Cathy kam den ganzen Abend nicht wieder zurück. Mats schien super besorgt, sagte den ganzen Abend kein Wort mehr und ich fühlte mich schlecht. Ich war immerhin kein Mensch, der jemand anderen vergraulen wollte. Cathy und ich hatten schließlich auch unsere guten Zeiten, wie zum Beispiel damals als ich mit bei Mats und ihr in München für ein paar Wochen gelebt hatte. Wir konnten uns damals immer über Gott und die Welt unterhalten. Das war erst dann umgeschwankt, als sie Mats betrog. Von einem Tag auf den anderen hatte ich kein Wort mehr mit ihr gewechselt. Vielleicht war genau das auch ein Fehler von mir aber ich stand zu der Zeit einfach zu Mats und war so für ihn da, wie er es immer für mich war. Ich war loyal ihm gegenüber und das bereute ich auch nie. Nein. Ich schüttelte meinen Kopf, das alles war weder mein Bier noch meine Schuld. Ich sollte aufhören, diese Gedanken zu zulassen. Überhaupt sollte ich mich mehr um mich sorgen und um meine eigenen Probleme, anstatt mir wieder die der anderen aufzukarren.
Dieser Plan ging nur nicht auf.
Denn drei Tage später waren die letzten Spätfolgen des Schneesturms endlich beseitigt. Es war zwar immer noch kalt, aber es hatte sich ausgeschneit. Die Straßen waren wieder frei und enteist. Ich kam gerade vom Brötchen holen wieder, als der Heizungsinstallateur endlich seinen weg zu uns gefunden hat. Gleich müssten Marco und ich in Brackel aufkreuzen. Das war ja wieder das perfekte Timing um einen Mechaniker im Haus zu haben. "Dann fällt das Frühstück wohl flach." bemerkte ich, als ich meinen Ehemann in der Küche antraf. Er zog seine rechte Augenbraue hoch und rümpfte die Nase: "Besser das Frühstück fällt flach, als das Schlafen in unserem eigenen Haus. Du bist schließlich schwanger, da solltest du keine Grippe bekommen." bemerkte er. Ich runzelte meine Stirn: "Nur weil ich schwanger bin, bin ich doch nicht krank oder anfällig für Krankheiten." stellte ich klar. Marco grinste: "Besser nur schwanger, als schwanger und krank." sagte er bloß daraufhin und brachte mich damit ein wenig zum schmunzeln. Beherzt griff ich daraufhin in die Brötchentüte und angelte meine Laugenecke da raus, bevor ich beherzt hinein biss. Marco verschwand gleichzeitig in den Keller, um den Handwerker zu unterstützen, obwohl er natürlich keine Ahnung davon hatte, was dieser dort veranstaltete. So waren sie eben, die Männer. Ahnungslos lies ich mich auf einen der Barhocker fallen die vor unserer Küchentheke standen, als mein Smartphone sich aufdringlich bemerkbar machte. "Cathy ist immer noch nicht wieder da." sagte Mats außer Atem, unmittelbar nachdem ich auf den grünen Hörer gedrückt hatte. "Wie nicht wieder da?" fragte ich mit vollem Mund und verschluckte mich vor lauter trockenem Laugenbrötchen in meinem Mund. "Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich habe in München bei ihren Eltern angerufen, ich habe ihre Freunde da unten angerufen, ich habe Hotels hier in Dortmund angerufen, deine Eltern, meine Eltern. Ich sitze seit drei Tagen mit Ludwig alleine in meinem Haus und er vermisst sie natürlich total. Ich mache mir solche Sorgen. Kannst du gleich vorbei kommen und mir beim Suchen helfen." vor Hysterie holte er weder Luft, noch lies er mich dazwischen quatschen. Ich atmete tief ein und aus, war froh nicht an dem Brötchen erstickt zu sein und legte es angewidert zur Seite bevor ich ihm so ruhig wie möglich antwortete: "Mats ich muss arbeiten. Gleich ist Training. Komm erstmal nach Brackel und nimm den Kleinen mit. Anders scheint es ja nicht zu klappen. Danach gucken wir weiter. Das ist das einzig richtige jetzt.","Aber was ist wenn ihr etwas passiert ist?" unterbrach er mich. "Das glaube ich nicht. Trotzdem musst du an dich und deinen Job denken, einfach so fehlen ist nicht. Vor allem ohne Attest oder einen tüchtigen Grund. So wie ich Cathy kenne ist sie bei einer Freundin. Vielleicht eine, an die wir nicht sofort denken. Sie hat doch so viele davon." holte ich ihn zurück auf den Teppich. Er seufzte laut am anderen Ende des Telefonats: "Du hast recht, aber so hundert prozentig wohl ist mir dabei nicht." Nun seufzte ich auch: "Kann ich verstehen." gab ich leise zu.
Ungefähr eine Stunde später spazierte Mats mit Ludwig an seiner Hand auf den Platz. Ein wenig zu spät, aber wenigstens war er überhaupt da. Er schloss sich umgehend den anderen an, die ihre ersten Aufwärmrunden drehten und nickte mir kaum merklich zu. Ich ging auf mein Patenkind zu: "Na Kleiner, hat Papa dich heute mal mit zur Arbeit genommen?" grinste ich ein wenig schräg. Er nickte und zog direkt eine Schnute: "Ja, weil Mama ist weg." murmelte er traurig. Schon erschreckend zu sehen, wie selbst kleine Kinder alles mitbekamen, was um sie drum zu passierte. Ich nahm den Kleinen auf meinen Arm, was gerade noch so funktionierte und strich ihm durch seine blonden Löckchen: "Mama ist nicht weg, die nimmt sich nur eine kleine Auszeit." erklärte ich ihm. "Ohne mich?" fragte er mich skeptisch. Ich sah mich um und entdeckte in meinem Augenwinkel Mats, der uns nicht aus den Augen ließ: "Manchmal brauchen Mamis ein paar Tage für sich und machen Wellness. Das ist ganz schön langweilig für dich." leierte ich mir erneut eine dumme Ausrede aus dem Ärmel. Ludwig nickte zu meiner Erleichterung aber. Erleichtert lächelte ich ihn an. Ich wusste nicht was mir mehr mein Herz zerriss. War es der Fakt, dass Cathy ihr Kind alleine lassen konnte? War es, dass Mats vielleicht wieder auf die Schnauze gefallen war, was Frauen anging? War es, dass ich zu emotional war seit meiner eigenen Schwangerschaft. Ich hatte so ein komisches Gefühl in mir. Nicht dieses, dass einem sagte, dass jemanden etwas passiert war, sondern ein anderes. Das, welches einem mitteilte, dass irgendetwas faul war an der ganzen Sache. Ich lies Ludwig wieder auf den Platz herunter und lief gemeinsam mit ihm in Richtung Geräteraum, um ihm einen kleinen Ball zum Kicken zu besorgen. Das würde ihn wenigstens ablenken. Mich aber konnte weder die Arbeit noch mein Patenkind von dieser einen Frage ablenken, die seit heute morgen in meinem Kopf herumschwirrte - wo war Cathy denn bloß hin verschwunden?

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Optimistin
RandomNachdem Bella und Marco ihre turbulente Beziehung mit einer wunderschönen Hochzeit gekrönt haben, scheinen sich mehr oder weniger kleine Probleme in ihre Ehe einzuschleichen. Er verdrängt sie, sie jedoch kämpft um ihre große Liebe und ein Kind? Das...