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Kapitel 8

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Ich konnte nicht verhindern, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildete, während die Erkenntnis einsickerte, dass wir gerade unseren ersten Streit gehabt hatten. So hatte ich mir diesen Abend nicht vorgestellt. Noch immer konnte ich nicht glauben, dass die Worte eben tatsächlich aus meinem Mund gekommen waren. Was in aller Welt hatte mich dazu bewegt, so etwas Furchtbares zu sagen?

Alles in mir schrie danach, ihm nachzulaufen und um Vergebung zu betteln, aber meine rationale Seite ahnte, dass ich ihm besser eine Weile gestattete, um sich zu beruhigen. Der Blick in seinen Augen, erinnerte ich mich schaudernd. Bei dem Gedanken daran grub sich eine heiße Klinge in meine Brust, als würde ich spüren, was er bei meinen Worten empfunden hatte.

Ich stellte mir unweigerlich vor, wie er die Flure durchquerte, auf dem Weg nach draußen, um dann im Dunkeln auf der Lichtung zu stehen und sich zu fragen, was zum Teufel er sich mit mir angetan hatte. Und dazu hat er jedes Recht, fand ich.

Wie betäubt ließ ich mich in einen Ledersessel am Kamin sinken und starrte in die Flammen. Ich fühlte mich wieder wie die 3-Jährige, die man verstoßen hatte. Die 8-Jährige, die niemand gewollt hatte. Die 11-Jährige, deren einzige Konstante die wöchentlichen Besuche bei desinteressierten, staatlich bezahlten Therapeuten war. Seit Jahren hatte ich nicht mehr zugelassen, dass mich ein Abschied emotional berührte; vor Mira und Fabian hatte ich zu verhindern gelernt, dass mir die Menschen ans Herz wuchsen, bei denen ich untergekommen war. Denn die Gewissheit, dass jeder Aufenthalt nur eine flüchtige Unterbrechung in einer endlosen Aneinanderreihung an Orten, Personen und Namen war, hatte mich stets begleitet. Niemand blieb für immer - und in diesem Moment schien es ganz so, als würde sich meine Prophezeiung erfüllen.

Nachdem ich eine Weile lang regungslos in dem übergroßen Sitzmöbel gesessen und mich auf das Unvermeidliche vorbereitet hatte, meinte ich das Knarzen der Treppe zu hören. Selbst die Haare in meinem Nacken stellten sich auf, als ich sie lauter werden hörte.

Schließlich schwang die Tür wieder auf und Neal stand im Türrahmen, die Hand verwahrend an der Klinke, als wäre er sich nicht vollständig sicher, ob er hier sein sollte. Ich brauchte nicht auf seine Worte zu warten, um zu wissen, weshalb er zurückgekommen war. Wichtig war nur, dass er es getan hatte. In einer Sekunde saß ich noch; in der nächsten hatte ich den Raum durchquert und zugelassen, dass er mich an sich zog, während ich leise Entschuldigungen murmelte.

„Es tut mir leid", flüsterte auch er an meinem Haar. „Es geht dir schlecht, das sehe ich, und ich möchte helfen. Aber du hast viel durchgemacht, also machen wir es zu deinen Bedingungen. Versprochen. Ich werde dich nicht mehr drängen."

Ich spürte, wie ernst er es meinte und war kurz davor, mich ihm anzuvertrauen, als ich das Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub und den Geruch nach Wald und Zitronenseife einatmete. Das kann ich noch nicht verlieren.

„Gib mir etwas Zeit", murmelte ich an ihn gepresst und er nickte, obwohl er sich dabei versteifte. „Es tut mir so leid. Ich habe keine Ahnung, warum ich das gesagt habe. Ich wollte nicht ..."

„Es war ein langer Tag. Lass uns die letzten dreißig Minuten am besten vergessen."

Diesem Vorschlag wollte ich gerne nachkommen, da ich noch immer nicht wusste was mich geritten hatte, solche Dinge zu sagen. Gedacht hatte ich sie bestimmt noch nie. Der Gedanke, dass die Worte gar nicht von mir stammten, ließ sich nicht abschütteln.

„Ich weiß nur nicht wie ich dir sagen soll, dass ...", begann ich, bevor sich meine Stimme wieder verlor, während ich nach einer passenden Fortsetzung suchte. Und nach genügend Mut, um ihm zumindest von dem neuesten Problem in meiner Sammlung zu erzählen. Er wartete geduldig.

Saving Cara - Band IIWhere stories live. Discover now