18. "Verunsichert"

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Bin Zuhause.

Immer und immer wieder hatte ich das Bild vor Augen, wie ich ihm diese Nachricht gestern Abend geschickt hatte, kurz nach dem ich bei meinem Haus angekommen bin.

Er hatte sie fast sofort gelesen - aber das war es auch. Keine weitere Antwort von ihm, nichts. Irgendwie hätte ich es mir ja denken können.

Vielleicht hatte ich mich doch in alles zu sehr hereingesteigert und es war einfach seine Art, so mit Frauen umzugehen. Vielleicht war er ja ein elendiger Charmeur, der sich nach Lust und Laune ein neues Ziel suchte.

Nur leider wusste ich einfach nicht, wie er mit anderen Frauen umging.

Man sah ihn ja so gut wie nie in der Firma und wenn, dann wickelte er formelle Gespräche ab und verschwand in der nächsten Sekunde wie vom Erdboden verschluckt. Als wäre er so eben gerade gar nicht hier gewesen.

Ich wusste nicht warum, aber allmählich nagten doch gewisse Zweifel an mir. Ich meine, ich war mit ihm gestern nur ein paar Stunden alleine in einem Restaurant gewesen, doch diese lockeren Gespräche und seine einnehmende Art hatten mich plötzlich wie ein winselndes Schoßhündchen an ihn gebunden.

Alles nur, weil er als Mann in vielen Punkten mit denen übereinstimmte, die ich unheimlich attraktiv fand.

Und wenn man wie ich gestern nochmals die Chance dazu bekam, ihn näher kennenzulernen und sich mit einem Schulterzucken auf das Geplänkel einzulassen, dann dachte man nur noch daran.

An ihn.

Spulte jede Szene ab, merkte, wie wohl man sich bei ihm fühlte. Wie schön es wäre, wenn man jemanden wie ihn außerhalb kennengelernt hätte.

Aber vielleicht wäre ich dann genauso skeptisch wie jetzt, weil ich nicht wusste, was ich von ihm und dieser Spannung zwischen uns halten sollte.

Eigentlich war es klar, dass man jemanden wie ihn nie für sich alleine haben würde. Zumindestens zog ich das in Erwägung.

Dazu kam, dass ich ihn generell nicht haben könnte - aber das war wieder eine komplett andere Sache.

Fakt ist, dass mich der Abend gestern zutiefst verunsichert hatte. Ich wusste nicht, was ich von dem allen halten konnte, wie ich damit umgehen sollte und wie es ist, wenn ich ihn auf der Arbeit wieder mit Sie ansprechen musste.

Wie komisch sich das anfühlen würde.

Verunsichert war ich auch von der Vorstellung, ihn heute Abend wieder zu sehen und mein neues Auto von ihm entgegenzunehmen.

War es wirklich so eine gute Idee?

Sollte ich mir den Wagen nicht doch lieber nach Hause fahren lassen?

Leise seufzend ging ich mir durch die Haare, um dann schließlich meinen heißen Kakao von den Düsen des Getränkeautomaten wegzuschieben. Meine Hände schlossen sich um den Pappbecher, als ich ihn zu den Lippen führte und vorsichtig über den Schaum pustete.

Eine Stunde noch und dann hätte ich Feierabend.

Meine Augen wanderten über die Theke unserer kleinen Küche, bevor ich mich umdrehte und aus dem Raum herausschlendern wollte - als ich Raye durch die verglasten Wände hindurch in unsere Abteilung hineinlaufen sehe.

Sein Ziel war offenbar Piere, der mit einigen Unterlagen in der Hand im Türrahmen seines Büros stand.

Natürlich fühlte ich mich wie die letzte Stalkerin, dass ich keinen Schritt in mein Büro machte und stattdessen stehen blieb.

Wahrscheinlich war es die Gewissheit, dass mich niemand sehen konnte. Alle anderen arbeiteten eifrig an ihren Computern. Und Piere und Raye wirkten gleich nach der kurzen flüchtigen Begrüßung so vertieft in ihrer Unterhaltung, in der sich angeregt und mit einem Stirnrunzeln durch die Unterlagen wühlten, dass ich mich in Sicherheit wiegte.

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⏰ Last updated: May 20, 2021 ⏰

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