Kapitel 7

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"Ich bin aus dem Schloss gerannt, weil ich es drinnen nicht mehr ausgehalten habe", begann ich mit fester, sicherer Stimme, die nicht zu meinem inneren Chaos passen wollte. Meinen Blick ließ ich dabei auf dem grauhaarigen Zentaur ruhen, er musste mir jedes Wort glauben, sonst machte meine kleine Flunkerei alles noch schlimmer.

"Dann bin ich zu Nyx in den Stall gegangen, ich wollte einfach ein wenig bei ihr sein. Irgendwann habe ich dann einen Knall gehört - wie explodierendes Glas. Eine der Öllampen im Gang ist geborsten, ich habe sie im Stroh liegen sehen, als ich aus der Box geschaut habe. Danach war ich sehr damit beschäftig, die Boxen zu öffnen und die Pferde frei zu lassen. Irgendwann ist ein Balken neben mir runter gekracht und dann war da nur noch Hitze, Rauch und noch mehr Feuer, an mehr kann ich mich nicht erinnern. Kurz bevor ich das Bewusstsein verloren habe, habe ich mitbekommen, wie Raven mich hochgehoben hat."

Als ich geendet hatte, zuckte ich kurz entschuldigend mit den Schultern in Zacharius' Richtung, bevor mein Blick auf Raven fiel. Er starrte mich einen Moment lang verdutzt an, dann hatte er seine Miene wieder unter Kontrolle und erwiderte meinen Blick ausdruckslos.

Mir entging nicht, wie viele der Wachen erleichtert aufatmeten, als sie hörten, dass der Dämon zwischen ihnen wohl nicht vorhatte sie alle umzubringen. Aus irgendeinem Grund strahlte Raven etwas aus, das eine unterbewusste Unruhe bei uns Fae auslöste - obwohl er vielleicht vierzehn Jahre und somit nur etwa ein Jahr älter als Helena sein konnte.

Zacharius nickte, auch er schien mir zu glauben, was mir ein schmales Lächeln entlockte. Dann wandte er sich erneut an Raven. "Es stimmt also, dass du Prinzessin Nimue gerettet hast. Dafür danken wir dir alle, wir stehen in deiner Schuld. Wie es der Brauch verlangt, steht dir nun ein Wunsch frei, den wir dir nicht verweigern können. Also, was wünscht du dir?"

Der Dämon schien nicht einmal überlegen zu müssen, bevor er einen Schritt vortrat und uns direkt und ohne Zögern ansah. "Ich möchte hier bleiben. Ich habe weder Familie noch Freunde und ich möchte ein...Zuhause."

Überrascht murmelten die Wachen um ihn herum und sowohl Helena als auch ich warfen einander und auch Zacharius verdatterte Blicke zu. Raven wünschte sich, hier am Hof der Fae leben zu dürfen? Das war ein ziemlich merkwürdiger Wunsch, vor allem, da er von einem Dämon ausgesprochen wurde. Erstaunlicherweise trat der alte Zentaur zurück und sah Helena und mich auffordernd an, bevor er den Kopf in unsere Richtung senkte.

Wir sollten die Entscheidung treffen? Als ich meine Schwester ansah, lag ihr Blick ebenso überrascht, aber auch amüsiert und fragend auf mir. Ich rührte mich nicht, mein Verstand versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, den ausdruckslosen Dämon mit den seltsamen Augen von jetzt an jeden Tag um mich zu haben. Die Vorstellung war absurd, seltsam und irgendwie interessant.

Ich atmete einmal tief durch, dann blickte ich einmal kurz zu Raven, der geduldig auf unsere Entscheidung wartete, bevor ich Helena in die Augen sah. Kaum merklich nickte ich und sie lächelte verstehend. Dann richtete sie sich auf ihrem Thron auf, ihre Körperhaltung war perfekt. Stolz blickte sie auf Raven hinunter und erklärte mit feierlicher Stimme: "Dein Wunsch wird dir gewährt, Raven. Du wirst ab heute an unserem Hof leben und als Gast gebührend behandelt werden."

Der Dämonenjunge senkte den Kopf zum Dank, bevor er von den Wachen wegtrat, die ihn nicht mehr aufhielten. Zacharius sprach einen der Männer direkt an und wies ihn an, Raven zu einem der großen Gästegemächer zu begleiten. Der Wachmann nickte und salutierte, bevor er Raven deutete, ihm zu folgen. Als die beiden den Thronsaal verließen, wurden auch die übrigen von Helena entlassen, sodass wir schließlich nur noch zu dritt waren.

Zacharius nickte Helena anerkennend zu, bevor er sich an uns beide wandte. "Ihr habt richtig entschieden, da bin ich mir sicher. Und jetzt", grinste er in meine Richtung und seine hellblauen Augen leuchteten dabei vor Schalk, "machen wir mit dem Unterricht weiter. Das königliche Verhalten lernt sich nicht von selbst!"

Er lachte und auch meine Schwester musste grinsen, während ich nur gequält das Gesicht verzog. Ich wollte einfach nur im Boden versinken und nicht wieder auftauchen.

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