13. "Ich kann Ihnen versichern, dass Sie mich nicht aufhalten"

1.8K 172 25
                                    

"Entschuldigung Sie, aber ich glaube, das hier gehört Ihnen."

Eindeutig Rayes tiefe Stimme.

Mir blieb das Herz fast stehen.

Im Innern versuchte ich mir einzureden, dass er ja vielleicht jemanden anderen hier angesprochen haben könnte.

Möglich wäre es.

Verstohlen sah ich mich also im Gang um, aber außer uns schien sich hier komischerweise niemand aufzuhalten. Ausgenommen die ältere Dame ganz am anderen Ende des Ganges.

Schritte.

Schwarze, relativ schlichte Sportschuhe schoben sich in mein Sichtfeld.

Auf der Unterlippe kauend schaute ich zu ihm hoch - direkt in sein verblüfftes Gesicht. Doch dieses Gesicht blieb nicht lange verblüfft. Es dauerte keine zwei Sekunden, da begrüßte mich sein übliches spöttisches Lächeln. Der undeutbare gewohnte Glanz in seinen Augen kehrte gleich danach mit zurück, als er einmal an mir herunter und wieder hochschaute.

"Miss Parker. Was eine... Überraschung", mein Blick blieb kurz etwas zu lang auf diese überheblich verzogenen, aber viel zu einladenden Lippen liegen. Er deutete mit dem Kinn knapp auf die Weinflaschen in meinen Händen. "Weinabend?"

Ich wollte nur nicken, aber das würde schon wieder viel zu trottelig und eingeschüchtert wirken. Also versuchte ich mich entspannt an meinen Einkaufswagen zu lehnen und ihn so gelassen wie nur möglich entgegenzulächeln. "Ja. Bei dem Wetter bleibt einem ja fast nichts anderes übrig."

Seine Mundwinkel zuckten wieder mal. "Da muss ich Ihnen recht geben." Er trat einen Schritt näher an mich heran, dabei stoppte sein Blick bei dem Inhalt meines Einkaufskorbes. "Und ich sehe, da ist wohl noch einiges mehr als nur ein Glässchen Wein geplant."

Ich konnte mich nicht recht entscheiden, ob das jetzt nach einer Frage oder nach einer Feststellung klang.

Ein Blick in seine funkelnden blauen Augen bestätigte mir jedoch, dass er diese Verwirrung genauestens beabsichtigt hatte.

Nun gut...

Räuspernd nickte ich. "Ja...", antwortete ich gedehnt und musterte selbst nochmal prüfend die vielen Sachen in meinem Wagen. Erdbeeren, Kirschen, Sahne, Milch, diverse Kekse, Schokoraspeln und so weiter und so weiter. Alles für Kailys geplantes Grand Dessert, das mal wieder eine Überraschung werden würde. "Der Abend muss ja irgendwie gefüllt werden. Nur Wein ist doch ein wenig zu eintönig...", ich schaute blinzelnd zu ihm auf. "... finden Sie nicht auch?"

Rayes Lippen öffneten sich leicht, so, als würde er sofort etwas darauf entgegnen wollen. Doch stattdessen warf er mir nur wieder sein geheimnisvolles Lächeln zu. "Ich schätze, da muss ich Ihnen wieder recht geben."

Ich lächelte verlegen, obwohl ich nichtmal wusste, warum ich überhaupt verlegen war. "Scheint so", sagte ich langsam und versuchte mich im gleichen Moment wieder hastig zu fassen. "Naja. Dann will ich Sie nicht weiter aufhalten."

Seine Mundwinkel zuckten erneut. "Miss Parker. Ich kann Ihnen versichern, dass Sie mich nicht aufhalten - wenn Sie es jedoch eilig haben, dann will ich Ihnen dennoch nicht im Weg stehen. Ich denke, es wartet anscheinend noch jemand auf Sie."

Ich biss mir auf die Lippe. "Ähm... naja. Schon. Also..." Ich hörte mich so dermaßen unentschlossen an, dass es schon fast peinlich war.

Oder nein. Es ist peinlich, ganz eindeutig.

"Wie? Etwa doch nicht?", hakte er leise und bedacht nach. Doch bevor ich überhaupt zu Wort kommen konnte, sprach er weiter. "Wie auch immer. Langweilig wird es bei Ihnen bestimmt nicht werden", er schenkte mir ein amüsiertes Grinsen, dabei nickte er mir zu. "Ihnen noch einen schönen Abend."

SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt