Racheplan mit Knöpfen und Unerwartetem

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Kaleo hätte nie gedacht, er würde freiwillig mit Ilja Zeit verbringen, nicht, nachdem er seine Gefühle für Runa entdeckt hatte und bei ihren Schwärmereien. Doch saß er jetzt hier und steckte den Kopf mit dem Halbnitaru zusammen. Nachdem sie das Majestätsloch wieder repariert hatten, sodass jetzt nur mehr die Gäste fehlten, haten Ilja und er beschlossen, ihre damals stumm beschlossene Rachepläne in die Tat umzusetzen.

„Zuallererst ist es wichtig zu wissen, wo sich die Fanatiker aufhalten", gestikulierte Kaleo. Ilja trommelte mit dem Finger auf die Tischplatte und der Musiker horchte zu. Doch es war gar keine Antwort, wie er zuerst angenommen hatte. Runas Angebeteter dachte bloß nach.

Kaleo runzelte die Stirn, er war eindeutig zu sehr daran gewöhnt, vielsprachig zu kommunizieren, weil Runa es ähnlich wie er handhabte und die Theatertruppe Die lachenden Maskenhände, die ihnen bis vor kurzem beim Wiederaufbau geholfen hatten, hatte auch zwischen Gesten, Nagrotisch und Niomfisch gewechselt, wie es ihnen gepasst hatte. Er war sich sicher, sie hätten auch getanzt wie unter den Nitarausi üblich, wenn mehr Platz gewesen wäre. Bei der kleinen Aufführung spätabends hatten sie dafür viel getanzt, was natürlich Ilja hellauf begeisterte. Aber genau aus solchen Gründen vergaß Kaleo, dass andere, vor allem auch Ilja, der ja zu Beginn ihrer Bekanntschaft Probleme mit den Gesten gehabt hatte, nicht so schnell wechselten zwischen den Sprachen.

Schließlich antwortete der Halbnitaru: „Das ist ein Punkt, aber wir wissen auch nicht genau, wer die Angreifer waren, oder Angreiferinnen. Waren es dieselben, die dir damals auflauerten oder andere. Denn ich weiß noch aus der Zeit, bevor ich abgehauen bin, dass sie mehrere Stützpunkte inner- und außerhalb der Stadt haben. Mutter glaubte, so könnten unzufriedene Pangeaner sie nicht so leicht finden und sich rächen."

Als er die letzten Worte gestikulierte, grinste er teuflisch. Seine Augen funkelten voller Vorfreude und ein Eckzahn blitzte auf, als der Halbnitaru einen der Mundwinkel höher zog. Ilja war wirklich ein hübscher Mann. Kein Wunder, dass Runa für ihn schwärmte. Das hat auch noch andere Gründe. Ru ist nicht oberflächlich, schalt Kaleo sich in Gedanken. Aber was verbarg Ilja hinter den dunklen Haaren, blaugrauen Augen und dem unverschämt breiten Kiefer? Mut, definitiv. Nicht jeder würde sich trauen, von einem Tag auf den anderen seine Familie gänzlich hinter sich zu lassen. Kaleo wusste das selbst nur zu gut. Schließlich brachte er das nicht fertig, trotz unzähliger Versuche. Aber es war auch nicht leicht bei einer Mutter wie seiner. Wie war wohl Iljas Mutter?

Er stützte das Kinn in seine Hand und verbarg den Mund unter seinen Fingern. Runa meinte damals, sie wäre die Anführerin der Fanatiker und das Thekenmädchen hatte befürchtet, Iljas Mutter wüsste über die Verstrickungen ihres Sohnes mit der Kneipenbesitzerin Bescheid und würde deswegen angreifen.

Aber das erklärte nicht gänzlich den Angriff auf ihn, Kaleo. Im Vergleich zu Ilja hatte Kaleo im Kampf gegen die Fanatiker und für die Rettung der Bücher kaum etwas getan. Das war noch etwas, das den Halbnitaru auszeichnete: Tatendrang und die Entschlossenheit für das einzustehen, von dem er überzeugt war. Beeindruckende Eigenschaft, musste Kaleo gestehen, auf die er ein wenig neidisch war. Aber nicht mehr eifersüchtig, stellte er fest. Bis vor kurzem hatte er sich mit Ilja verglichen und sich danach schlecht gefühlt, weil er neben dem Halbnitaru ziemlich feige und armselig wirkte. Jetzt verglich er sich immer noch, aber es trieb ihn an, genauso gut wie er zu werden. Ilja spornte ihn an, sich zu verbessern, ohne es zu wissen.

Genau wie Runas Ansprache nach ihrer ersten Niomfisch-Stunde, nur, dass dem Thekenmädchen bewusst war, was es mit seinen Gesten bewirken konnte.

„Habe ich etwas im Gesicht?", fragte Ilja gestikulierend und riss Kaleo aus seinen Überlegungen. Hatte er den Halbnitaru etwa die ganze Zeit angestarrt? Wärme kroch seinen Nacken hinauf und er bemühte sich, so ausdruckslos wie möglich auszusehen.

Der Klang der WorteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt