Die Verabredung (Teil 3)

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Mit einem breiten Lächeln nickten ihre Zuseher. Ilja legte wieder den Arm um Runa und zeichnete Muster auf ihre Schulter. Die Haut unter dem Stoff kribbelte und sie fühlte sich schwindelig. Das Blut in ihren Ohren rauschte und sie nahm jede Berührung intensiv wahr. Nur am Rande bekam Runa mit, wie Kana Federlippe zurück in die Schatten glitt, doch verstand sie nicht, was sie sah, so gefangen war sie in ihren Tagträumen, was sie danach mit dem Halbnitaru vorhatte.

Wie würde der Kuss wohl werden? Kurz und so flüchtig wie die Berührung eines Schmetterlings? Oder lang und sinnlich? Würde Ilja sanft sein oder würde es feucht und mit viel Speichel sein? Ein paar Soldaten hatten darüber in der Kneipe gestikuliert und einer von ihnen erzählte, wie die Frau ihm das halbe Gesicht voll gesabbert hatte. Trotz ihres Rufes, niemanden zu erhören, hatte Runa schon einige geküsste, allerdings ohne etwas gefühlt zu haben, doch so etwas hatte sie zum Glück noch nicht erlebt und nach dem Ekel auf den Gesichtern der Kumpanen des Soldaten war sie froh, dass ihr das erspart geblieben war.

Das Thekenmädchen saugte an ihrer Unterlippe und fixierte die Lippen ihres Schwarms. Ein Grinsen lag auf ihnen, während er aufmerksam die Erzählung der Federlippe folgte. Auf der ihr zugewandten Seite öffneten sich die Lippen leicht einen Spalt und gaben den Blick auf den abgebrochenen Zahn frei. Doch auch der Rest seiner Mundpartie wirkte so verwegen. Die geraden, schmale Oberlippe zierte eine Narbe, die sie wie ein weißer Blitz einschnitt. Hautfetzchen standen ab und doch hatten seine Lippen in dem warmen Lampenlicht eine Sanftheit an sich, die Runa innerlich ganz weich werden ließ.

Erst ein Stampfen und trommelndes Klatschen schreckte die Tavernenbesitzerin aus ihren Schwärmereien. Die Federlippe stampfte so heftig mit ihren Füßen auf, dass der gesamte Tisch wackelte und Iljas Fäuste, die die Platte bearbeiteten, taten ihr Übriges. Was passierte gerade? Und was hatte sie verpasst?

An der Wand marschierten gerade ein Nitaru, gekennzeichnet durch die spitzen Ohren und dass er sein Schattengegenüber um ein paar Fingerbreit überragt. Dieses Gegenüber glitt auf Flügeln weg von dem Nitaru. Runa erkannte in dem wallenden Haar den unregelmäßig runden Umriss der Mohnblume. Ein Zeichen für Krieg und dieses Mal stand das Schwarze in deren Mitte für etwas, da war sich das Thekenmädchen sicher, den Tod.

Bei Gelegenheit müsste Runa Kana fragen, wie sie das alles gebastelt hatte. Die Figuren waren filigran und wunderschön gearbeitet. Bei all der Detailliebe war immer noch alles gut im Schatten erkennbar. Das war beeindruckend und für solche Geheimnisse aus dem Alltagsleben der verschiedensten Pangeaner lebte sie. Deswegen liebte sie die Arbeit im Majestätsloch. Runa mochte zwar nicht die großen Epen und Erzählungen erleben, aber die kleinen Geschichten aus dem Alltag bekam sie alle mit und hütete jede wie einen Schatz. Na ja, fast jede. Auf die sexuellen Vorlieben der jungen Nerai hätte sie damals wirklich verzichten können.

Sich schüttelnd wandte sich die Kneipenbesitzerin wieder Kana Federlippe zu. Diese erzählte die Geschichte, wie sich die der Neraiwa und Nitarausi in der Ersten Großen Stille entzweiten. Mit einem Mal waren fast alle Gedanken an Küsse mit Ilja aus dem Kopf der blonden Frau verschwunden sie richtete ihre volle Aufmerksamkeit auf die Geschichte.

Allerdings hatte es den Anschein, als hätte sie die spannendste Stelle verpasst, denn die einzelnen Nerai schwebten gerade in ein Feld voller großer Blumen, Anchorafi. Das Getöse der Federlippe und Iljas Klopfen hatten aufgehört.

Sie hatten sich bereits getrennt und ihren Lebensraum, der früher Nymanok und die Blütenfelder umspannte, aufgeteilt. Jedes Kind in Pangea kannte die Geschichte, doch die Kneipenbesitzerin hätte sie gerne zum Leben erweckt gesehen. Tja, selbst schuld. Was lässt du dich auch so ablenken?

Der Klang der WorteTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang