❦ Kapitel 6

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Als ich am nächsten Morgen durch den Haupteingang der Highschool laufe, bemerke ich die schaulustigen Blicke meiner Mitschüler sofort, die mich auf dem Weg zu meinem Spind verfolgen. Ich versuche, sie so gut es geht auszublenden und mir nichts dabei zu denken, obwohl ich ganz genau weiß, warum sie starren.

Sie haben durch irgendjemanden mitbekommen, was gestern passiert ist und das enttäuscht mich um ehrlich zu sein, denn ich habe gehofft, dass es zumindest nicht an die große Glocke gehangen wird und Adam und Kilian sich damit nicht unter Druck gesetzt fühlen, und vielleicht doch nochmal in Ruhe mit einander reden könnten.

Doch diese Hoffnung ist nun zerplatzt.

Wahrscheinlich weiß schon die gesamte Schule von der »Prügelei«, wenn man es denn überhaupt so nennen kann, und wahrscheinlich auch von dem Grund. Und allein die Tatsache, dass sie nun wissen, was auf der Party passiert ist, bringt mich dazu, die Luft anzuhalten.

Leicht benommen öffne ich meinen Spind und greife nach meinem Englischbuch, um es gleich darauf in meine Tasche zu stopfen. Ich vertiefe mich so in den Stundenplan, der an meiner Spindtür hängt, dass ich gar nicht merke, als sich eine Person zu mir gesellt. Umso heftiger schrecke ich aus meiner Konzentration, als diese plötzlich zu sprechen beginnt.

»Du siehst nicht sehr gut aus. Zu wenig Schlaf gehabt?«, Luna lehnt sich gegen den Spind, der sich neben meinem befindet und ihr scheinen die ganzen Blicke, die auf uns kleben, nichts auszumachen, wofür ich sie in diesem Moment wirklich beneide.

Doch sobald ihre Worte so richtig zu mir durchsickern, kann ich nicht anders, als kurz die Augen zu schließen, tief Luft zu holen und dann meinen Spind nicht gerade leise zu schließen. »Danke für das nette Kompliment.«

Luna grinst belustigt, doch wird schnell wieder ernst, als sie meinen Gesichtsausdruck sieht. Sie legt mir mitfühlend die Hand auf die Schulter und beginnt dann einwenig leiser, »Du weißt, wie ich das meine. Nach dem, was ich mitbekommen habe, mache ich mir einfach Sorgen.« Nun wechselt ihr Blick zum neugierigen über. »Stimmt es denn überhaupt, dass Adam und Kilian sich geprügelt haben?«

Innerlich stöhne ich genervt auf, denn auch wenn ich Luna wirklich mag und weiß, dass sie es nicht böse meint, kenne ich sie. Sie ist und bleibt die größte Tratschtante unserer Schule und sie würde es wirklich schwerhaben, die Klappe zu halten, weswegen ich mich auch dagegen entscheide, auf ihre Frage einzugehen.

»Tut mir leid, aber ich muss jetzt wirklich los. Wir reden ein andermal«, erkläre ich kurzgebunden und bin erleichtert, als sie einfach nur nickt.

Für einen Moment fühle ich mich einwenig schlecht, da ich sie nicht traurig machen oder abfüttern wollte, aber ich kann und möchte einfach nicht über dieses Thema sprechen. Ich will es möglichst schnell vergessen, denn die Tatsache, dass Adam nun wahrscheinlich nie wieder ein Wort mit Kilian sprechen wird, zerfrisst mich innerlich.

Sie waren beste Freunde, verdammt.
Viel mehr als das...

Kilian war sowas wie ein Bruder für Adam. Sie kennen sich schon ihr ganzes Leben lang, sind durch dick und dünn gegangen. Das kann doch nicht einfach so vergessen sein, wegen eines bescheuerten Zwischenfalls.

Ich muss das einfach wieder in Ordnung bringen. Egal wie ich das anstelle, ich muss einfach.

Vorher werde ich keine Ruhe finden...

Wie aufs Stichwort erblicke ich Kilian, der gerade um die Ecke gelaufen kommt. Sein Blick haftet auf seinem Handy, weswegen ich die Chance ergreife und auf ihn zusteuere. Doch als er einen Moment später den Blick hebt und mich erkennt, schießen seine Brauen zusammen und er hält inne. Ich stocke ebenso für einen Moment, denn nun habe ich freie Sicht auf sein Gesicht und meine Augen bleiben wie von alleine auf dem Verband um seine Nase hängen, die wirklich übel aussieht. Man erkennt, wie geschwollen sie ist und auch sonst sieht er einfach nur schlimm aus.

Ich öffne den Mund, als Kilian sich genau im selben Moment umdreht und einfach verschwinden möchte. Doch ich lasse ihm noch nicht einmal die Chance zu flüchten, denn verdammt, er soll nicht wütend auf mich sein. Es reicht schon, wenn ich mir selbst Vorwürfe mache.

»Stehen bleiben, Ashton!«, rufe ich und laufe das Stück zu ihm rüber. Als ich merke, dass er nicht auf mich hört, greife ich schnell nach seinem Arm, um ihn zum stehenbleiben zu zwingen, was klappt, denn er dreht sich geladen zu mir um und reist seinen Arm aus meiner Berührung.

»Scheiße, lass mich in Ruhe, Madison«, zischt er wütend und will sich gerade wieder wegdrehen, doch ich denke noch nicht einmal daran, ihn jetzt einfach so gehen zu lassen.

Hastig laufe ich nach vorne und stelle mich ihm in den Weg.

Genervt hält er erneut inne. »Scheiße, was willst du?«

Ich räuspere mich leise. »Bitte... lass uns sprechen. Es tut mir leid, dass ich Adam erzählt habe, was passiert ist. Aber ich musste einfach. Ich wollte nicht, dass eure Freundschaft daran kaputt geht! Das war wirklich nicht mein Ziel, deshalb-«

»Natürlich war das dein Ziel«, unterbricht mich Kilian barsch und bringt mich dazu, verdattert den Mund zu öffnen.

Wie von selbst schüttle ich den Kopf. »Nein, das war nicht mein Ziel. Auch wenn das für dich so rüberkam, ich hab das nicht gesagt, um dir eine Strafe zu erteilen oder sonst was. Ich hatte einfach keine andere Wahl, als die Wahrheit zu sagen. Und es war sowieso an der Zeit, denn ich hasse es, Geheimnisse vor Adam zu haben und das solltest du eigentlich genauso sehen!«

Kilian sieht mich einige Sekunden aus verengten Augen an, ehe er schnaubend antwortet: »War ja klar, dass du mir mal wieder nur Vorwürfe machen willst. Aber das war nicht nur meine Schuld. Schließlich hättest du Adam von Anfang an die Wahrheit sagen können. Niemand hat dich davon abgehalten.« Kilian sieht mich an und schüttelt dann schwach den Kopf und wirkt dabei sogar einwenig enttäuscht. »Im Nachhinein denke ich sogar, es wäre besser gewesen, wenn du es ihm sofort gesagt hättest. Ich meine, was hat es dir gebracht, es ausgerechnet jetzt zu sagen?«

Schuldbewusst senke ich den Blick und versuche irgendeine Antwort oder Rechtfertigung auf sein Gesagtes zu finden, doch mein Gehirn weigert sich strickt dagegen. Denn ich weiß, dass Kilian recht hat. Ich hätte es Adam sofort sagen müssen. Nicht mitten in der Schule und schon garnicht vor seinen anderen Kollegen. Das war einfach nicht richtig von mir.

»Es tut mir leid...«, seufze ich deshalb nur und scheine damit mehr zu erreichen, als ich dachte, denn Kilian's Züge werden entgegen meiner Erwartung sanfter.

»Habe ich das gerade richtig verstanden? Madison Smith entschuldigt sich bei mir?«

Ich kann nicht anders, als schwach zu lächeln. »Kann sein.«

»Das gefällt mir.« Kilian grinst, doch verzieht dann das Gesicht vor Schmerzen. »Daran muss ich mich noch gewöhnen.«

Ich bringe nur ein halbes Lächeln zu Stande, denn er tut mir noch immer unglaublich leid. »Nochmals sorry, Kilian.«

Kilian sieht einige Sekunden zu mir, ehe er abwinkt. »Kein Problem. Das habe ich irgendwo ja doch verdient. Aber ich möchte, dass du mit Adam redest und ihn irgendwie dazu bringst, mir zu verzeihen. Ich brauche meinen Kumpel zurück, denn ohne ihn ist die Schule noch unerträglicher als sonst.«

Gott, wenn das nur so einfach wäre...

»Ich werde mein Bestes geben. Aber ich kann dir leider nichts versprechen. Du kennst Adam... Er muss von alleine auf dich zukommen. Nur dann bringt es etwas.«

Kilian hebt die Hand und bringt mich damit zum innehalten. »Ja, ich kenne Adam. Und deshalb weiß ich auch, dass er niemals freiwillig auf mich zukommen würde. Nach dieser Sache... nein, dass wird er sicher nicht. Genau deshalb musst du mir ja auch helfen. Und ich möchte keine Widerworte hören, sonst kannst du deine Entschuldigung gleich wieder vergessen.«

Meine Augen weiten sich. »Aber... aber... wie soll ich das machen?«

»Ach, du wirst dir schon irgendwas einfallen lassen.« Mit diesen Worten und einem letzten süffisanten Grinsen, klopft er mir aufmunternd auf die Schulter, läuft dann an mir vorbei und lässt mich total überfordert im Korridor zurück.

Na danke auch, Kilian.


A/N:

Hellooo Kinnassss🤍

Lasst mir gerne Motivation und Feedback zum Kapitel da, würde mich freuen.

Wir lesen uns dann beim nächsten Kapitel wieder,
xx

Taste of RevengeWhere stories live. Discover now