Geschwisterliebe

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~12 Jahre zuvor~

"Victoria, bitte. Du musst doch was essen", fleht Max seine kleine Schwester an, die nur stumm vor ihrem Mittagessen sitzt, das sie nicht angerührt hat.

Emotionslos sieht sie ihren großen Bruder an und es bricht mir das Herz, sie so zu sehen. Sanft sehe ich sie an. "Möchtest du lieber etwas anderes essen?"

Vic schüttelt bloß den Kopf, weiterhin ohne ein einziges Wort zu sagen. "Bitte, du musst doch was essen", versucht Max es erneut, aber ich lege ihm meine Hand auf die Schulter und schüttle dann leicht den Kopf.

"Das macht so keinen Sinn. Vielleicht hat sie ja später Hunger." "Sie hat seit gestern Morgen nichts gegessen, Zoé", entgegnet er mit gesenkter Stimme und ich kann ihm die Sorge um seine Schwester deutlich anhören. Lächelnd sehe ich sie an.

"Hey Vic, magst du dich ins Wohnzimmer zu Nora setzten? Sie freut sich bestimmt über Gesellschaft." Die Kleine nickt stumm und verschwindet dann in den Raum nebenan. Max seufzt tief. "Ich weiß einfach nicht, was ich noch machen soll. Seitdem Mama und Papa sich getrennt haben, ist sie total fertig. Ich hab sie seit Ewigkeiten nicht lächeln sehen."

"Das wird schon irgendwie wieder. Wir lassen uns was einfallen, okay? Vielleicht haben meine Eltern ja eine Idee, wenn sie nachher von der Arbeit kommen." "Ja, hoffentlich", entgegnet Max, dann stehen wir auf und gehen ins Wohnzimmer.

Aber im Türrahmen bleibe ich überrascht stehen und musterte fasziniert die Szene, die sich mir bietet. Meine 5-jährige Schwester sitzt auf ihrer Spieldecke und Vic sitzt lächelnd an einem Keks knabbernd daneben, während Nora ihr voller Begeisterung ihre Spielzeuge zeigt.

"Max, sieh doch", flüstere ich und in den Augen meines besten Freundes entdecke ich Erleichterung und unterdrückte Tränen der Rührung.

"Dafür werd ich deiner Schwester ewig dankbar sein", murmelt er ebenso leise und wir bleiben einfach im Türrahmen stehen und beobachten lächelnd unsere Geschwister.




~Gegenwart~

Keuchend stellte ich den schweren Karton neben die Couch und ließ ich mich erleichtert auf diese fallen. "Das war der Letzte, Gott sei Dank."

Meine Schwester, die bis eben noch meine Bücher ins Regal einsortiert hatte, beendete ihre Arbeit und ließ sich dann neben mich fallen. "Wer hätte gedacht, dass du so viel Zeug hast?", stellte sie fest und ich nickte zustimmend. "Aber wenn alles klappt, muss ich ja so schnell nicht wieder hier ausziehen."

"Mhm", antwortete Nora nachdenklich und ich musterte sie besorgt. Mir war schon gestern aufgefallen, dass es ihr nicht gut zu gehen schien, denn normalerweise hätte sie drei Tage in England wesentlich mehr gefeiert und sich gefreut.

Vorsichtig griff ich nach ihrer Hand und drückte sie leicht, sodass sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkte. "Magst du mir sagen, was mit dir los ist? Irgendwas ist doch, das merke ich."

Nora seufzte tief und ich konnte sehen, wie sie mit sich rang, dann lief ihr eine kleine Träne über die Wange. "Erik. Er ist ein Arsch." Ihre Worte überraschten mich, denn als wir das letzte Mal über ihren Freund gesprochen hatten, war sie noch sehr glücklich mit ihm gewesen und das war höchstens eine Woche her. "Was ist passiert?"

"Er hat mich betrogen und bei einer Party mit einer anderen rumgemacht", erzählte Nora und der bittere Ton ihrer Stimme brach mir das Herz. "Das tut mir so Leid, Große. Wann war das denn?"

„Vor vier Tagen. Seitdem versucht er ständig anzurufen und zu schreiben, aber ich hab ihn überall blockiert. Von dem Schwein will ich nichts mehr wissen." Obwohl ihre Worte den Anschein machten, als habe sie die Sache überwunden, wusste ich ganz genau, dass dem nicht so war.

Wahrheit oder Pflicht (Max Verstappen FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt