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Nun war es schon eine Weile her. Wir waren bisher schon zum zweiten Mal in dem kleinen Ferienhaus an der Nordsee. Vorsichtig strich ich mir über den Bauch und hoch bis zum Dekollete. Vor ein paar Tagen hatte ich die Abdeckung entfernen können. Gespannt hatte Chris zugesehen, wie ich die Folie entfernt hatte. Millimeter für Millimeter kam die Ranke zum Vorschein. Chris wollte unbedingt die Creme auftragen. Vorsichtig, fast schon andächtig, fuhr er mit dem Finger voller Creme die feinen, noch leicht erhabenen Linien entlang, die nun die Narben verdeckten. An filigranen Ranken entlang verteilten sich zarte Knospen, einige öffneten sich bereits, andere standen bereits in voller Pracht. Marie hatte den Tätowierer ausfindig gemacht, der sich auf genau sowelche Projekte spezialisiert hatte. Und Chris hatte den Zeichenstift geschwungen. Die Idee kam von mir. Ich wollte aus den furchtbaren Erinnerungen eine schöne Zukunft zaubern.  Bärbel und Bernd hatten fieberhaft mitüberlegt und hatten dann die Idee zu dieser Ranke gehabt. Die beiden waren zutiefst erschüttert, als sie die ganze Wahrheit über meine Vergangenheit erfuhren. Wir hatten Angst, Bernds Herz würde es nicht verkraften. Doch er hatte mich noch vor Bärbel in eine kräftige Umarmung gezogen und kurz danach überaus eindrucksvoll Chris bedroht. Dieser musste schwören, mich niemals zu verletzen. In keinster Weise. Das Projekt wurde von allen Beteiligten mitgetragen. Marie hielt meine Hand, als ich Stunde um Stunde unter der Nadel litt. Mein Freund konnte kein Blut sehen, war aber gespannt wie ein Kind vor Weihnachten, das Ergebnis endlich zu sehen. Die Pflege wollte er übernehmen. Jeder hatte etwas dazu gegeben. Sonst hätte ich es mir nie leisten können.  Aber so sah ich nicht mehr die Narben, sondern den Frühling. Meinen Frühling. Den Frühling mit Marie, den Frühling mit meinen zweiten Eltern Bärbel und Bernd und den Frühling mit Chris.

Viel später an diesem Tag streckte ich die Füße ins Wasser der Nordsee. Der Wind ging leicht und warm durch meine Haare. Weiter draußen fuhren Fähren und Tanker. Andreas Jungs tobten im Wasser. Ein Arm legte sich um meine Schulter. "Wie fühlst Du dich?" "Besser. Ich fühle mich besser." "Wirklich?" Ich nickte ihn lächelnd an. "Das ist gut!" Sein Grinsen wurde breiter.

Wir hatten einen Kampf hinter uns. Meine neue Familie hatte mir beigestanden, als ich den Mann habe verurteilen lassen, der mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin.

Ob wir? Oder nicht? Wenn das Vertrauen wächst, die Seele Zeit hat, zu heilen, geschehen wundervolle Dinge. Man braucht nur manchmal die richtigen Menschen zur richtigen Zeit.

Hier haben sich zwei gebrochene Seelen getroffen und sich gerettet. Während sich einige Knospen noch öffneten, standen andere schon in ihrer vollen Pracht.

~The End~



Liebe Leser, liebe Freunde,

diese Trilogie möchte ich nunmehr beenden. Miriam war gebrochen, zerstört. Was passiert, wenn eine gebrochene Seele auf ein absolutes Arschloch trifft - nun ja... sie retten sich gegenseitig. Beide standen auf ihre Weise vor einem Abgrund, hatten den Halt verloren, das Seil bereits losgelassen - beiden sind Flügel gewachsen. Flügel, die sie weiter durch ein besseres Leben tragen.

Nun möchte ich 'Und dann kamst Du' weiterschreiben. Und natürlich die Ideen für die Fortsetzung von 'Changeover' weiter vorantreiben. Habt ihr dazu Gedanken, die ihr mit mir teilen möchtet? Gerne lese ich eure Kommentare dazu :).

Ihr Lieben, bleibt alle gesund, passt gut auf euch und euer Umfeld auf! Ich wünsche euch viel Gesundheit und Durchhaltevermögen für die doch zunehmend schwere Zeit.

Danke für alle Sterne, Kommentare und euren Support! Hab euch lieb!

Eure Schreibende_Feder

VergessenWhere stories live. Discover now