Kapitel 6

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Ich musste also den ganzen Weg nach Hause gehen weil mich Anna versetzt hatte. Zu allem Übel fing es auch noch an zu regnen und nur kurze Zeit später stürmte es auch schon. Bei diesem Wetter würde ich auf keinen Fall meinen Weg fortsetzen. Meine Klamotten waren zwar ohnehin schon pitschnass, aber eine Erkältung wollte ich mir nicht auch noch einfangen. Ich sprintete auf das nächste Gebäude zu und begab mich ins Trockene. Ich hatte gar nicht darauf geachtet, wo ich denn hineingegangen war, also merkte ich erst jetzt, dass es sich um eine Bar handelte. Neugierig sah ich mich um, wobei ich feststellte, dass das Lokal ganz nett war. Das Ambiente begeisterte mich und auch die Stimmung war ganz locker. Mein erster Gedanke war jetzt ein Drink. Ich würde mich ganz sicher nicht so betrinken wie letzte Nacht, aber nach dem Ärger mit dem Wetter würde mir ein Glas nicht schaden. Zwar war ich noch siebzehn, aber ich hatte mir schon vor einem Jahr zusammen mit den anderen aus meiner Clique einen gefälschten Ausweis besorgt...nur für alle Fälle, man weiß ja nie.

Ich steuerte auf die Bar-Theke zu und bestellte mir gleich mal das Special des Abends: Einen Sex On The Beach. Da ich mir heute das Geld für das Essen gespart hatte, blieb mir jetzt noch etwas übrig. Klar hätte ich es auch sparen können, aber immerhin lebt man ja nur einmal, wieso sollte man sich dann nicht etwas gönnen? Wie erwartet wurde ich nach meinem Ausweis gefragt, da ich aber abgesichert war, hatte ich kein Problem damit, ihn her zu zeigen. Der Barkeeper musterte ihn zwar erst etwas skeptisch, ließ aber letztendlich von ihm ab und bereitete mir meinen Drink zu, welchen ich auch schon kurze Zeit später serviert bekam. Ich bedankte mich freundlich bei ihm und nahm direkt einen großen Schluck. Da ich hier offensichtlich keinen kannte, schaute ich wie aus Reflex auf mein Handy und bemerkte eine neue Nachricht...von Jace.

'Hallo Claire, klar können wir machen. Wie wärs denn gleich mit heute?'

Heute? Der hatte es aber eilig. Nicht, dass ich jetzt unbedingt etwas dagegen hatte, dass er sich anscheinend so für mich interessierte, aber eigentlich war ich nicht einmal von einer Antwort ausgegangen. Und dann gleich ein so schnelles Treffen? Ich weiß ja nicht, es klang fast so, als würde er es überstürzen. Außerdem war es heute ohnehin nicht so gut bei mir, da ich eigentlich noch Hausaufgaben machen und für einen Geografie Test morgen lernen musste.

'Heute ist es schlecht, aber die Woche sollte es bestimmt mal gehen.', schrieb ich ihm zurück. Vielleicht war ja auch ich diejenige, die nichts überstürzen wollte, aber ich war kein besonders offener Mensch. Ich war lieber für mich und wenn ich mich mal mit jemandem traf, dann war es eigentlich nicht so spontan wie heute mit Anna. Zudem sah ich schrecklich aus. Meine Klamotten klebten an meinem Körper und meine Haare waren ganz kraus, das würde doppelt keinen guten Eindruck bei ihm hinterlassen. Okay genug mit den ganzen Argumenten, ich musste dringend mal abschalten. Mein Handy legte ich zur Seite und lauschte dafür der Jazz Musik, die im Hintergrund erklang. Ich bewegte mich direkt auf meinem Stuhl mit und schlürfte meinen Cocktail aus, welcher ganz nebenbei gut gemischt war. Was ich eigentlich damit sagen wollte: Er war ziemlich stark. Theoretisch hätte ich noch Geld für mindestens ein Glas. Ohne lange zu Überlegen, holte ich mir Nachschub, dieses Mal wurde es ein Gin Tonic. Auch diesen leerte ich schneller als mir lieb war. Meine Sinne waren jetzt schon etwas betäubt, aber im großen und ganzen hatte ich mich noch ganz gut im Griff.

Da ich erstens kein Geld mehr hatte und es zweitens aufgehört hatte zu regnen, bezahlte ich meine Bestellung und verließ das Lokal wieder. Hier würde ich bestimmt nochmal zurück kommen. Der Himmel war immer noch dunkel und bewölkt und es wehte eine kalte Brise, die mich leicht erschaudern ließ. Ich tat mich einmal wieder schwer damit, gerade zu laufen. Ehe ich mich versah knallte ich auch schon gegen eine Straßenlaterne und haute mir heftig meinen Kopf an. Oh man, war das peinlich. Zu alledem waren die Straßen Londons immer gefüllt, also gab es mindestens zehn Leute, die sich das Spektakel mit angesehen hatten. Ich lief rot an, da mir das peinlich war und verzog mich in eine leere, enge Nebenstraße. Ich kannte die Umgebung in- und auswendig, also wusste ich genau wie ich heim kam, ohne dabei vielen oder überhaupt irgendwelchen Leuten zu begegnen. Der Weg war zwar etwas länger als der auf der Hauptstraße, aber das war es mir wert.

Je dunkler und später es wurde, desto mehr fing ich das Zittern an. Trotz der Drinks vorhin war mir kalt, da meine Kleidung nicht gescheit getrocknet war und ich bildete mir ein, jetzt schon eine ankommende Erkältung zu spüren. Ich beschleunigte meinen Gang und merkte dabei gar nicht, wie mir eine Person von hinten immer näher kam. Ganz in mich gekehrt und in meiner eigenen Welt sah ich die Person erst, als es schon zu spät war. Erkennen konnte ich nicht, um wen es sich handelte, dafür war die Nebenstraße zu schlecht beleuchtet. Zweitens hatte ich gar keine Gelegenheit dazu, da mir kurzerhand von hinten ein Tuch vors Gesicht gehalten wurde. Dabei handelte es sich natürlich nicht nur um ein stinknormales Tuch, sondern um Eines, das in eine Flüssigkeit getränkt war, die mich ganz schummrig werden ließ. Ich versuchte gegen ihn, ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um eine männliche Person handelte, anzukämpfen, doch es gelang mir nicht. Seine starken Arme umzingelten meinen Körper, sodass ich mich kaum mehr bewegen konnte. Das Chloroform tat seinen Rest und ehe ich mich versah, wurde alles um mich herum schwarz. Ich bekam nichts mehr mit und wurde zwanghaft ins Land der Träume verdonnert.

You're mine - a kidnapper story ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt