helfe ich Frank spontan im Cafe aus. Nachdem alles verstaut ist, nehme ich mein Handy und den Wohnungsschlüssel und schließe zu. Mal sehen, was der Tag heute bereit hält.

Auf der Straße schaue ich mich mehrmals um, bevor ich den Weg Richtung 'Cakecoffee-Cafe' antrete. Der Vorfall gestern lässt mich wirklich paranoid werden. Währenddem laufen, schaue ich immer wieder unauffällig durch die Umgebung, doch so wirklich fällt mir nichts auf. Ich entschließe mich, im Internet nach Nachrichten zu schauen und werde prompt fündig. Dem Artikel der Times kann ich nichts entnehmen, was darauf schließen lässt, dass die Beamten etwas von mir wissen. Weiter unten entdecke ich, dass das NYPD den Fall scheinbar ans FBI abgegeben hat, da der Ermordete scheinbar ein Agent war. Mist, in was für eine Scheiße bin ich hier nur reingeraten?  frage ich mich in Gedanken und merke nicht, wie ich mitten aufm Bürgersteig stehen bleibe. Immer noch auf mein Handy starrend, werde ich von jemanden angerempelt. Jetzt schaue ich aus meiner Schockstarre auf und kann aber keinen mehr entdecken. Schnell packe ich mein Handy weg und laufe weiter Richtung Cafe.  

Mein Gehirn kann diese Paranoia einfach nicht lassen und folglich schaue ich mich immer wieder um. Ein schwarzes Auto fällt mir auf, aber als ich länger hinschaue, biegt dieses ab. Okay, einfach nur eingebildet, schalte ich mich in Gedanken. Schon von wenigen Metern erkenne ich Frank's Cafe, was daran liegt, dass zum einen ein herrlicher Kuchenduft aus dem Laden herausströmt und zum anderen weil das farbenfrohe Schild sofort die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Entschlossen gehe ich weiter zum Laden. Der Kuchengeruch wird immer stärker und als ich schließlich durch die Tür eintrete, werde ich vollends eingehüllt. 

Frank kommt vom Tresen hervor und zieht mich in eine Umarmung. "Na, wie geht es meiner liebsten Jane heute?" fragt mich der alte Herr lächelnd, nach dem wir uns gelöst haben. Ich lächle ihn an und sage dann, dass es mir gut geht. Frank ist für mich wie ein Ersatzvater, er kennt meine Familiengeschichte und veurteilt mich nicht. Wenn er könnte würde er mich einstellen, doch er hat schon genug Personal, was ich ihm aber nicht übel nehme. "Frank ich wollte fragen, ob du heute zufällig Hilfe brauchst" beginne ich mit dem eigentlichen Grund meines Erscheinens. Seine Miene ändert sich und er schüttelt mit dem Kopf. "Tut mir leid Jane, aber heute sind alle da." Verstehend nicke ich zu ihm. Dennoch liebe ich die Atmosphäre in dem Laden, welcher jetzt um die Mittagszeit zunehmends voller wird. "Frank, ich würde mich trotzdem gerne hinsetzen, wenn es für dich okay ist?" frage ich, wissend, dass er mir nichts abschlagen kann. "Klar doch." sagt er lächelnd. Nickend setze ich mich in die Ecke am Schaufenster. Mein Blick schweift nach draußen und ich entdecke auf der gegenüberliegenden Seite wieder das schwarze Auto. Unwohlsein steigt in mir auf. 

Als ein Teller mit Strawberry-Cheesecake vor mir auftaucht und ein Latte Machiato schaue ich in Franks lächelndes Gesicht. "Ach Frank, du weißt einfach, wie du mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern kannst. Danke" sage ich lächelnd und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Jetzt widme ich mich dem besten Cheesecake der Stadt und schaue immer wieder umher. Der schwarze Chevrolet steht immernoch da, aber durch die getönten Scheiben kann man nicht erkennen, ob jemand drin sitzt oder nicht. Meinen Blick abwendend schaue ich mich im Laden um und erkenne einen Mann, welcher Mitte 30 sein muss und dunkelblondes Haar trägt. Er kommt auf mich zu und deutet auf den freien Platz mir gegenüber. "Er ist frei sie können sich gerne hinsetzen." sage ich möglichst freundlich und wende meinen Blick wieder auf den Chevrolet, während ich meinen Latte Macchiato austrinke.

"Haben Sie das von dem ermordeten Mann gehört, welcher einfach da liegengelassen wurde?" fragt der Mann mich jetzt und erreicht somit, dass er meine Aufmerksamkeit hat. Mein Puls beschleunigt sich zunehmends und schaue unsicher zu ihm auf. "Hmm, ich hab davon vorhin gelesen. Ich hätte nicht gedacht, dass sowas in diesem Stadtteil passiert." sage ich und hoffe, dass das Zittern meiner Stimme nicht zu merken ist. Schnell schaue ich wieder raus und sehe, wie ein dunkelhäutiger Mann am Fenster des Chevrolets steht und sich mit dem Fahrer unterhält. Beim genaueren Hinsehen fällt mir auf, dass scheinbar eine zweite Person noch mit im Auto sitzt. Außerdem bemerke ich, wie mein unbekannter Sitznachbar hin und wieder zum Auto schaut und der Dunkelhäutige seinen Blick manchmal kurz auf das Cafe richtet. Mein eigentlich fast wieder ruhiger Herzschlag geht wieder hoch und ich habe das Gefühl, dass ich mein Herz bis in die Ohren hören kann. 

Unterm Tisch ziehe ich mein Handy hervor und checke die Uhrzeit. Was? Ich sitze hier schon fast anderthalb Stunden? stellt meine innere Stimme schockiert fest. Ich räume alles zusammen, setze meinen Rucksack auf und sammle mein Geschirr ein. "Schönen Tag noch!" sage ich freundlich zu meinem Sitznachbarn gegenüber, was dieser erwiedert. 

Umgehend bringe ich den Teller und das Glas zur Geschirrablage und wende mich Frank zu. "Wieviel schulde ich dir Frank?" schaue ich den alten Herr fragend an. Der hebt die Hände abwinkend. "Geht aufs Haus Jane, in der Hoffnung, dass du bald wieder vorbei schaust." Lächelnd umarme ich den alten Mann und verlasse winkend den Laden. "Danke Frank" sage ich noch und schon bin ich wieder an der frischen Luft. Mein Blick schweift umgehend zu dem schwarzen Auto, welches immernoch da steht. Mit dem Gefühl beobachtet zu werden, laufe ich den Weg entlang. Ich bekomme nicht mehr mit, wie das Auto wendet und mein Sitznachbar ebenfalls aus dem Cafe kommt und in genau dieses Auto steigt.



InvolvedWhere stories live. Discover now