Der Schneesturm der sich heute morgen auf der Arbeit schon anbahnte war draußen nun im vollen Gange. Es wurde natürlich früh dunkel und es war rattenkalt, weshalb ich mindestens zwei Decken und dicke Socken brauchte, um nicht im Wohnzimmer vor dem Fernseher zu zittern. So ein richtiges Schluddelwetter also. Ob wohl die Heizungen ausgefallen waren? Ich war viel zu müde um nachzusehen und schon längst tief auf dem Sofa eingeschlummert, mit vollem Magen und relativ zufrieden, da schlangen sich von hinten zwei Arme um meinen Körper. Erst dachte ich, es zu träumen, bis sogar Marcos Geruch in meine Nase stieg. Ich machte ein freudiges Geräusch: "Was machst du denn schon hier?" fragte ich verschlafen. Marco drückte glücklich einen Kuss auf meinen Haaransatz. Seine Hände streichelten behutsam über meinen Bauch. Man, fühlte sich das gut an ihn wieder hier zu haben. "Der Schneesturm wäre so schlimm geworden, dass es eine Reisewarnung gegeben hätte und die Flugzeuge nicht mehr hier in Deutschland gelandet wären. Deshalb sind wir direkt los geflogen, zwei Tage früher als gedacht." erklärte er müde und kuschelte seinen Kopf von hinten in meine Halsbeuge. Ich nickte kaum merkbar, musste erstmal richtig wach werden um das alles zu realisieren. "Sag mal, warum ist es so kalt hier?" fragte Marco plötzlich hellwach und schaute sich im Wohnzimmer um: "Hast du die Heizung bei so einem Wetter nicht angestellt?" Ich rieb mir noch im Halbschlaf die Augen und setzte mich zu ihm auf. Müde lehnte ich mich an die Sofalehne hinter mir und versuchte mich an das grelle Licht zu gewöhnen, das Marco angeschaltet hatte. Was, es war erst sechs? "Äh" stotterte ich: "Ich habe versucht sie anzustellen" ich zeigte auf dieses dämliche Home-Tablet, dass seit dem Marco das Haus vor einem Jahr mit neuem technischen Schnick-Schnack ausstattete, das halbe Haus unter seiner Macht stehen hatte. "Also entweder ich bin eine totale Niete was die Technik angeht oder das Teil ist kaputt." murmelte ich nur und hob verteidigend meine Hände. Marco griff nach dem Tablet und legte einen Arm um mich, als er sich auch zurück lehnte. "Das kann doch nicht einfach so kaputt sein." schimpfte er vor sich her und drückte die verschiedensten Knöpfe auf dem Touchpad. Ich hörte beim zehnten Mal auf zu zählen wie oft das Licht an- und wieder ausging dabei. Dann kratzte Marco sich an seinem Hinterkopf: "Mist! Ich glaube die Heizung ist echt kaputt." murmelte er, circa eine viertel Stunde später. Ich verdrehte meine Augen und legte die zwei Sofadecken über unsere Beine: "Ach wirklich Sherlock?" murmelte ich leise und warf einen Blick auf mein Smartphone, während Marco immer noch sein Glück auf dem Teil versuchte. "Das heißt? Wartet ihr mit dem Training bis der Sturm vorbei ist, ode-" Er unterbrach mich: "Warum hast du denn so schlechte Laune?" fragte er verwundert. Ich fühlte mich ertappt und räusperte mich. Welchen Vorwand konnte ich mir jetzt wieder einfallen lassen? "Ich weiß nicht. Mich nervt dein Technikwahn was dieses Haus angeht. Mit normalen Drehknöpfen wäre das nicht passiert, oder? Außerdem hat dieser Karmin da mal normal funktioniert, jetzt wird er nur animiert. Der hätte jetzt wenigstens das Haus aufheizen können." motzte ich drauf los und zeigte auf den Kamin, über dem der Fernsehr hing. Marco war sichtlich irritiert und in mir schlich sich natürlich sofort das schlechte Gewissen ein. Vielleicht waren die Schwangerschaftshormone teilschuldig an meiner miesen Laune momentan. "Du fandest das alles doch okay, als ich dich damals gefragt habe?" murmelte er, immer noch irritiert. "Ja ich weiß, sorry ich bin einfach nur müde. Ich freue mich trotzdem, dass du wieder da bist." ich drückte ihm einen entschuldigenden Begrüßungskuss auf die Lippen. Er schaute mich prüfend an und ließ dann zu meinem Glück davon ab, mich weiter auszuquetschen. "Wie geht es dir und unserem Kind?" fragte er daraufhin besorgt. Ich grinste: "Passt alles. Mein Date mit der Kloschüssel ist nur noch für jeden zweiten Morgen angesetzt." Marco schmunzelte und schmiss das Tablet auf den Couchtisch, nur um seine Arme danach um mich zu schlingen. Er drückte einen liebevollen Kuss auf meine Schläfe und streichelte über meine Haare. In mir breitete sich so langsam wieder die Zufriedenheit aus und ich versuchte den Klinsch mit Ann-Kathrin zu verdrängen. "Das Training findet übrigens erstmal statt. Mal sehen wie es morgen aussieht.","Verstehe" murmelte ich und war schon fast wieder eingeschlafen, wäre da nicht dieses doofe Zittern. Mir war unglaublich kalt. Das konnte doch nicht sein, dass gerade während so eines Sturms unsere Heizung ausfiel. Wie oft gab es so einen Schneesturm in Deutschland? Alle 29 Jahre? Marco stand plötzlich ächzend auf und mit ihm ging auch seine Körperwärme. "Was machst du?" fragte ich schmollend. "Ich hole die Wärmeflasche von oben!" hörte ich nur aus dem Flur. Grinsend ließ ich mich wieder in die Kissen sinken. Als ich das nächste Mal auf mein Smartphone blickte, blinkte mir ein verpasster Anruf von Mats entgegen. Ich überlegte kurz, ob ich ihn zurückrufen sollte, aber ließ das Teil doch auf die Kissen nieder sinken und sah meinem Mann lieber dabei zu, wie er Wasser für die Wärmeflasche aufkochen ließ. Es war mit Sicherheit ohnehin nichts besonderes, weshalb er mich anrief und Lust mit ihm zu sprechen hatte ich auch nicht. "Wir können hier bei der Kälte eigentlich nicht über Nacht bleiben." sagte er besorgt, als er mir die Wärmeflasche in die Hand drückte und sich wieder neben mir nieder ließ. Sofort rutschte ich näher an ihn heran und kuschelte mich an seine Brust: "Wo sollen wir denn hin?" fragte ich sarkastisch. Ich hatte nicht vor zu gehen, geschweige denn woanders die Nacht zu verbringen und dachte eigentlich, Marco würde das genauso sehen. "Ich rufe einfach Mario an und frage ihn ob wir, bis ich mich morgen um einen Installateur bemüht habe, deren Gästezimmer in Beschlag nehmen dürfen.","Nein!" grätschte ich ihm dazwischen. Oh man, wie sollte ich ihm das denn nur erklären? "Wieso nicht?" fragte Marco verwundert und lächelte mich amüsiert an, so als hätte ich einen Spaß gemacht: "Naja" begann ich langgezogen zu stammeln: "Weil ich einfach hier bleiben möchte. In meinem Bett, in meinem Haus." stammelte ich weiter. Das kaufte er mir doch niemals ab. Er sah mich schon wieder so prüfend an. Marco lachte laut auf: "Wirklich? Du hörst dich an wie eine alte Frau, die ins Altenheim gehen soll, aber nicht will." Ich presste meine Lippen aufeinander. Wenn ich mir vorstellte jetzt Ann-Kathrin entgegentreten zu müssen wusste ich, dass die Fetzen fliegen würden. Besonders nach unserem Telefonat bei dem ich einfach so aufgelegt habe. Aber sie verstand auch nicht, warum ich nichts von Cathy hielt und, warum ich verdammt nochmal keinen Babydesignerladen betreten wollte oder konnte. Vor allem nicht mit Cathy. Mein Puls war schon wieder auf 180. Normalerweise würde ich jetzt vorschlagen Mats zu fragen, aber genau das fiel nun auch flach, eben wieder durch Cathy. Die versaute mir aber auch echt jeden Tag und nicht nur den, sondern auch das Verhältnis zu meinem Cousin. Das war ja wie eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera oder zusammen mit dem kalten Haus eine Entscheidung zwischen Pest, Cholera und Ebola. Da würde ich mich natürlich liebend gerne für Ebola entscheiden, Heilmittel hin oder her. Hauptsache ich konnte hier in meinen eigenen vier Wänden bleiben. Ich war doch nicht Plemplem. "Ja wirklich. Das ist doch romantisch. Es gibt doch auch andere Wege, damit uns wieder warm wird." Ich wackelte mit meinen Augenbrauen. Meine Ausrede war doch ultimativ und vor allem kaum auszuschlagen. Auch Marco begann plötzlich frech zu grinsen. Zum Glück konnte ich ihn überreden hier zu bleiben. Kaum auszudenken, was eine Konfrontation zwischen mir und Ann ausgelöst hätte, oder ich war einfach ein Schisser und kindisch. Ja, vielleicht war es eher das. Wozu sollte das denn bloß noch führen?

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Optimistin
RandomNachdem Bella und Marco ihre turbulente Beziehung mit einer wunderschönen Hochzeit gekrönt haben, scheinen sich mehr oder weniger kleine Probleme in ihre Ehe einzuschleichen. Er verdrängt sie, sie jedoch kämpft um ihre große Liebe und ein Kind? Das...