Wie die Vergangenheit mich einholte (3)

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~Wenige Monate zuvor in Chicago~

Erschöpft und übermüdet reibe ich mir die Schläfen und stöhne genervt auf. Hinter mir erklingen Schritte, dann werden sanfte Küsse auf meinen nackten Schultern verteilt. Kurz genieße ich es, dann seufze ich tief und ducke mich unter Ethans Küssen weg. "Nicht. Du lenkst mich vom Arbeiten ab." "So wie es eben klang, kommst du mit dem Arbeiten aber nicht wirklich voran", entgegnet mein Freund sofort und ich sehe ihn böse an.

„Ja, und das ist deine Schuld. Wenn wir in den letzten Wochen nicht jede einzelne Nacht gefeiert hätten, wäre ich schon deutlich weiter mit meiner Bachelorarbeit." "Ach komm, Süße, sei nicht zickig. Du hattest doch auch Spaß beim Feiern und außerdem bist du doch mit deiner Arbeit fast fertig. Dann gibst du sie zum Korrekturlesen an Ashley und schon bist du das Problem los." "Ja, aber jetzt gerade kriege ich kein einziges Wort auf den Bildschirm", jammere ich weiter und jetzt versteht Ethan, worauf ich hinaus will.

Kurz scheint er mit sich zu ringen und sieht mich mit leicht schiefgelegtem Kopf an. "Du willst was nehmen?" "Sonst packe ich das heute nicht mehr mit der Arbeit", antworte ich und das reicht meinem Freund. "Okay, warte kurz." Er läuft zu seiner Jacke, die genauso wie seine restlichen Klamotten in meinem Zimmer verteilt sind. Wenige Sekunden später reicht er mir eine kleine weiße Pille und ich schlucke sie ohne Wasser herunter, bevor ich den Dunkelhaarigen anlächle. "Danke Schatz." Ebenfalls lächelnd beugt Ethan sich zu mir. "Ich liebe dich", flüstert er, bevor er seine Lippen auf meine legt und ich erwidere den Kuss ohne jedoch etwas zu sagen. Aber das stört Ethan nicht und dafür bin ich ihm wirklich dankbar.

~~~

"Babe, wann bist du endlich mit deiner Arbeit fertig?", fragt Ethan leicht wehleidig und ich klappe grinsend meinen Laptop zu. "Jetzt." "Perfekt." Sofort legt der Dunkelhaarige seine Lippen auf meine, zieht mich vom Stuhl hoch und hinter sich her in Richtung des Bettes. Auf dem Weg dorthin verlieren wir beide unsere Klamotten und während Ethan sich von meinem Hals abwärts mit sanften Küssen fortbewegt, frage ich mich, ob sich so Leben anfühlt.



~Gegenwart~

Ich nickte. Max seufzte. "Seit wann weißt du es?" "Seit gestern." "Wer ist der Vater?" Ich schluckte und sah auf meine Hände. "Jemand aus Amerika." "Derselbe, dem du deine blauen Flecken zu verdanken hast?" Wieder nickte ich und Max atmete hörbar tief durch. "Willst du das Kind behalten?" Sofort begann ich wild den Kopf zu schütteln und spürte, wie die Panik von mir Besitz ergriff. "Ich- ich kann das nicht. Ich kann nicht sein Kind zur Welt bringen. Ich würde es hassen und ich kann nicht neun Monate voller Hass durchstehen." Besorgt schaute Max mich an. "Was ist in Amerika passiert?"

Ich zuckte zusammen. Da war sie. Die Frage, vor der ich mich fürchtete, seit ich zurück in Europa war. Mit Tränen in den Augen schaute ich meinen besten Freund an und als ich seine tiefblauen und so unheimlich vertrauten Augen sah, wurde mir klar, dass er der einzige Mensch auf der Welt war, dem ich es erzählen konnte.

„An meinem ersten Tag an der Uni in Chicago habe ich Ethan kennengelernt. Er war charmant, witzig, gutaussehend und ich hatte plötzlich Schmetterlinge im Bauch. Ich wollte mich auf die Uni konzentrieren, aber Ethan ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Wir haben uns oft getroffen, waren Schlittschuhlaufen oder im Restaurant essen oder er hat mir die schönsten Winkel von Chicago gezeigt.
Aber ich hab angefangen, die Uni zu vernachlässigen.
Zuerst nur ein bisschen, sodass es mir beinahe selbst nicht aufgefallen ist. Aber dann wurde es immer mehr und Ethan zeigte mir, was Chicago noch so für Seiten hat. Irgendwann waren wir ständig in Clubs feiern und dann hab ich rausgefunden, dass Ethan mit Drogen gedealt hat.
Wir haben uns heftig gestritten und eigentlich wollte ich mit ihm Schluss machen und den Kontakt abbrechen, mich wieder auf das besinnen, wofür ich nach Chicago gegangen war. Aber Ethan ließ mich nicht. Er hat mir unzählige Geschenke gemacht und mit kleinen, aber bewussten Gesten dafür gesorgt, dass ich ihm aufs Neue verfalle. Ich bin immer öfter mit ihm und seinen Freunden feiern gegangen, die alle in derselben Gang waren.
Um trotzdem mit meiner Bachelorarbeit voranzukommen, habe ich dann oft selbst irgendwelche Pillen eingeworfen, um mich konzentrieren zu können.
Ein paar Tage bevor ich Chicago überstürzt verlassen habe, wollte Ethan mich dazu bringen, auch zu dealen. Aber ich wollte nicht. Wir haben uns gestritten, wie schon öfter in den Wochen davor. Dann hat er das erste Mal zugeschlagen.
Ich bin anschließend aus seiner Wohnung und in meine gerannt, aber er wusste ja, wo ich wohne und hat mir am nächsten Tag aufgelauert.
Um ihm zu entkommen, hab ich die letzten paar Tage in einem Hotel verbracht und meine Rückreise vorverlegt.
Ich dachte wirklich, ich könnte einfach nach Europa fliegen und Ethan und Chicago vergessen, aber ich hatte mich zu früh gefreut.
Er hat mir am Flughafen aufgelauert.
Keine Ahnung wie er rausgefunden hat, welchen Flug ich nehme, aber er stand in der Abflughalle plötzlich vor mir und wollte dafür sorgen, dass ich bleibe. Dabei ist er wieder handgreiflich geworden und dann hat er meine Handgelenke gepackt, um mich daran aus dem Flughafen zu ziehen. Ich hab mich gewehrt und ihn angeschrien, dann hat er mich losgelassen, damit niemand auf uns aufmerksam wird.
Und dann bin ich losgerannt, Hauptsache weg von ihm. Ich bin ins Flugzeug gestiegen und nach Hause geflogen. In der Hoffnung, dass Ethan und all die Erinnerungen an ihn in Chicago bleiben würden. Aber es hat nicht funktioniert. Ich hab wirklich gedacht, ich wäre ihm entkommen, aber ich hab mich getäuscht."

Ich verstummte und sah Max an, der mir schweigend zugehört hatte. Für eine gefühlte Ewigkeit sagte keiner von uns ein Wort, dann griff mein bester Freund nach meinen Händen und nahm sie in seine. "Du musst keine Angst mehr vor Ethan haben. Ich bin immer bei dir und werde dich beschützen, okay?" Unsicher schaute ich ihn an. "Propeller-Ehrenwort?" "Max-Verstappen-Spezial-Propeller-Ehrenwort", antwortete Max lächelnd und strich mir sanft über die Wange, "Gemeinsam bekommen wir das hin, okay?" "Okay."

Wahrheit oder Pflicht (Max Verstappen FF)Where stories live. Discover now