Kapitel 7

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„Warum weißt du denn nicht, ob du zu Noah gehen willst?", fragt Felix tatsächlich mit einer relativ sanften Stimme, die mir signalisiert, dass er nicht über mich urteilen, sondern es nur wissen möchte. „Naja, ich habe zwar mit Frauenärztinnen schlechte Erfahrung gemacht, aber weiß nicht, ob ich mich so wohl dabei fühlen würde, wenn da unten ein Mann, den ich nicht kenne, rumdoktort. Ärztinnen, die ich kenne, will ich aber nicht fragen, weil ich nicht will, dass mich jemand, der mich kennt, da unten regelmäßig untersucht. " „Ok, das kann ich sehr gut nachvollziehen, aber ich denke, dass du es auf jeden Fall mal ausprobieren solltest, weil du bestimmt auch bei der Arbeit beobachtet hast, dass männliche Gynäkologen oft viel vorsichtiger vorgehen, weil sie nicht wissen, wie sich das anfühlt. Natürlich gibt es sicher auch sehr nette und fähige Gynäkologinnen, die du nicht kennst, aber wenn Michi Noah schon empfohlen hat und sogar Jackie ihm vertraut, dann glaube ich, wäre es gut, zumindest mal auszuprobieren, ob du gut mit ihm klarkommst, hm?" „Naja, ich könnt's ja vielleicht wirklich mal probieren. Wenn ich mich unwohl fühle, kann ich aber immer abbrechen, oder?" „Ja natürlich darfst du das. Falls du möchtest, dass ich dich begleite, werde ich dafür sorgen, dass du dich so beschützt wie möglich fühlst." „Ja, ich hätte dich gerne dabei." „Ok, ich komme gerne mit. Wir schaffen das gemeinsam.", sagt er und küsst mich zärtlich. Obwohl es mich manchmal echt auf die Palme bringt, dass er so dominant ist, was Medizinisches angeht, weiß ich, dass ich ihm zu 100% vertrauen kann und bin mir sicher, die Untersuchung mit ihm an meiner Seite durchzustehen.

Ich habe Felix in den folgenden zwei Wochen tatsächlich jeden Tag meinen Bauch abtasten lassen und ihm deswegen nicht mal so oft widersprochen. Als kleine Belohnung hat er mir sogar manchmal nach dem Abtasten den Rücken etwas massiert, was immer total angenehm und entspannend war. Heute jedoch bin ich alles andere als entspannt, da der Tag der Untersuchung in Noahs Praxis gekommen ist. Ich kann nicht anders, als mir dauernd schlimme Szenarios im Kopf vorzustellen. Felix hat heute schon den ganzen Tag versucht, mir so viel Ruhe wie nur möglich zu vermitteln, indem er immer wieder beruhigend auf mich eingeredet, mich gestreichelt oder mir warmen Tee zu meiner Lieblingsserie gebracht hat. Noah hat mich am Telefon gefragt, wann denn meine letzte Vorsorgeuntersuchung gewesen sei. Als ich ihm die Lage erläutert habe, meinte er, dass er dann auch gleich eine Vorsorge machen würde, was mich nur noch verrückter gemacht hat. Vielleicht hätte ich ihm auch sagen sollen, dass Michi, abgesehen von Felix, der erste Arzt seit Jahren war, der mich da unten untersucht hat und dass ich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Dann wäre er möglicherweise nicht derartig mit der Türe ins Haus gefallen. Tja, jetzt weiß ich zumindest, worauf ich mich einstellen kann – immer das Positive sehen. Als ich mir zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag die Untersuchung vorstelle, verfalle ich erneut in Panik. Scheiß auf das Positive – wie soll ich das nur überstehen?

„Hey, ganz ruhig. Wir stehen das gemeinsam durch – da brauchst du keine Angst haben.", versucht Felix mich zu beruhigen, da ich innerlich komplett am ausrasten bin, als wir vor der Praxistüre stehen. „Können wir nicht wieder gehen und ein anderes Mal herkommen?", sage ich und möchte schon flüchten, als mich Felix, nicht grob aber bestimmt, am Ärmel packt und zurückzerrt. „Hiergeblieben – wir gehen da jetzt rein und du lässt dich untersuchen. Ich bin bei dir und passe auf dich auf." „Aber..." „Kein aber, ich läute jetzt." Bevor ich noch richtig dazu komme zu protestieren, steht auch schon eine junge Frau an der Türe und lässt uns rein. „Ah, Sie müssen Ellena sein, richtig?" Ich nicke zögerlich und werde von Felix in die Praxis gedrängt. „Sie können schon zum Herrn Doktor durchgehen – er wartet bereits auf Sie.", sagt sie mit einem freundlichen Lächeln und zeigt auf eine Tür. Mir fällt sofort auf, dass auf jeder Tür der Name einer Stadt steht – was ist das denn bitte für ein Schwachsinn? Als ob man dadurch beruhigter wäre. Jede Faser in meinem Körper schreit auf dem Weg zur Tür nach Flucht, aber ich weiß ganz genau, dass Felix das durch seinen festen Griff zu vermeiden weiß. Als wir das Zimmer betreten, lächelt mir ein junger Mann entgegen, der sicher nicht älter ist als 30. „Hallo, du musst Ellena sein, richtig?", sagt er, während er sich von seinem Stuhl erhebt und auf mich zukommt. Ok wow, der Typ ist echt groß und auch noch ziemlich attraktiv – warum tue ich mir das an? „Ja, genau und das ist Felix, mein Freund." „Schön euch kennenzulernen." Er schüttelt uns die Hände und deutet uns Platz zu nehmen – na
das kann ja was werden.

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Glaubt ihr, Noah schafft es, Ellie soweit zu beruhigen , dass er sie untersuchen kann ?

Warum ausgerechnet dominant? (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt