Du bist mein Wunder - Teil 94

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Emily

Ich saß auf meiner Bettkante und starrte mein Handy an. Nach Wincents und meinem Streit war ich in meine Wohnung gefahren, weil ich es in seiner nicht mehr ausgehalten hatte. Nachdem ich mich ein paar Stunden mit Haushalt versucht hatte abzulenken, vergeblich, saß ich nun bestimmt schon seit einer Stunde auf meinem Bett und hatte mich nicht bewegt. Meine Gedanken schwirrten um den heutigen Morgen. War ich wirklich zu aufdringlich gewesen? Warum hatte Wincent so überreagiert? Hatte ich mir überhaupt etwas vorzuwerfen? Fragen über Fragen. Immer wieder griff ich in Gedanken zu meinem Handy und rief Wincent an, entschied mich aber immer dagegen. Sollte er doch anrufen. Wo war er nur hingefahren?

Nach einer weiteren halben Stunde kreisender Gedanken, gab ich mir einen Ruck und griff nach dem Telefon. Was sollte das Theater? Wir waren zwei erwachsene Menschen und wenn ich das Bedürfnis hatte, meinen Freund anzurufen, dann sollte ich das tun. Egal, was heute morgen vorgefallen war. Ja, wahrscheinlich war es an ihm mich anzurufen, schließlich war er auch abgehauen, aber da ich wusste, wie stur Wincent sein konnte, machte ich den ersten Schritt. Ich steuerte gezielt zu den Favoriten, als ein Anruf reinkam. Wincent. Ich lächelte. Gedankenübertragung.

„Hey.", sagte ich.

„Hey.", erklang Wincents Stimme vom anderen Ende der Leitung. Dann herrschte Schweigen. Ein bisschen zu lange. Schließlich überwand ich mich die Stille zu brechen.

„Es tut mir leid.", sagten wir da beide gleichzeitig. Das lockerte die Stimmung etwas, denn wir mussten beide lachen.

„Ich zuerst.", sagte Wincent und räusperte sich.

„Es tut mir leid wie ich heute morgen reagiert habe. Ich habe echt fiese Sachen gesagt und vor allem hätte ich dich nie so anschreien dürfen. Ich weiß auch nicht, was da mit mir durchgegangen ist. In dem Moment, wo mir klar geworden ist, was dieser Zettel bedeutet, habe ich nur noch rot gesehen. Aber ich weiß jetzt, dass du es eigentlich gut gemeint hast."

„Das Gegenteil von gut ist gut gemeint, hm?", warf ich ein.

Wincent lachte „Ja, ist schon was dran an dem Sprichwort."

„Mir tut es auch leid. Ich hätte dich nicht so überrumpeln dürfen. Ich hätte vorher mit dir reden sollen, bevor ich mich einmische.", sagte ich.

„Du hast dich nicht eingemischt.", widersprach Wincent sofort. „Du bist jetzt Teil meines Lebens und deshalb geht dich alles, was mich beschäftigt, auch etwas an."

„Also ist alles wieder okay?"

„Alles in Ordnung. Ich meine Hey, es wird immer mal wieder Situationen geben, in denen wir streiten oder?", sagte Wincent

„Das hoffe ich doch. Sonst würde es ja langweilig werden. Es wäre nur schön, wenn du nicht jedes Mal wegfahren würdest, ohne dass ich weiß, wo du bist.", gab ich zurück.

„Sorry. Ich bin bei meiner Familie."

„Du bist bis nach Eutin gefahren?", fragte ich ungläubig.

„Das war irgendwie ein Reflex. Aber sei froh. Ohne meine Mum wäre ich nicht so schnell zur Vernunft gekommen. Dann würde ich jetzt wahrscheinlich immer noch schmollen."

Ich lachte. „Na dann sollte ich mich wohl bei deiner Mum bedanken. Richte ihr schöne Grüße von mir aus."

„Mach ich."

Ich seufzte. „Und jetzt?"

„Ich würde gerne noch bis morgen früh hier bleiben und ein bisschen Zeit mir meiner Familie verbringen. Wenn ich schon mal da bin. Ist das in Ordnung für dich?"

Wincent klang jetzt richtig reumütig. Gut so. Nach dem, was er sich heute morgen geleistet hatte, sollte er ruhig ein bisschen kriechen.

„Hm...", machte ich nur.

„Du musst es nur sagen. Ich kann sonst auch heute Abend noch zurückfahren. Wenn ich mich jetzt ins Auto setzte, bin ich in einer guten Stunde bei dir."

„Hm...", machte ich wieder nur und schwieg.

„Emily?", fragte er vorsichtig. Ich konnte nicht länger ernst bleiben. Grinsend schüttelte ich den Kopf. „War nur ein Scherz. Ich wollte dich ein bisschen zappeln lassen. Natürlich kannst du bei deiner Familie bleiben. Für so etwas brauchst du doch meine Erlaubnis nicht."

Wincent atmete erleichtert aus. „Ich dachte schon du bist noch sauer."

„Ein bisschen vielleicht..."

„Dann sollte ich die Zeit mal lieber nutzen und mir etwas überlegen, womit ich mein Verhalten wieder gut machen kann, was meinst du?", fragte er.

Ich grinste. „Ich bin gespannt."

Als hätte er einen Schalter umgelegt, wurde seine Stimme auf einmal sexy.

„Mir würde da schon was einfallen."

Automatsch krallte ich meine Finger in der Bettdecke fest. „Ach ja? Was denn?"

„Oh, tu nicht so unschuldig. Du weißt genau wovon ich rede."

Ich biss mir auf die Unterlippe. „Wie gut, dass wir noch ein ganzes Wochenende vor uns haben. Dann kannst du es mir erklären.", erwiderte ich.

Wincent lachte, seine Stimme jetzt wieder normal.

„Verlass dich drauf, aber ich muss jetzt auflegen. Meine Schwester ist gerade reingekommen."

„Grüß sie ganz lieb."

„Grüße gehen zurück. Also, bis morgen. Und vergiss ja nicht, dass ich dich liebe."

„Ich liebe dich auch. Bis morgen."

Wir legten auf und ich sank zurück in die Kissen. Das war doch gar nicht so schlimm gewesen. So lief es nun mal manchmal. Man stritt sich, war ein bisschen sauer aufeinander, aber solange man sich wieder versöhnte, war doch alles gut.

Du bist mein Wunder | Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt