Kapitel 17

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Is love alive?

Winter Song von Sara Bareilles & Ingrid Michaelson


Der nächste Morgen ist hart und ich einfach fix und fertig... Ich habe die ganze Nacht zu Hause auf meiner Fensterbank gesessen und bin jede Begegnung mit Julian im Kopf noch einmal durchgegangen. Wenn ich wirklich darauf geachtet hätte, wäre mir Julians zögern beim Open Air Konzert vielleicht aufgefallen. Aber auch nur vielleicht.

Das es absolut nichts bringt mir darüber Gedanken zu machen, ist mir selbst auch klar. Denn ich kann an allem jetzt nichts mehr ändern. Ich bin ja selbst Schuld. Hätte ich einfach von Beginn an 'Nein' gesagt oder später verhindert, dass wir uns so nahe kommen, dann wäre das alles hier nicht passiert. Ich hätte keine Gefühle für Julian entwickelt. Alles wäre anders gekommen und ich hätte mich nicht.... ich... ich hätte mich nicht in Julian verliebt.

Das was ich mir die letzten Wochen immer wieder verboten hatte einzugestehen, wird mir jetzt mit einem Schlag klar. Ich hatte mich in diesen Vollidioten verliebt. Während er nur Valerie zurück bekommen wollte... Das war wirklich dumm von mir. Aber ändern konnte ich es jetzt nun mal nicht mehr. Denn mit hätte, könnte, wenn und aber komme ich nicht mehr weiter. Ich komme mit gar nicht mehr weiter, also lasse ich meinen Kopf auf meine angezogenen Knie sinken und verbleibe noch eine Weile in dieser Position auf meiner Fensterbank.

Ewig so sitzen kann aber leider auch nicht. Und mit Blick auf mein Handy stelle ich fest, dass ich verpasste Anrufe von Sophia, Kai, Nicci und auch Julian habe. Alle haben versucht mich zu erreichen. Neben den verpassten Anrufen sind bestimmt auch dreißig Nachrichten eingegangen.

Bevor ich sie aber öffnen kann, klingelt es an der Tür. Mit einem verwirrten Blick auf die Uhr, stelle ich fest, dass wir erst oder vielleicht auch schon, sieben Uhr morgens haben. Die einzige Person, die so früh bei mir auftaucht, ist Nicci. Eigentlich will ich nicht aufstehen, aber nachdem es noch zweimal klingelt, raffe ich mich doch auf. Ein kurzer Blick auf die Videoanlage bestätigt meine Vermutung. Vor meiner Tür steht Nicci und tippt nervös mit dem Fuß auf und ab. So wie es aussieht hat Sophia ihr bescheid gegeben, nachdem sie mich nicht erreichen konnten. Aber so gut wie sie es alle meinen... Ich habe keine Lust jetzt mit Nicci über heute Nacht und was passiert ist zu reden. Ich will mit niemandem darüber reden. Also stelle ich meine Klingel auf stumm und schlurfe zurück ins Schlafzimmer.

Ich lege mich in mein Bett, ziehe mir einfach die Decke über den Kopf, kuschele mich an eins meiner vielen bunten Kissen und schließe die Augen. Mein Ziel für heute: Einfach liegen bleiben, atmen, den Schmerz in meiner Brust ignorieren und den Tag irgendwie überstehen.

Am Abend schaffe ich es zum ersten Mal aus dem Bett zu steigen und schlurfe ins Bad. Ich sehe die gleiche Person, wie vor ein paar Wochen, im Spiegel. Müde, traurige Augen. Blasse Haut und dunkle Augenringe. Meine Haare stehen widerspenstig ab. Mit einer Hand fahre ich zittrig über mein Gesicht.

Während ich mich selbst so im Spiegel betrachte, merke ich, wie wenig ich diese Person eigentlich leiden kann... Und mein Gesichtsausdruck wird entschlossener. Meine Augen verlieren diesen hilflosen Glanz und nehmen einen wütenden Ausdruck an. Gegen die blasse Haut und die Augenringe kann ich jetzt nichts tun, aber das wird sich ändern. Ich darf mich jetzt nicht schon wieder so hängen lassen. Nicht wegen einem Mann. Nicht schon wieder! Ich atme einmal tief ein und wieder aus und schließe dabei die Augen. Ein Tag Selbstmitleid muss reichen. Es muss einfach!

Entschlossen verlasse ich das Bad und gehe zurück ins Schlafzimmer. Mein Handy hat in der Zwischenzeit den Geist aufgegeben und ich stecke es ans Ladekabel. Bevor ich mit Nicci oder sonst irgendjemandem sprechen kann muss ich mich mit Sport abreagieren und dann duschen. Ich muss mich soweit im Griff haben, dass ich nicht komplett in Tränen ausbreche, wenn ich mit jemandem darüber rede.

Winter Song ❄️ Julian BrandtWhere stories live. Discover now