Du bist mein Wunder - Teil 6

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Emily

„Hey, alles ok?“, fragte Wincent und klopfte mir auf den Rücken. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Ja alles gut, danke. Was… was machst du hier?“, stotterte ich immer noch ziemlich überrascht.
„Das gleiche könnte ich dich fragen. Immerhin ist das Konzert schon seit fast zwei Stunden vorbei und keiner ist mehr hier. Aber was mich betrifft, wir waren eigentlich schon auf dem Weg zum Bus, aber ich musste nochmal zurück, weil ich meine Kopfhörer nicht gefunden habe. Dann habe ich deine Stimme gehört und musste wissen, wer da so gut singt.“. Er grinste mich an.
Ich spürte, wie meine Wangen rot wurden und sagte schnell. „Ach, das war doch nichts… ich habe heute hier gearbeitet und Kate, die Besitzerin vom Docks, bringt mich gleich nach Hause.“
„Achso na dann.“, er zwinkerte mir zu. „Nein, aber im Ernst. Deine Stimme ist unglaublich! So gefühlvoll und ausdrucksstark. Und dann dabei noch so Klavier zu spielen… das könnte ich nicht. Singst du in einer Band oder so?“
„Nein. Ich singe eigentlich nur für mich.“
„Was für eine Verschwendung! Hast du schon mal überlegt, professionell Musik zu machen?“, fragte er mich.
„Ich bin glaube ich nicht so der Bühnenmensch, aber ich studiere Musikmanagement.“ Warum erzählte ich ihm das jetzt? Er hatte doch bestimmt Besseres zu tun, als sich mit mir zu unterhalten. Auf der anderen Seite war er wirklich nett und schien sich aufrichtig für das zu interessieren, was ich erzählte.
„Das hört sich interessant an. Was lernst du da so?“
Während ich ihm von meinem Studium und der Uni erzählte, hatte ich Zeit, ihn genauer zu betrachten. Diesmal aus der Nähe und mir gefiel umso mehr, was ich sah. Er hatte große braune Augen, die mich freundlich anblickten, ein schmales Gesicht und um seinen vollen Mund bildeten sich kleine Grübchen, wenn er lächelte.

„Wer weiß, vielleicht überlegst du es dir ja nochmal mit der Musik, auch wenn sich das alles wirklich interessant anhört. Und dann sehen wir uns irgendwann auf einem Festival wieder und ich kann sagen, dass ich dich entdeckt habe“, scherzte er, nachdem ich meine Erzählungen beendet hatte.
„Eher nicht, aber wenn du in ein paar Jahren einen neuen Manager brauchen solltest, dann melde dich.“
Es war total komisch, aber obwohl ich Wincent heute Abend das erste Mal begegnet war, hatte ich ein angenehmes Gefühl der Vertrautheit, wenn wir uns unterhielten. Er war trotz seiner Bekanntheit total natürlich und gab mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein und nicht nur irgendein Fan. Obwohl ich das bis vor ein paar Stunden ja nicht einmal gewesen war…
Und er war wirklich lustig. Wir schienen irgendwie auf einer Wellenlänge zu sein, merkte ich, während wir weiter über meine wahrscheinlich nie stattfindende Musikkarriere witzelten. Ich vergaß einfach, dass Wincent Weiss da vor mir stand und auch sonst alles um mich herum. Deshalb zuckte ich leicht zusammen, als ich plötzlich Kates Stimme hinter mir vernahm.

„Oh Hallo, was machen Sie denn noch hier? Ich wollte jetzt eigentlich alles abschließen“, sagte Kate an Wincent gerichtet. Dieser begegnete ihr mit dem gleichen freundlichen Blick wie mir zuvor, als er antwortete: „Ich war auch eigentlich schon auf dem Weg nach draußen, aber ich konnte mir das kleine Privatkonzert Ihrer Mitarbeiterin nicht entgehen lassen.“ Er zwinkerte mir zu. „Ich sollte jetzt aber wirklich gehen. Meine Jungs fragen sich bestimmt schon, wo ich bleibe. Es war wirklich schön dich kennengelernt zu haben…“, er sah mich fragend an.
„Emily.“, fügte ich hinzu.
„Hi, ich bin Wincent.“, antwortete er grinsend, während er mir förmlich die Hand reichte. Sie war warm und kräftig.
„Ach wirklich? Gut zu wissen.“, erwiderte ich ebenfalls grinsend.
„Im Ernst, alles Gute für dich, Emily! Ich hoffe, man sieht sich mal wieder.“ und damit ging er hinter die Bühne.
„Ach Wincent?“, rief ich ihm hinterher, sodass er sich nochmal umdrehte.
„Hast du deine Kopfhörer eigentlich wiedergefunden?“
„Ja, sie waren hinter den Sofakissen. Ich und meine Ordnung“, sagte er augenrollend und verschwand.
„Was war das denn gerade?“, fragte mich Kate, als Wincent außer Hörweite war.
„Ich hab‘ keine Ahnung, aber ich glaube, ich habe gerade mit Wincent Weiss geplaudert“, sagte ich, immer noch lächelnd.


Wincent

Als ich später in meinem kleinen Bett im Tourbus lag, ließ ich den Abend noch einmal Revue passieren. Das Konzert war wie immer unglaublich gewesen, aber vor allem musste ich an das Treffen mit Emily zurückdenken. Es war purer Zufall gewesen, dass ich sie gehört hatte, denn normalerweise stiegen wir direkt nach dem Konzert in den Tourbus und fuhren weiter. Sie war wirklich nett gewesen, und nicht in diesen Fan-Modus gefallen, als sie mich erkannt hatte. Auch wenn ich sie ziemlich erschreckt zu haben schien. Ich musste lächeln, als ich daran zurückdachte, wie sie sich mitten im Song versschluckt hatte, als ich plötzlich mitgesungen hatte.
Emily hatte wirklich eine tolle Stimme gehabt, ich hatte ihr gegenüber nicht übertrieben. Wobei ich glaubte, dass sie sich ihres Talents nicht wirklich bewusst war. Wer weiß, vielleicht hatte ich ihr heute Abend ja wirklich ein wenig Mut zusprechen können, auch mal außerhalb ihrer eigenen vier Wände zu singen.

Ich schloss die Augen und sah sie wieder vor mir stehen. Ihre großen blau-grauen Augen, ihre vollen Lippen, ihre leicht geröteten Wangen und ihr Lächeln, das sie mir jedes Mal schenkte, wenn ich etwas Lustiges gesagt hatte… „Wincent! Was ist denn los mit dir? Sie ist nur irgendein Mädchen, das du wahrscheinlich nie wiedersehen wirst.“ Außerdem hatte ich mir geschworen, auf keinen Fall mit einem Fan eine Beziehung einzugehen, denn die Gefahr, dass die Person nur in die Medienfigur Wincent Weiss verliebt war, war einfach zu groß. Aber war Emily denn überhaupt ein Fan? Immerhin war sie nur bei meinem Konzert gewesen, um zu arbeiten und außerdem hatte sie sich, von einer anfänglichen Schüchternheit mal abgesehen, mir gegenüber ganz normal verhalten.
„Wincent, jetzt reicht es aber!“, rief ich mich zur Vernunft. Ja, sie war sehr nett gewesen und hatte eine tolle Stimme (und verdammt hübsch war sie auch noch), aber ich durfte gar nicht erst auf solche Gedanken kommen. Auch wenn ich mich manchmal einsam fühlte, eine Beziehung brauchte Zeit und die hatte ich momentan einfach nicht.
Vielleicht würde ich morgen mal mit Octa über die Situation sprechen, denn ich vertraute auf seine Meinung.

Du bist mein Wunder | Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt