Kapitel 49

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Schweigend stand ich im Thronsaal, das offene Portal noch im Rücken. Die goldene Magie meiner Schwester löste sich bereits an den Rändern auf und zeigte an, dass das Portal nicht mehr lange halten würde.

Mein Blick war jedoch von etwas anderem gefangen. Vieles hatte sich hier verändert und dennoch war es der Saal, in dem ich großgeworden war und den schlimmsten Fehler meines Lebens begangen hatte.

Wie von selbst trugen mich meine Füße zu den hohen Fenster. Es war ungewohnt, den kalten glatten Stein statt weichem Sand unter meinen Fußsohlen zu spüren und die kühle der Halle ließ mich frösteln. Ich umschlang meinen Oberkörper mit den Armen und starrte raus in die Gärten. Auch hier machte sich bemerkbar, wieviel Zeit ich verloren hatte.

Die kleinen Bäume, die die Gärtner in meiner Kindheit gepflanzt hatten, waren nun entweder majestätische Riesen oder bereits gefällt und durch neue ersetzt worden. Hier und da erkannte ich alte Marmorstatuen wieder, aber vieles war mir fremd.

Ich habe so viel verpasst...

Raven trat hinter mich und umarmte mich sanft. Sofort umhüllte mich eine wohlige Wärme und vertrieb die Traurigkeit ein wenig. "Was tun wir jetzt?", fragte ich in die Stille hinein. Sein Atem an meinem Ohr war ruhig und tief.

"Ich denke, dass mein Bruder auch nicht versessen ist auf einen Krieg - unser Volk ist gerade erst vereint und schon riskieren wir hohe Opfer - das ist es nicht, was er will. Vielleicht kann ich ihn dazu bewegen, dass er uns hilft, unseren Vater aufzuhalten."

Leicht nickte ich, die Stirn aber unglücklich gerunzelt. Raven würde selbst zu seinem Bruder fliegen müssen, um ihn zu überzeugen, demnach wäre er ein Verräter für seinesgleichen. Der Gedanke, ihn so in Gefahr zu wissen gefiel mir nicht, aber was konnte ich ändern?

Ich muss ihn gehen lassen.

"Am besten ist es, wenn ich gleich aufbreche - je weniger Zeit wir verlieren, desto besser. Such du Zacharius, er wird sich um die notwenigen Maßnahmen hier im Schloss gekümmert haben. Vielleicht weiß er, was wir sonst noch tun können", murmelte er in meinen Scheitel hinein, seine tiefe Stimme vibrierte in meiner Schädeldecke und jagte Schmetterlinge durch meinen Bauch.

Kurzentschlossen drehte ich mich in seiner Umarmung herum, schlang die Arme um seinen starken Nacken und blickte zu ihm hoch. "Verstanden, aber komm unverletzt zurück", betonte ich und sah ihn streng an. Wir mussten einiges wieder in Ordnung bringen, und dafür brauchte ich ihn an meiner Seite. Er schmunzelte und beugte sich zu mir herab, bis sich seine Lippen auf meine senkten.

Mit einem sanften Seufzen erwiderte ich den Kopf, meine Finger spielten mit den Haarsträhnen in seinem Nacken. Ich merkte, dass er eine Gänsehaut bekam und musste an seine Lippen grinsen. Ein letztes Mal intensivierte er den Kuss, dann löste er sich und fuhr mir mit dem Daumen über die Unterlippe, bevor er zurücktrat.

"Versprochen", sagte er noch, dann drehte er um und ließ mich alleine im Thronsaal meines Zuhause stehen. Seufzend sah ich ihm nach, bevor ich mich auf den Weg in meine Gemächer machte, in der Hoffnung, dort eines meiner alten Kleider zu finden, das ich gegen das dünne Nachthemd eintauschen konnte.

Und dann würde ich Zacharius suchen.

...


Xander ließ den Blick durch das Lager schweifen. Der Aufbruch seines Vaters und dessen Männer war nun schon fast drei Tage her und es kehrte wieder Ruhe bei den restlichen Männern ein. Der Dämonenprinz hatte seine Zeit bis jetzt meist mit Gesprächen mit der Fae verbracht. Er war erstaunt, dass es ihm tatsächlich gefiel, sich mit ihr zu unterhalten und er ihre Gesellschaft genoss.

The Moon PrincessWhere stories live. Discover now